Die Polizei hatte Kuschs BMW im März angehalten und das Ex-CDU-Mitglied zum Alkoholtest mitgenommen. Roger Kusch hatte 0,56 Promille.

Hamburg. Die Arrestzelle des Polizeikommissariats 23 an der Troplowitzstraße (Hoheluft-West) ist ein trister Ort: zerkratzte Wände, grelles Neonlicht und Fenster zum Wachraum, durch die man besser herein- als hinaussehen kann. Kein Ort, an dem man einen Ex-Senator vermuten würde.

Und doch: Am Abend des 21. März, einem Sonntag, hat ein ehemaliges Mitglied der Rathaus-Regierung hier rund 45 Minuten "gesessen": Roger Kusch, von 2001 bis 2006 Justizsenator, Ex-CDU-Mitglied, gescheiterter Parteigründer ("Heimat Hamburg") und seit Jahren heftig umstritten wegen seines Einsatzes für die Sterbehilfe. "Die Inhaftierung war absurd und rechtswidrig", behauptet Kusch. Der Rechtsanwalt hat Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung gegen Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), Polizeipräsident Werner Jantosch und die an der Ingewahrsamnahme beteiligten Polizeibeamten erstattet.

Angefangen hatte alles damit, dass Beamte eines Streifenwagens Kuschs BMW anhielten. Weil die Polizisten Alkohol rochen, nahmen sie ihn zum Alkoholtest mit auf das Kommissariat. Kusch hatte 0,56 Promille. Doch nicht der Alkohol war der Anlass für die Ingewahrsamnahme. Es ging um das Engagement des Ex-Senators in der Sterbehilfe. Der Gründer des Vereins "Dr. Roger Kusch Sterbehilfe" hatte an diesem Abend eine 89-jährige Frau in Alsterdorf besuchen wollen, die Suizid begehen wollte.

"Es war ein Beratungsgespräch vereinbart", sagt Kusch. Doch die 63 Jahre alte Tochter hatte von dem Treffen erfahren und die Polizei vorab informiert. Nachdem Kusch vergeblich an der Wohnungstür der schwerhörigen alten Frau geklingelt hatte, setzte er sich wieder in seinen Wagen und fuhr los. Kurz darauf hielt ihn die Polizeistreife an.

Die Beamten vermuteten offensichtlich, Kusch könnte tödliche Medikamente bei sich gehabt haben, die er der Frau überlassen wollte. Per Polizeiverfügung ist es Kusch seit November 2008 verboten, Sterbehilfe zu leisten. Doch weder bei einer Leibesvisitation zu Beginn der Ingewahrsamnahme noch später bei der Durchsuchung seines Wagens wurden Medikamente gefunden.

"Die den Tatbestand der Freiheitsberaubung erfüllende polizeiliche Maßnahme ... war auch nicht ansatzweise gerechtfertigt, und zwar unter keinem polizeirechtlichen Aspekt", heißt es in der Strafanzeige, die dem Abendblatt vorliegt. Kusch sieht seinen Aufenthalt in der Verwahrzelle schlicht als "Schikane". Dass die Revierbeamten auf eigene Verantwortung einen Ex-Senator festhalten, hält Kusch für unwahrscheinlich. Er vermutet, dass Innensenator Ahlhaus und Polizeipräsident Jantosch von Beginn an in die Aktion eingeweiht waren. Dies zu klären, wird nun die Aufgabe der Staatsanwaltschaft sein. Wegen seiner Trunkenheitsfahrt hat Kusch inzwischen einen Bußgeldbescheid in Höhe von 500 Euro erhalten. Er darf einen Monat lang nicht Auto fahren.