116.000 Fälle 2013. CDU kritisiert schlechte Zahlungsmoral. SPD-Senat weist die Vorwürfe zurück

Hamburg. Die Stadt Hamburg hat zuletzt fast jede zehnte Rechnung erst mit Verspätung gezahlt. Im Jahr 2013 wurden etwa 116.000 Forderungen erst mit einem zeitlichen Verzug von 30 Tagen oder mehr nach Rechnungseingang von den Behörden beglichen. Das entsprach rund neun Prozent der an die Stadt gestellten 1,3 Millionen Rechnungen. In Einzelfällen mussten für Hamburg tätige Unternehmen fast zwei Jahre auf ihr Geld warten.

Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Große Anfrage der CDU hervor. Demnach mussten vor allem Auftragnehmer der Sozialbehörde Geduld aufbringen. Ihre Forderungen wurden zum Teil erst 770 Tage nach Rechnungsstellung beglichen. Im laufenden Jahr hat sich die Zahlungsmoral der Stadt zwar gebessert, sodass nur sechs Prozent der Rechnungen erst 30 Tage nach Eingang oder später bezahlt wurden. Gleichwohl waren zum Stichtag der Erhebung Ende August noch immer mehr als 3,4 Millionen Euro an Zahlungen deutlich überfällig.

„In jeder Firma wäre bei einem solchen Zahlungsverhalten das Inkasso Stammgast“, sagt CDU-Haushaltspolitiker Roland Heintze. Tatsächlich würde die Bilanz für die Stadt noch schlechter ausfallen, glaubt der CDU-Politiker. Denn Rechnungen der Schulbehörde seien bewusst vom Senat nicht in die Einzelfallauswertung aufgenommen worden, da ihre Zahl hoch und die geforderten Summen eher niedrig seien. Eine wesentliche Ursache des Problems ist für Heintze klar: Der Finanzbehörde laufe das Projekt Herakles „aus dem Ruder“, mit dem in der Verwaltung schrittweise ein neues System zur Rechnungsbearbeitung eingeführt wird.

„Zahlungsverzögerungen von mehreren Hundert Tagen sind nicht vertretbar“, sagt der CDU-Fraktionsvize. „Die Auftragnehmer warten auf ihr Geld. Die Stadt muss hier Vorbild sein.“

Tatsächlich gibt der Senat in seiner Antwort sehr häufig „Einführung neuer IT im Rechnungswesen“ als Grund für Zahlungsverzögerungen an. Extreme Wartezeiten sind in der Liste häufig bei mittleren und kleineren Beträgen festzustellen. Heintze vermutet daher, dass kleinere Unternehmen schlechter behandelt würden, da man von ihnen nicht so schnell Klagen erwarte.

Als Grund für Zahlungsverzug wird vor allem bei den Bezirken häufig „Abwesenheit (z. B. Urlaub, Krankheit) zuständiger Person“ in der Aufstellung genannt – beim Bezirksamt Bergedorf auch „personeller Engpass“. Für Heintze deutet dies darauf hin, dass in den Haushaltsberatungen bekannt gewordenen Kürzungen in den Bezirks-Verwaltungen sich negativ auswirkten. Die Probleme könnten sich verschärfen, wenn 2015 neben Senatskanzlei, Personalamt, Gesundheits-, Wirtschafts- und Finanzbehörde auch die Bezirke auf neue Rechnungssoftware umgestellt würden, fürchtet Heintze – und fordert ein „Machtwort“ von Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD).

Die Finanzbehörde weist die Kritik zurück. „Fast alle Rechnungen werden noch vor Fälligkeit beglichen“, sagt Sprecher Daniel Stricker. „Auch sollte man Rechnungseingang nicht mit Fälligkeit gleichsetzen. Im Übrigen sorgt die Einführung automatisierter Standardverfahren dafür, dass sich Verzugsquoten immer weiter reduzieren lassen. All dies setzt die Mitwirkung des Rechnungsstellers in Bezug auf formal und inhaltlich korrekte Rechnungsstellung voraus. Niemand kann von der Stadt verlangen, falsche Rechnungen zu bezahlen.“ Die Zahlungsmoral der Stadt sei, verglichen mit anderen Wirtschaftsbereichen, „ausgezeichnet“.

Roland Heintze ist offenbar trotzdem gewillt, das Thema weiter zu bearbeiten. All die vom Senat so genannten „Einzelfälle“ könnten sich „gern per Mail unter Nennung des Betrags, Rechnungsdatum und Behörde an mein Büro wenden (info@roland-heintze.de)“, so der CDU-Politiker. Er werde dann sehen, ob er „in den laufenden Haushaltsberatungen helfen“ könne – und notfalls dazu „jeden Senator direkt fragen“.