Die Zahlungsmoral Hamburgs muss besser werden

Als Kind habe er geglaubt, Geld sei das Wichtigste im Leben, hat Oscar Wilde einmal gesagt. Mit höherem Alter habe er es dann auch gewusst. Man muss dem Dichterdandy in dieser schnöden Einschätzung nicht folgen. Gleichwohl kommt niemand ohne Geld über die Runden. Dabei geht es vor allem im Geschäftsleben nicht nur darum, dass Geld fließt – sondern auch, wann es fließt. Muss ein Unternehmen monatelang auf vereinbarte Zahlungen warten, kann es durch mangelnde Liquidität im schlimmsten Fall selbst in die Zahlungsunfähigkeit rutschen. Deswegen ist eine gute Zahlungsmoral eine Voraussetzung für eine funktionierende Wirtschaft.

Die Stadt Hamburg hat sich in dieser Hinsicht zuletzt nicht als besonders angenehmer Partner der Unternehmen erwiesen. Im ersten Quartal 2014 wurden Tausende Forderungen gar nicht beglichen. Grund war die Einführung einer neuen Rechnungssoftware. Im Jahr 2013 wurden 116.000 Rechnungen erst 30 Tage oder deutlich später nach Eingang bezahlt – bisweilen erst nach fast zwei Jahren. Das spricht nicht für ein vorbildliches Zahlungsverhalten. Dabei sollten Stadt und Staat in Sachen Zahlungsmoral mit gutem Beispiel vorangehen. Schließlich setzen sie ihre Fristen bei den Bürgern auch rigoros durch, wenn es um Abgaben oder Steuern geht.

Dass die Behörde von SPD-Finanzsenator Peter Tschentscher die städtische Zahlungsmoral angesichts der Statistik als „ausgezeichnet“ beschreibt, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Vielleicht spiegelt sich darin aber auch die staatliche Arroganz, die im Ernstfall zum Problem für kleine und mittlere Unternehmen werden kann. Dazu passt die Aussage der Behörde, es könne „Ausreißer“ geben, die man im „Einzelfall“ prüfen müsse. 116.000 Einzelfälle? Aha.

Vielleicht sollte der SPD-Senat in Sachen Zahlungsmoral etwas weniger selbstgefällig und dafür ein Gran selbstkritischer zu Werke gehen. Nicht alle Hamburger genießen den sicheren Status von gut dotierten Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes. Selbstständige und Firmen brauchen faire Geschäftspartner. Die Stadt Hamburg sollte dazugehören.

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