Schauspieler Mario Adorf dreht in der Schanze den Fußball-Film “Gegengerade - niemand siegt am Millerntor“. Was ihn mit Hamburg verbindet.

Hamburg. Zu jedem Hamburg-Besuch gehörte für ihn ein Essen bei Paolino. Rotwein und Pasta, von beidem nicht zu wenig. Ganz hinten rechts hatte er seinen Platz beim Promi-Wirt an der Alster, lud Freunde ein, gab großzügig Trinkgeld. Paolino musste schließen, seinen Antrittsbesuch in Paolinos neuem Lokal La Sardegna steht noch aus, doch kommt er immer noch oft und gern nach Hamburg. Sei es, um einen neuen Film zu drehen wie im Moment. Oder auch privat mit seiner Frau Monique zum Bummeln und Spazieren.

Gerne steigen sie dann im Hotel Grand Elysée oder im Atlantic ab, Adorf liebt das Hanseatische. "Die Menschen sind zurückhaltend. Ich brauche keinen Überschwang", hatte er erst im Januar im Wochenendmagazin des Hamburger Abendblatts gesagt. Sein authentisches Understatement mögen wiederum nicht nur die Hamburger, auch Fans in aller Welt schätzen den 79 Jahre alten Schauspieler mit dem vollen weißen Haar, der sonoren Stimme und den buschig schwarzen Augenbrauen. "Super Mario" vereint Eleganz, Intelligenz, Wortwitz und Charme, verkörpert wie nur wenige eine ältere Künstlergeneration, die in der Gegenwart verankert ist.

Deshalb ist er auch einer seiner Zunft, der immer noch mehr als genug unterschiedliche Rollenangebote bekommt. Adorf ist Halbitaliener und wunderbar wandelbar: einmal Politiker, dann Mafioso oder Literaturnobelpreisträger. Aktuell Bierbudenbesitzer. Als Filmfigur Baldu steht er deshalb in der Schanze vor der Kamera. Alles dreht sich hier um den FC St. Pauli, der Titel "Gegengerade - niemand siegt am Millerntor" von Regisseur Tarek Ehlail. Das passt Adorf, dem eingefleischten FC-Bayern-München-Fan: "Ich spiele eine kleine, aber feine Rolle", sagt er. "Es ist mal etwas ganz anderes. Zuletzt spielte ich in Hamburg einen Senator, jetzt einen einfachen Mann, der ein Spieler und Boxer war. Eben einer, der nicht auf den Mund oder besser gesagt aufs Maul gefallen ist. Ein guter Typ, den ich vor allem mag, weil er ein Ex-Boxer ist." Auch Adorf selbst boxte jahrelang, heute lässt er es ruhiger angehen. Zumindest sportlich. Und fühlt sich gut. Anders als Baldu, denn im Film gerät seine Bude in Flammen, Baldu stirbt an einem Herzinfarkt. "Zum Glück habe ich keine Krankheiten. Und in meinem Beruf mache ich so lange weiter, wie es geht", sagt der Mann, der 1959 erstmals in "Das Mädchen Rosemarie" vor der Kamera stand. Langeweile? Amtsmüdigkeit? Kennt Adorf nicht.

Im Oktober stehen Dreharbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer an, im Frühling wird er mit Veronica Ferres an einer "ernsthaften politischen Geschichte" in Wien arbeiten. Doch über sein 100. Lebensjahr hinaus wolle er nicht arbeiten. "Alles hat seine Grenzen." Schlicht und einfach. Ebenso wolle er seinen nahenden 80. Geburtstag am 8. September verbringen. "Es gibt eine kleine Party in St.-Tropez." Kein großes Fest mit viel "Drum und Dran". Keine Fernsehteams, keine allzu öffentlichen Würdigungen. "Ich brauche keine Gala - das ist schrecklich. Ich will nicht auf einem Sessel sitzen, und dann kommen die Leute zum Gratulieren und lügen einem ins Gesicht."

Seit jeher gilt der "Bartträger des Jahres 2010" (ernannt vom Klub "Belle Moustache") als höflich und zurückhaltend, dabei witzig, seine Privatsphäre schützend. Mit seiner Monique, mit der er seit 25 Jahren verheiratet ist, gab es keine Skandale, liebevoll gehen die beiden in der Öffentlichkeit miteinander um. Sie leben in Paris, München und St.-Tropez. Wunschlos glücklich? Einen Wunsch hat Adorf doch: "Gesundheit".

So wandelt er nun, wie schon in den letzten Jahrzehnten, wenn er Hamburg zum Arbeiten besuchte, an der Alster entlang, ums Rathaus herum, durch Pöseldorf und über die Colonnaden. Ecken der Stadt, die Adorf besonders liebt. Gern zu Fuß. "Ich habe es immer richtig genossen und nebenher meinen Text gelernt." Genossen hat er auch die Gespräche mit Ole von Beust. Den scheidenden Bürgermeister und den Schauspieler verbindet die Liebe zur Stadt, und beide hatten ein sehr enges Verhältnis zu ihren Müttern. Bei einem Galadinner 2006 im Festsaal des Rathauses tauschten sie sich darüber aus. Ein Gespräch nach Adorfs Gusto.