Die Irena-Sendler-Schule in Wellingsbüttel wird bei laufendem Betrieb abgerissen und für 38,5 Millionen Euro neu gebaut. Im Herbst geht’s los.

Hamburg. Es wird eine Operation am offenen Herzen: Bei laufendem Schulbetrieb soll die Irena-Sendler-Schule in Wellingsbüttel abgerissen und neu gebaut werden. Im Herbst geht es los. Die städtische Gesellschaft Schulbau Hamburg geht von Baukosten in Höhe von 38,5 Millionen Euro für die neue Stadtteilschule aus.

Das erste von zwei Gebäuden soll im Sommer 2016 fertig sein, das zweite im Sommer 2018. Die Außenanlagen und kleinere Restarbeiten werden nach dem Plan der Behörden bis 2019 fertiggestellt. Der Entwurf des Ludwigshafener Büros sander hofrichter architekten Partnerschaft wurde in enger Kooperation mit der Schule erarbeitet.

Durch die engen Vorgaben des „Musterflächenprogramms für allgemeinbildende Schulen“ allerdings wird das Raumangebot in der sehr großzügig angelegten Schule nach Angaben aus der Schule deutlich kleiner. „Aus den angekündigten Bildungspalästen werden jetzt eben kleinere Hütten“, sagt ein Betroffener leicht sarkastisch. Dennoch ist die Akzeptanz groß. Gemessen an den Vorgaben sei die Planung gut, heißt es. Zwei dreigeschossige Gebäude mit quadratischer Grundfläche sollen den Schulhof einfassen und das Gelände zur Kehre an der Straße Am Pfeilshof öffnen. Dort soll auch der neue Haupteingang für die 1300 Schüler liegen. Insgesamt entstehen 12.007 Quadratmeter Nettogeschossfläche auf dem 42.000 Quadratmeter großen Grundstück. Die neue Zwei-Feld-Sporthalle im Südosten des Geländes bleibt erhalten.

Im ersten Bauabschnitt wird ein dreigeschossiger Quader für die Jahrgangsstufen sieben bis zehn sowie die derzeit ausgelagerte Oberstufe gebaut. Auch Schulbibliothek und Lehrerzimmer finden in diesem ersten, im Süden gelegenen Gebäude Platz. Es bietet einen offenen Innenhof und eine drei Geschosse hohe Eingangshalle, von der aus alle Räume erschlossen werden. Im zweiten Quader am nordöstlichen Rand des Schulhofs werden die Jahrgangsstufen fünf und sechs, die Fachräume, die Veranstaltungshalle und die Mensa untergebracht. Außerdem werden eine Ein-Feld-Sporthalle und die Gymnastikhalle integriert. Die Schule ist für jeweils sechs Jahrgangsklassen ausgelegt und soll schrittweise zur Ganztagsschule ausgebaut werden.

Das Raumkonzept der sogenannten Kompartments erlaubt es, je nach Anforderungen des Unterrichts Räume zu öffnen und miteinander zu verbinden oder durch variabel bewegbare Zwischenwände wieder zu trennen. Das soll mehrere Unterrichtsformen in unterschiedlich großen Gruppen ermöglichen. Aber die Inklusion ist im Musterflächenprogramm nicht berücksichtigt.

Entsprechend müssen alle Räume, die pädagogisch unabdingbar sind für die Beschulung von schwierigen Schülern und Schülern mit Förderbedarf, aus den übrigen Musterflächen „gewonnen“ werden. Mit anderen Worten: Die eigentlich erlaubten Größen – etwa für Klassenzimmer – werden verringert, um Gruppen- und Toberäume, Teeküche, Sprech- und Spielzimmer der alten Gesamtschule auch in den neuen Gebäuden zu ermöglichen.

Ein Neubau ist laut Behörde besser als die Sanierung der Altsubstanz. Sie stammt zum Teil noch aus den 1950er-Jahren, gelegentlich regnet es bereits herein. Der energetische Zustand fast aller Gebäude ist verheerend. Das Haupthaus wurde teilsaniert, aber der Rest ist oft noch im „Originalzustand“.

Beklagt wird allerdings der Abriss der Aula. Die Schule hat einen Theaterschwerpunkt. Die neue Multifunktionshalle biete keine Bühnentechnik, sagen Eltern und Lehrer. Sie gilt als „nicht vergleichbar“. Auch der Verlust der alten Gemütlichkeit, erzeugt durch viele kleine statt weniger großer Gebäude wie im geplanten Neubau, wird eher achselzuckend bedauert.

Wenige große Gebäude zu bauen ist zwar wegen des Lärms und des Gedränges zu Stoßzeiten im Schulalltag anstrengender, aber energetisch günstiger, und auch die Baukosten sind niedriger. Aus der Behörde heißt es, die neue Multifunktionshalle habe sehr wohl Bühnentechnik und sei außerdem mit der Pausenhalle zu verbinden, sodass letztlich mehr Platz da sei als vorher. Die Konzentration auf wenige Gebäude wirke Vandalismusschäden entgegen. Entspannt sehen die Wellingsbütteler auf die Anmeldezahlen, auch wenn zwischen 2014 und 2019 eine ganze Schülergeneration fast ausschließlich auf einer Baustelle leben wird. Der Bau „bedrohe“ die Schule schon länger, hieß es, trotzdem seien die Zahlen im Vergleich zu den Vorjahren stabil geblieben. Sollten die Anmeldungen dennoch unter die erforderliche Mindestzahl von 63Schülern für drei Klassen fallen, kann die Schulbehörde die im Schulgesetz vorgesehene Schließung der Schule aber wegen der Bautätigkeit aussetzen.

Wehtun werden allerdings die Container, die während der Bauzeit für insgesamt zwölf Klassen zumindest zeitweise unumgänglich werden. Die Kosten dafür würden von der Bausumme abgezogen und nicht etwa aus einem Topf für Provisorien während der Bauphase bezahlt, hieß es aus Elternrat und Kollegium. Das bedeutet praktisch eine Kürzung des Baubudgets. Als Kostenpuffer würden vor allem die Außenanlagen herhalten müssen, die im Falle hoher Mieten für die Container nicht vollständig oder eben sehr viel schlichter hergestellt werden sollen als ursprünglich vorgesehen.