Die neue Verzögerung bei der Elbvertiefung könnte Hamburg teuer zu stehen kommen: Der Hafen droht von Ladungsströmen abgehängt zu werden.

Hamburg. Mit "völligem Unverständnis" oder auch "Enttäuschung" reagierten Unternehmensverbände auf die Ankündigung von Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU), der einen neuen Zeitplan für das Ausbaggern der Fahrrinne vorgestellt hatte (wir berichteten). "Das ist den Kunden des Hafens kaum noch zu vermitteln", kritisierte Handelskammer-Präses Frank Horch, der flugs noch eine Forderung hinterherschob: Als eine Art Ausgleich für ein weiteres Warten auf die Vertiefung, die jetzt erst 2011 starten kann, sollten die Hafengebühren reduziert werden, um den Wettbewerbsnachteil ausgleichen zu können.

Tatsächlich könnte die nochmalige Verschiebung des 350-Millionen-Projekts den Hafen von Ladungsströmen abhängen. Darauf weisen zumindest die beiden großen Hamburger Terminalbetreiber HHLA und Eurogate in Brandbriefen hin, die sie dem Senator geschickt haben und die dem Abendblatt vorliegen. Tenor: Angesichts Wirtschaftskrise und Einbruch der Umschlagszahlen sei der Eindruck entstanden, das Ausbaggern der Fahrrinne für große Containerschiffe sei nicht mehr notwendig. Dabei sei das Gegenteil der Fall. Der Trend zu großen Schiffen mit Platz für 11 000, 13 000 oder mehr Container halte in der Krise an und verstärke sich sogar, weil Liniendienste aufgrund der geringen Frachtraten zusammengelegt würden.

Ohne Elbvertiefung würden diese Riesenschiffe nur gering beladen nach Hamburg kommen, weil sie sonst zu sehr mit Tiefgangsproblemen zu kämpfen hätten. Die Folge: Mehr Übersee-Container würden schon vorher in anderen Häfen, vornehmlich in Benelux-Staaten, abgeladen. Damit würde die Hansestadt aber auch Linien kleiner Zubringerfrachter, sogenannter Feeder, verlieren, die solche Boxen aus Asien nicht mehr von Hamburg, sondern von den anderen Häfen aus weiter nach Osteuropa bringen würden.

"Die hier aufgezeigten Schwierigkeiten vor Abschluss des Elbausbaus zeigen, wie gefährlich die Situation zurzeit ist", warnt die HHLA. Hinter einer solchen Warnung steckt natürlich viel Eigeninteresse, zumal es immer wieder Kritik auch an hohen Terminalgebühren selbst gibt. Doch HHLA und Eurogate belegen in ihren Schreiben an konkreten Beispielen, welche Probleme die neue Generation von Containerschiffen derzeit schon mit der 100 Kilometer langen Revierfahrt auf der Elbe hat.

Um rund einen Meter soll die Fahrrinne in der Flussmitte daher ausgebaggert werden. Allein von Mai bis Juli habe bei fünf großen Containerschiffen die Ladung reduziert werden müssen, heißt es in dem Eurogate-Schreiben, das von den Eurogate-Geschäftsführern Marcel Egger und Gunther Bonz, dem früheren Hamburger Wirtschaftsstaatsrat, unterzeichnet ist. Folge waren höhere Kosten und Zeitverluste für die Reeder. Ein Zustand, der künftig noch weit häufiger passieren könnte, wie Bonz und Egger warnen: Denn allein knapp 60 neue Riesen-Container-Schiffe stünden kurz vor der Ablieferung.