Das ZDF zeigt in seiner “Gefühlsecht“-Reihe Werke junger Regietalente - leider erst spät am Abend. Den Anfang macht “Salami Aleikum“.

Es ist ja nicht so, dass ARD und ZDF die junge Zielgruppe willentlich verschmähen würden. Im Gegenteil: Was täten die Öffentlich-Rechtlichen dafür, ihre Zuschauer ein wenig zu verjüngen. Umso unverständlicher ist es, dass beispielsweise das ZDF seine ambitionierte sommerliche Filmreihe junger Regietalente spät in der Nacht versteckt. Immerhin der Auftaktfilm der sechsteiligen "Gefühlsecht"-Reihe, "Salami Aleikum", wird in der Primetime gezeigt. Das aber ist eine Ausnahme.

In Ali Samadi Ahadis Spielfilmdebüt geht es um den Clash der Kulturen. Und darum, dass der Orient und die ostdeutsche Provinz eigentlich vieles gemeinsam haben. Das stellt zumindest der tierliebe Schlachtersohn und Exil-Iraner Mohsen aus dem Rheinland (gespielt von Navid Akhavan) fest, als er über Umwege mit seinen Eltern in einem ostdeutschen Kaff strandet.

Nur auf den ersten Blick prallen bei dem fremdenfeindlichen Kneipenwirt Bergheim (Wolfgang Stumph) und Mohsens traditionsbewusstem Vater Taheri (Michael Niavarani) Welten aufeinander. Denn im Grunde ähneln sich der Ostalgiker und der orientalische Metzger in vielerlei Hinsicht: Beide verschließen sich gegenüber dem Westen, beide haben seltsame Essgewohnheiten und sehnen sich nach der "guten alten Zeit" - der eine nach der DDR, der andere nach dem persischen Großreich. Ossi-Mentalität trifft also auf orientalische Tradition. In "Salami Aleikum" prallen persische Traditionen auf real stillgelegten Sozialismus. Dazwischen steht ein verträumter persischer Metzger-Bubi, der anfangs in der Skinhead-belagerten Provinz mit allerlei Vorurteilen zu kämpfen hat, wie sie ein Thilo Sarrazin nicht besser hätte ins Drehbuch schreiben können.

Der bollywoodeske Spielfilm des deutsch-persischen Regietalents Ali Samadi Ahadi ist eine bezaubernde Mischung aus politischer Unkorrektheit und buntem Culture-Clash-Märchen - und trotz des seltsamen Titels tatsächlich komisch. Er erinnert in seiner bösen Direktheit an Bora Dagtekins großartige ARD-Serie "Türkisch für Anfänger" und die Träumereien aus "Die fabelhafte Welt der Amélie".

Der 37-jährige Iraner bekam für "Salami Aleikum" im vergangenen Jahr auf der Berlinale den Preis der deutschen Filmkritik für den besten Debütfilm. Vier Jahre nach dem Deutschen Filmpreis für "Lost Children", seine bewegende Dokumentation über Kindersoldaten.

Nun eröffnet Ali Samadi Ahadis "Salami Aleikum" also die ZDF-Reihe "Gefühlsecht". In den Sommermonaten, in denen der klassische Fernsehfilm pausiert und größtenteils Wiederholungen laufen, trauen sich die Öffentlich-Rechtlichen regelmäßig an den Nachwuchs und zeigen herausragende Spiel- und Fernsehfilme deutscher Jungregisseure. In der ARD heißt die Reihe "Debüt im Ersten", im ZDF ist die Nachwuchsredaktion "Das kleine Fernsehspiel" für die "Gefühlsecht"-Produktionen verantwortlich. Auch "Salami Aleikum" entstand zusammen mit der renommierten ZDF-Talentschmiede, die 21 Filme pro Jahr betreut.

Insgesamt sechs Produktionen junger Filmemacher sind in der mittlerweile 13. Staffel der sommerlichen Serie zu sehen. Alle Filme der Reihe setzen sich auf ihre Art mit Klischees, Sinnsuche und Heimatlosigkeit auseinander. "Es geht immer um Protagonisten, die aus der für sie vorgesehenen Rolle fallen", erklärt "Fernsehspiel"-Redaktionsleiterin Claudia Tronnier.

Schade ist jedoch, dass die Perlen des deutschen Nachwuchs-Films, wie "66/67 - Fairplay war gestern", ein kompromissloses Drama über Fußball, Freundschaft und Gewalt, das Außenseiter-Drama "Wenn die Welt uns gehört" oder Hannah Schweiers Road-Movie "Cindy liebt mich nicht" über die Liebe in Zeiten von Facebook und Co., wie so oft im Nachtprogramm nach 23 Uhr versteckt werden. Emily Atefs hochgelobtes und mit diversen internationalen Preisen ausgezeichnetes Drama "Das Fremde in mir" über die postnatale Depression einer jungen Mutter wird am 1. August sogar erst ab kurz nach Mitternacht gezeigt - quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ganz so mutig ist das ZDF mit seinen jungen Wilden dann wohl doch nicht.

Salami Aleikum Montag 20.15 ZDF