Ein Tischgespräch mit der US-Konsulin, der die Bewahrung der Natur am Herzen liegt - und die ein Paradebeispiel für Integration ist.

Hamburg. Die Generalkonsulin der Vereinigten Staaten von Amerika in Hamburg, Inmi Patterson , vereinigt in ihrer zierlichen Person das Beste aus sehr unterschiedlichen Welten. Und deshalb fällt im Restaurant Apples im Hyatt-Hotel ihre Wahl auf ein sehr puristisches Gericht von klarem Geschmack: Wildlachs mit Grillgemüse. "Es gibt ja auch Amerikaner", sagt sie diplomatisch, "die sehr gesundheitsbewusst leben." In Hamburg, sagt die Hobbyköchin, die sich am Herd meist auf ihre südkoreanischen Wurzeln besinnt, koche sie viel Gemüse und Fisch. "Hamburg ist ein wunderbarer Ort, um guten Fisch einzukaufen." Und sie weiß ihn zuzubereiten - Freunde und Gäste schätzen ihre Kochkunst sehr.

Die Tochter eines Chirurgen stammt aus Südkorea und ging erst nach ihrem Psychologiestudium in die USA, um ihre Doktorarbeit zu schreiben und an der Universität zu unterrichten. Sie heiratete den US-Diplomaten Bob Patterson. Umzüge sind deshalb bis heute die Regel, längere Trennungen auch. Zurzeit lebt eine ihrer Töchter in San Diego, zwei in der Nähe von Washington D.C. In Moskau und Nairobi war sie gemeinsam mit ihrem Ehemann, jetzt ist er in Turkmenistan eingesetzt. Weihnachten aber wird die ganze Familie wieder vereint sein - endlich.

+++ Dana Schweiger und Inmi Patterson im Kindergarten +++

+++ Weihnachten bei Mama Patterson +++

Das Amt in Hamburg aber, das sie vor gut einem Jahr übernommen hat, macht vieles wett. Schon seine Tradition: "Das Generalkonsulat wurde auf Betreiben unseres ersten Präsidenten George Washington im Jahr 1790 eingerichtet, eine der ältesten Vertretungen Amerikas weltweit. Er hatte schon erkannt, wie wichtig Hamburg und der Norden Deutschlands für die transatlantischen Beziehungen sein würden." Seit gut 60 Jahren residieren die US-Konsuln im Weißen Haus an der Alster. Das Konsulargebiet ist flächenmäßig die größte US-Vertretung in der Bundesrepublik; es umfasst neben der Hansestadt auch Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen; allein im Einzugsgebiet Hamburgs betreut das Konsulat mehr als 10 000 US-amerikanische Staatsbürger.

Wirtschaftlich interessant sind für Amerika vor allem die Technologien rund um erneuerbare Energien, besonders die Windenergie, aber auch Biotechnologie und die Luftfahrt-Technik. "Die wenigstens wissen, dass Airbus und Boeing auf vielen Gebieten eng zusammenarbeiten. Sie sind nicht nur Konkurrenten."

Windenergie für Amerika? Da hat man über die US-Klimapolitik doch negativere Schlagzeilen im Kopf. Inmi Patterson kennt sie und sagt trotzdem: "Ja, ich bin sehr grün. Jeder Mensch sollte grün sein; wir haben meiner Meinung nach keine andere Wahl, denn wir haben nur eine Erde. An ihr Raubbau zu betreiben und sie zu verschmutzen ist einfach unverantwortlich, wenn wir an unsere Kinder denken." Aber die USA bremsen bei Klimakonferenzen doch eher? "Ich würde sagen, auf unserer Bundesebene geht das etwas langsamer, was ich auch schade finde. Aber das kommt schon noch. Viele Städte sind deutlich weiter und gehen mit gutem Beispiel voran."

Um die Deutschen besser zu verstehen, erobert sie sich die Hansestadt auf eigene Art: fährt mit der U- oder S-Bahn manchmal am Wochenende in einen anderen Stadtteil, geht spazieren, setzt sich allein in ein Café. In den vier Monaten vor ihrem Amtsantritt im September 2010 hat sie die Sprache neu gelernt, die schon im koreanischen Gymnasium auf dem Lehrplan stand. Das Auswendiglernen von Heine- und Rilke-Gedichten inklusive. Sie liebt die Sprache und sagt plötzlich: "Können Sie sich Schuberts 'Winterreise' auf Französisch gesungen vorstellen? Das geht wirklich nur auf Deutsch!"

Deutsch ist ihre achte Sprache, neben Koreanisch, Japanisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Kisuaheli. Es sei, sagt sie, "eine so schöne, elegante und logische Sprache - ich möchte es nicht nur irgendwie sprechen, sondern schön und korrekt. Aber es ist immer auch eine Herausforderung für mich."

Von der Sprache geht es zur Literatur, zur "Deutschstunde" des Hamburger Ehrenbürgers Siegfried Lenz, von dort zu Emil Nolde, dessen Aquarelle sie kürzlich in Berlin bewundert hat, zum deutschen Expressionismus und zu Kirchners "Frauen am Potsdamer Platz", die in Wien in ihrer Küche hingen. Und zurück nach Hamburg, wo die Alster zu ihren Lieblingsplätzen gehört, auch wenn man dort fast nur Jogger trifft. Sie selbst joggt nicht, sondern nimmt sich jeden Morgen Zeit für Yoga, bevor sie ins Konsulat fährt.

Wenn sie Hamburg vergleicht mit anderen Orten, an denen sie schon gearbeitet hat, fallen ihr drei Dinge auf: dass viel zu wenige Amerikaner Hamburg ansteuern, wenn sie nach Europa reisen. "Denen entgeht eine Menge", sagt sie und will gern mithelfen, dass sich das ändert. Sie fragt sich auch, ob hier in Deutschland eine Einwandererkarriere wie ihre schon möglich wäre - in 13 Jahren bis zur Diplomatin? So müsse Integration funktionieren, und sie spüre: Das ist hier noch lange nicht selbstverständlich.

Und dann streift sie noch kurz ein Lieblingsthema: Frauen in Führungspositionen. "Da gibt es noch viel zu tun", sagt sie. "Die Debatten, die Sie jetzt hier führen, gab es in Amerika in den 70er-Jahren." Also schart sie gern im Konsulat bei Abendessen Top-Frauen um sich, um sie noch besser miteinander zu vernetzen.

Wer mit Inmi Patterson redet, merkt schnell: Diese Frau ist erstaunlich offen, gemessen an dem, was diplomatische Gepflogenheiten und eine asiatische Erziehung vermuten ließen. Das habe sie ihrem Psychologiestudium zu verdanken, sagt sie. "Ich bin sensibler, nicht so schnell mit Vorurteilen, ich beobachte und spreche mit Leuten. Und ich habe die Tendenz, mich auch zu öffnen. Viele meinen, es ist gefährlich, zu viel von sich zu zeigen. Aber nur, wenn man sich ein bisschen öffnet, kommt man einander näher."

Und dann schiebt sie noch so einen Patterson-Satz nach, leise, aber mit Nachdruck: "Sonst hätten wir keine Chance zur Veränderung."