Niko Hansen und Peter Lohmann hatten die Idee zum Harbour Front Literaturfestival. Am Mittwoch ist es zum dritten Mal wieder so weit.

Hamburg. Bücher haben es nicht immer leicht. Nicht mal bei den beiden Verlegern, die bei einem Blick aus den Fenstern des mare-Buchverlags auf Speicherstadt und Hafen die Idee hatten, Wasser, Schiffe, also die Welt des Hafens, mit Büchern, Autoren und Publikum zu einem Lesefest zu verbinden. Das geht jetzt unter dem Namen Harbour Front Literaturfestival am Mittwoch schon zum dritten Mal an den Start.

Niko Hansen, 59, hatte bis zum Alter von 20 Jahren eigentlich nur Reiseliteratur gelesen, als er von 1973 bis 1975 mit drei Freunden eine Weltumsegelung unternahm. "Beim Lesen kann man sich an Bord am besten aus dem Weg gehen." Also war eine gewaltige Bibliothek an Bord, Bücher überall - sogar unter den Kojenmatratzen. "Aus dieser Zeit stammt das Fundament meiner Kenntnisse der Weltliteratur", sagt der hochgewachsene Mann mit den Locken. Die Nähe des gedruckten Wortes zum Wasser pflegt er hin und wieder noch beim Lesen in der Badewanne. "Es gibt aber zu Hause auch einen Lesesessel, in dem ich es stundenlang aushalte." Nach der Weltreise blieb Hansen beim Buch hängen, eine Freundin lektorierte bei Rowohlt, beurteilte Manuskripte, man übersetzte, gab selbst Bücher heraus.

+++ Es ist wieder soweit: Harbour Front Literaturfestival +++

+++ Lesen an der Hafenkante +++

Irgendwann führte das nach absolviertem Studium von Philosophie, Anglistik und Geschichte in eine Verlagskarriere: Weismann, sieben Jahre Rogner & Bernhard, fünf Jahre bei Rowohlt, sieben bei mare-Buch und jetzt schon wieder drei bei Arche/Atrium. "Mensch, hätte ich gewusst, dass man so lange nicht lesen muss und doch Verleger werden kann!", scherzt Peter Lohmann, 61, Ex-Verleger und hauptamtlicher Literaturfestivalmacher über Hansens Lebebsweg.

Der bekennende "Buch-Maniac" Lohmann schleppte schon in seiner Jugend stapelweise Lesefutter aus der Bergedorfer Bücherhalle und fing dann selbst mit der Verbreitung von Gedrucktem an, mit einer per Matrize vervielfältigten Kirchenzeitung namens "Puperzke", die sofort eingestellt wurde, als man sich in der Gemeinde näher mit dem Namen beschäftigte. Die Lust an provokativen Texten blieb, und 1980 wurde im Umfeld der Bunten Liste der Buntbuch-Verlag gegründet, den Lohmann verließ, weil sich eine weibliche Mehrheit gegen Ernst Kahls "Bestiarium perversum" entschied. Das wurde 1985 das erste Buch des Galgenberg-Verlags an der Langen Reihe, der seinen Weg ging - mit guten Autoren und genialen Feten.

Nach Galgenberg, der ökonomisch nicht reüssierte, weil er die guten Autoren nicht halten konnte, kamen eine journalistische Phase und dann der Weg zum Schweizer Scherz-Verlag, der weiter über Holtzbrinck zu S. Fischer führte. Lohmanns Motto auf Buchmessen: "Lauft den Bücherdieben nicht hinterher. Die meistgeklauten Bücher sind unsere Bestseller von morgen." Doch in Frankfurt schlug er keine Wurzeln, obwohl die Pendler-Fahrten viel Zeit zum Lesen ließen. 2008 kam er zurück nach Hamburg.

Die Wege von Lohmann und Hansen hatten sich bis dahin mehrfach gekreuzt, bis zu dem folgenreichen Blick aus dem mare-Verlagsfenster. Die Harbour-Front-Idee fand schnell Resonanz in der Kulturbehörde und bei Verlagen, weil sie Hamburgs größten Touristenmagneten, den Hafen, mit klassischer Kultur verbindet. Auf Schiffen wurde und wird gelesen, in Hafenschuppen, der Fischauktionshalle, im Hamburgmuseum oder im IBA-Dock in Wilhelmsburg. In der alten St.-Pauli-Kirche am Pinnasberg finden diesmal gleich fünf Lesungen statt. "Schließlich macht der Hafen dasselbe wie die Literatur: Er bringt viele Kulturen, Sprachen, Religionen und Lebensarten zusammen", sagt Lohmann.

Die beiden Macher haben es genossen, vor dem ersten Festival mit dem Fahrrad die Hafenlandschaft zu erkunden und sie nach brauchbaren Locations abzusuchen, die Besucher faszinieren und zum Eintauchen in Bücher verführen. 20 000 Besucher waren im vergangenen Jahr dabei, die Schulveranstaltungen eingeschlossen. Mehr als 100 Veranstaltungen an 25 Orten im Hafen werden es in diesem Jahr sein.

Ihren Hauptsponsor, den Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, hat die Idee von Anfang an begeistert. Er gibt dem Festivalbüro in seiner Firmenzentrale in der HafenCity Raum und stiftete gleich noch den Preis für den besten Literatur-Erstling.

Wer aus Lust und beruflichem Antrieb Hunderte, ja Tausende von Büchern lesen muss, hat irgendwann ein ganz praktisches Problem: Wohin damit? Niko Hansen hat sich mit seiner Frau auf zwei Regale geeinigt: das "Ewigkeitsregal" und das "Durchgangsregal". Nach einiger Zeit und etlichen Diskussionen können Bücher, die in Letzterem geparkt werden, in Ersteres aufsteigen.

Harbour Front Literaturfestival: Alle Informationen und Veranstaltungen gibt es im Internet unter www.harbour-front.org