Teil IV des Schwerpunktthemas. Grundschulkinder sollten Schritt für Schritt fit gemacht werden. Klassen 1 und 2 bersonders wichtig.

Hamburg. Wenn Heinz Grasmück erzählt, wie Grundschulkinder lesen und schreiben lernen, wie behutsam die Erstklässler in der für sie neuen Umgebung Schule an diese Themen herangeführt werden sollen, steckt die Begeisterung des Referatsleiters für Deutsch und Künste am Landesinstitut für Lehrerfortbildung geradezu an. "Gerade die Klassen 1 und 2 sind so wichtig. Dafür nehmen wir nur die besten Pädagogen."

Grundschule, das wird deutlich, ist viel mehr als Faktenvermittlung. "Unser Auftrag ist die Erziehung zur Selbstmotivation und die Entwicklung der Persönlichkeit der Kinder", sagt Heinz Grasmück.

Und so sieht der Bildungsplan vor allem vor, Neugier und Wissbegier der Kleinen zu wecken und zu erhalten. Außerdem sollen die Grundschüler, so wie in den Kitas auch schon, Sozialverhalten lernen. Ein großes Ziel zu Beginn der Schulzeit: "Die Kinder sollen die Wertschätzung des Schreibens entwickeln", so Grasmück.

"Fehler und Umwege werden dabei als notwendige Bestandteile von Erfahrungs- und Lernprozessen angesehen", heißt es im Bildungsplan. Das bedeutet: "Wenn Erstklässler zum Beispiel zwischen einzelnen Wörtern einen Punkt als Trennung machen, sehen wir das nicht als Fehler. Denn hinter dem vermeintlich Falschen steht ja das Richtige, nämlich eine Lücke zu lassen", so Schulexperte Grasmück. Rechtschreibfehler werden in der Grundschule bei schriftlichen Lernerfolgskontrollen und eigenen Texten noch nicht bewertet. Wenn es für das Lernen förderlich ist, können die Pädagogen Rechtschreib- und Grammatikfehler kennzeichnen.

Was die Kinder wann beherrschen sollten, ist in folgende Bereiche aufgeteilt: sprechen und hören, schreiben, richtig schreiben, lesen, mit Texten und anderen Medien umgehen, Sprache und Sprachgebrauch untersuchen. Zensuren gibt es an staatlichen Grundschulen erst in der vierten Klasse. "In Klasse 1, 2 und 3 führen die Lehrer mit den Eltern Lernentwicklungsgespräche", so Grasmück. Ab Ende Klasse 3 können die Lehrer Zensuren geben, wenn die Eltern das wünschen. Die Lernziele nach Ende der Jahrgangsstufen für das Fach Deutsch im Überblick:

Anforderungen an die Schüler zum Ende der ersten Klasse

Am Ende der Jahrgangsstufe 1 stellen sich Fragen wie: Beachtet das Kind gemeinsam entwickelte Gesprächsregeln? Spricht das Kind über Fragen und Themen, die es betrifft? Kann es sich verständlich ausdrücken und anderen zuhören? Hat das Kind Interesse an Rollenspielen? Das Kind sollte unter anderem klar geformte Buchstaben und auch ungeübte Wörter schreiben können. Hat es verstanden, dass es mit Schrift eigene Gedanken ausdrücken kann? Es wird geguckt, ob das Kind am Richtigschreiben interessiert ist. Kann das Kind kleine Gedichte und Sprachspiele auswendig aufsagen? Der Erstklässler sollte zum Ende des Schuljahres einen ungeübten Satz selbstständig lesen und den Sinn verstehen können.

Anforderungen an die Schüler zum Ende der zweiten Klasse

Am Ende der zweiten Klasse halten die Lehrer fest, ob sich das Kind an Gesprächen beteiligt und sich in verschiedenen Gesprächssituationen entsprechend den Regeln verhält. Das Kind sollte in einer für andere lesbaren Handschrift schreiben können. Weiß das Kind, dass Texte Leser haben, kann es eigene Gedanken verständlich aufschreiben? Der Lehrer achtet auch darauf, ob das Kind seinen Rechtschreibgrundwortschatz überwiegend richtig schreibt. Ende der zweiten Klasse sollte der Schüler altersgemäße Texte weitgehend selbstständig lesen und verstehen und verständlich vorlesen können. Sucht das Kind nach eigenem Interesse Bücher aus und liest es sie allein? Nutzt es vielleicht auch eine Bücherei und verfügt es über Einblicke in die Angebote analoger und digitaler Medien? Zu dieser Zeit sollte der Zweitklässler einzelne Aussagen eines Textes wiedergeben können. Der Lehrer beobachtet, ob das Kind Geschichten nach- und weitererzählen kann, ob es einfache Inhalte zum Beispiel in Hörtexten durch Zuhören versteht. Gestaltet der Zweitklässler im szenischen Spiel seine Rollen? Zum Ende der zweiten Klasse sollte das Kind erste eigene Gedanken zu Texten entwickeln, sich mit Texten auseinandersetzen und zum Beispiel Bilder dazu malen.

Lernziele zum Ende der vierten Klasse

Der Bildungsplan sieht vor, dass das Kind flüssig und gut lesbar schreiben und Texte übersichtlich verfassen kann. Außerdem sollen die Viertklässler grundlegende Funktionen eines Textverarbeitungsprogramms nutzen können. Beim Verfassen von Texten sollte das Kind wissen, dass Leser den Text auch anders oder missverstehen können. Texte sollen in unterschiedlichen Formen geschrieben werden (erzählend, berichtend, beschreibend, appellierend, argumentierend, instruierend, kreativ). In der vierten Klasse geht es auch stärker um die Rechtschreibung und Zeichensetzung. Es wird erwartet, dass das Kind im Zweifel das Wörterbuch und Rechtschreibhilfen des Computers nutzt.

Die Schüler lesen zu diesem Zeitpunkt selbstständig und verstehen die Inhalte auch. Sie können Arbeitsanweisungen lesen, verstehen und umsetzen. Sie kennen Kinderliteratur, Werke, Autoren, Figuren und Handlungen. Sie recherchieren in Druck- und elektronischen Medien zu Themen und Aufgaben (zum Beispiel in Kinderlexika, Sachbüchern, Suchmaschinen für Kinder), um gezielt Informationen zu finden.

Das Lesen ist nun sehr differenziert: Die Schüler orientieren sich in einem Text durch detailliertes, selektives oder überfliegendes Lesen. Geschichten, Gedichte und Dialoge können sie auswendig vortragen. Sie sollen ein Kinderbuch eigenständig aussuchen, es vorstellen und dabei unterschiedliche Medien zur Präsentation nutzen.

Am Ende der Grundschulzeit sollte das Kind diskutieren, Anliegen und Konflikte gemeinsam mit anderen klären, eigene Auffassungen formulieren und begründen sowie über sie betreffende Themen philosophieren können. In diesem Alter wird erwartet, dass das Kind deutlich spricht und Sachverhalte nachvollziehbar vortragen kann, zum Beispiel auch mithilfe von Bildern. Das Kind soll in der Lage sein, eigene Anliegen argumentativ und dem Alter entsprechend vorzutragen.

Im Bereich Sprache und Sprachgebrauch wird beobachtet, ob das Kind Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache und Fremdwörter erkennt. Geht das Kind mit Sprache experimentell um?

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