Neue Steuerschätzung sagt steigende Einnahmen der Stadt voraus. Aber: Volkszählung führt 2013 zu einem Minus. Auch bei der Umsatzsteuer-Verteilung gibt es für Hamburg finanzielle Nachteile.

Hamburg. Hamburgs Steuereinnahmen steigen. Sie wachsen derartig an, dass ein ausgeglichener Haushalt schon vor 2019 möglich ist. Das hat die November-Steuerschätzung ergeben, die Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) am Dienstag vorstellte. „Wir kommen automatisch zu diesem früheren Haushaltsausgleich von Einnahmen und Ausgaben, wenn die Steuereinnahmen tatsächlich so eintreten, und dadurch, dass wir nicht mehr Geld ausgeben“, erklärte der Senator und fügte hinzu: „Wir haben in der jetzigen Finanzplanung einen Schnittpunkt, der bei 2016 liegt.“ Doch: Ändere sich die Konjunkturprognose, ändere sich sofort auch jener Schnittpunkt. Folglich gebe es „keinen Grund, die Haushaltspläne zu ändern“, sagte Tschentscher. Die Schuldenbremse schreibt den Ländern ab 2020 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vor.

Allerdings nimmt Hamburg für das laufende Jahr weniger Steuern ein als zunächst erwartet: Die aktuelle Schätzung ergibt im Vergleich zur Mai-Prognose ein Minus von 36 Millionen Euro. Insgesamt fließen 9,023 Milliarden Euro in die Steuerkasse der Stadt, womit Hamburg erstmals immerhin die Neun-Milliarden-Marke übertrifft. 2014 erwarten die Steuerschätzer 9,466 Milliarden Euro, 2015 dann 9,775 Milliarden. 2016 soll die Zehn-Milliarden-Euro-Marke erreicht werden. Und für 2018 werden sogar 10,672 Milliarden prognostiziert. Sollten die Einschätzungen eintreffen, könnte Hamburg dann allein zwischen 2009 und 2018 knapp drei Milliarden Euro Mehreinnahmen verbucht haben.

Der Grund für die negative Abweichung für 2013 liegt Tschentscher zufolge im sogenannten Zensus-Effekt. Dies werde jedoch aufgrund der positiven Entwicklung in den Folgejahren „mehr als ausgeglichen“, sagte der Senator. Der Zensus 2011 hatte für Hamburg ergeben, dass die Einwohnerzahl nur noch bei rund 1,706 Millionen Menschen liegt. Verglichen mit dem vorherigen Zensus-Wert schrumpfte die Bevölkerung damit um etwa 83.000 Menschen. Die Ergebnisse der Volkszählung wirkten sich finanziell aus: Hamburg wurde vom Nehmer- zum Geberland und bekam für den Länderfinanzausgleich rund 147 Millionen Euro nachträglich in Rechnung gestellt.

Auch bei der Umsatzsteuer-Verteilung gibt es für Hamburg finanzielle Nachteile. Denn die wird laut Tschentscher „in Deutschland nicht nach Wirtschaftskraft, Arbeitsplätzen oder Wertschöpfung verteilt, sondern nach Köpfen“. Folglich verzeichne die Stadt durch den Zensus-Effekt bei Umsatzsteuer und Länderfinanzausgleich insgesamt ein Minus von 117 Millionen Euro. Die Abrechnungen früherer Jahre seien vorläufig gewesen. „Und jetzt, nachdem dieser Zensus bekannt gegeben wurde, müssen wir für das Jahr 2011 ein Drittel und für das Jahr 2012 zwei Drittel dieses strukturellen Effekts nachzahlen“, betonte Finanzsenator Tschentscher.

Wie Berlin hat auch Hamburg Widerspruch gegen die Ergebnisse der Volkszählung eingelegt. Das Verfahren läuft. Zudem entwickelt sich die Einwohnerzahl Hamburgs laut Tschentscher positiv. Der Senator betonte: „Wir haben, bezogen auf den Zensus für 2011, 2012 und 2013 durchaus ein zusätzliches Einwohnerwachstum – stärker als im Durchschnitt aller Länder.“ Dieser Zuwachs wirke sich sukzessive wieder positiv im Länderfinanzausgleich und bei der Umsatzsteuerverteilung aus. So rechnet Hamburg künftig mit stetig steigenden Steuereinnahmen. Laut der aktuellen Schätzung sollen zwischen 2014 und 2017 etwa 212 Millionen Euro mehr eingenommen werden.

Für den stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden Roland Heintze „müssen die höheren Steuereinnahmen das Haushaltsdefizit verringern“. Das führe zu weniger Schulden, weniger Zinsen und weniger Abhängigkeit von den Finanzmärkten. „Wenn der Senat zugleich auf Haushaltsdisziplin achten würde, dürfte die Schuldenbremse deutlich früher als 2020 einzuhalten sein“, sagte Heintze weiter. Die Grünen bezeichneten die neuen Zahlen als „empfindlichen Dämpfer“. Der Senat verschiebe den Ausgleich der Mindereinnahmen einfach in die Zukunft. Laut FDP sollte der anhaltende Anstieg der Steuereinnahmen den Senat ermutigen, „spätestens 2016 mit dem Schuldenmachen aufzuhören“. Nach Einschätzung des Vorsitzenden des Steuerzahlerbundes Hamburg, Lorenz Palte, ist „eine frühzeitigere ‚schwarze Null‘ lediglich eine Frage strenger Ausgabendisziplin“.

Der haushaltspolitische Sprecher der Linksfraktion, Norbert Hackbusch, erinnerte daran, dass Hamburg viel dringendere Aufgaben als eine vorzeitige Schuldentilgung habe: „All die unsozialen Kürzungen, auch die bereits angelaufenen in den Bezirken, müssen jetzt noch einmal auf den Tisch.“