Sprachwissenschaftler bemängeln, dass Kreativität zulasten der Fehlerfreiheit gehen kann

Meklnburk-Foapoman. Diese eigenwillige Schreibweise eines nördlichen Bundeslandes zeigt exemplarisch, wie es um die Rechtschreibung bei Grundschülern bestellt ist: Sie ist so schlecht wie nie. Wolfgang Steinig, Professor für Sprachdidaktik an der Universität Siegen, untersuchte in seiner Studie "Schreiben von Kindern im diachronen Vergleich" (2009) freie Texte von Viertklässlern aus den Jahren 1972 und 2002. Das Ergebnis: Die Anzahl der Fehler hatte sich von durchschnittlich 6,9 auf 12,3 Fehler pro 100 Wörter verdoppelt. Grund hierfür ist aus Sicht vieler Experten, dass die Rechtschreibung in den Grundschulen einen immer geringeren Stellenwert einnimmt. Zugunsten von Lesen und kreativem Schreiben werden Rechtschreibfehler toleriert.

Zwar werden alle Fehler angestrichen, wie Heinz Grasmück, Fachreferent vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Hamburg, betont. Doch sollen Schüler vor allem am Anfang falsch schreiben dürfen. Inhalt geht vor Orthografie. So entwickeln Kinder Lust an der Sprache und sind motivierter zu schreiben.

Das Dilemma: "Rechtschreibung ist der bei Weitem stärkste Indikator für die Schulartempfehlung", sagt Sprachwissenschaftler Steinig. Ein Kind kann also noch so kreative Texte schreiben - sind sie voller Rechtschreibfehler, rückt das Gymnasium in weite Ferne. Frühestens ab der zweiten Klasse werden Rechtschreibfehler relevant. "Für die Entwicklung der Rechtschreibkompetenz bleiben oft nur eineinhalb Jahre", so Studienleiter Wolfgang Steinig. Zwar wolle niemand die Didaktik der 1970er-Jahre zurück, die Rechtschreibung müsse aber wieder früher in den Blick rücken.

Oder wie es Heinz Grasmück beschreibt: "Kinder müssen Rechtschreibkompetenz über gezielte Strategien und Methoden erwerben, nicht über den Holzhammer."