Ist der Hamburger Kunstverein wirklich pleite? Miete und Gehälter könnten nicht bezahlt werden. Der Vorsitzende Harald Falckenberg widerspricht.

Hamburg. Kann der Hamburger Kunstverein ab September tatsächlich keine Gehälter und Miete mehr zahlen? Eine entsprechende Schreckensbotschaft verbreitet Kunstvereins-Direktor Florian Waldvogel seit Freitag auf der Homepage der renommierten Kulturinstitution und im Vereinsblog. Nachdem das Abendblatt gestern darüber berichtet hat, veröffentlichte die Pressestelle des Kunstvereins ebenfalls gestern eine Mitteilung, in der über die Benefiz-Auktion am 13. September informiert wird.

Dort heißt es ausdrücklich: "Ab September 2011 kann der Kunstverein Hamburg keine Gehälter und keine Miete mehr bezahlen. Schon gar nicht die Kosten für die geplanten Ausstellungen tragen." Der Erlös der Auktion werde dem Kunstverein voll zugutekommen. "Doch eigentlich sind diese Maßnahmen nur eine kurze Hilfe und beheben nicht das strukturelle Problem der chronischen Unterfinanzierung." In den letzten zweieinhalb Jahren habe der Kunstverein 50 Förderanträge bei Kunst- und Kulturstiftungen deutschlandweit und international gestellt. 30 davon seien abgelehnt, 20 bewilligt worden, was Fördergelder in Höhe einer halben Million Euro erbracht habe. Weiter heißt es: "Nach Jahren intensiver Antragstellung ist der Kunstverein für dieses Jahr (und auch bereits für 2012) an seinem Limit angelangt: Die meisten Stiftungen, von denen wir bereits Gelder erhalten haben, können uns einfach turnusbedingt nicht noch einmal unterstützen. Sie fallen also als mögliche Förderer weg, potenzielle Sponsoren aus der Wirtschaft bleiben in der angespannten Situation aus und auch Vermietungen der Räumlichkeiten des Kunstvereins konnten aktuell nicht akquiriert werden."

Das alles klingt so dramatisch, als stünde der 1817 gegründete Kunstverein tatsächlich kurz vor dem Aus. Doch das sieht Harald Falckenberg, der Vorsitzende des Kunstvereins, völlig anders. Auf Abendblatt-Anfrage sagte der bekannte Hamburger Kunstsammler: "Selbstverständlich kann der Kunstverein auch weiterhin Mieten und Gehälter bezahlen. Wir haben definitiv einen ausgeglichenen Haushalt." Die Benefiz-Auktion sei wichtig, um künftig ein noch qualitätvolleres Ausstellungsprogramm realisieren zu können, denn natürlich seien die Mittel für Ausstellungen knapp, die von Waldvogel verbreiteten Alarmmeldungen könne er jedoch nicht nachvollziehen. Sie seien wohl etwas "salopp formuliert".

Vor drei Jahren habe sich durch die Insolvenz des Restaurantbetreibers ein Defizit von 70 000 Euro ergeben, doch diese schwierige Situation habe man längst im Griff. "Nach Rücksprache mit unserem Schatzmeister kann ich sagen, dass wir dieses Defizit bis Jahresbeginn 2011 auf weniger als 8000 Euro abgetragen haben", sagte Harald Falckenberg dem Abendblatt.

Auch die Kulturbehörde zeigte sich gestern überrascht. Behördensprecher Stefan Nowicki auf Abendblatt-Anfrage: "Über eine dermaßen prekäre Lage hat uns der Kunstverein bisher nicht informiert."

Selten sind aus einer Hamburger Kulturinstitution so gegensätzliche Informationen über deren wirtschaftliche Situation verbreitet worden. Die gestrige außerordentliche Mitgliederversammlung, die eigentlich nur eine formale Satzungsänderung beschließen sollte, dürfte dadurch reichlichen Diskussionsstoff erhalten haben.