Ob Krankenhäuser, Schulen oder Elbphilharmonie: “Kostensteigerungen sind der Regelfall“, kritisiert die SPD.

Hamburg. Die CDU verweist auch auf Projekte, die günstiger werden. Doch kann der Senat nicht mit Geld umgehen? Das vermutet zumindest die SPD-Fraktion in der Bürgerschaft, nachdem sie die Antwort der Regierung auf eine Große Anfrage zum Kostenstand bei großen Baumaßnahmen erhalten hat. Von den dort aufgelisteten 285 Projekten mit Kosten von mehr als einer Million Euro werden 63 teurer als ursprünglich veranschlagt. Allerdings werden auch 18 günstiger.

SPD-Fraktionschef Michael Neumann ist dennoch entsetzt: "Dass große Bauvorhaben teurer werden als geplant, kann vorkommen. Bei den Projekten des Senats sieht es aber so aus, als seien Kostensteigerungen der Regelfall." Die Finanzbehörde weist den "pauschalen Vorwurf" zurück. Kostensteigerungen gebe es nur im Einzelfall und diese Fälle seien alle begründbar.

So sehen die negativen Fälle und die Begründungen in der Senatsantwort aus:

- Die "äußere Grunderneuerung" der Schule am Falkenberg (Neugraben-Fischbek) kostet statt der geplanten 2,421 nun 15,1 Millionen Euro - eine Steigerung um 524 Prozent. Begründung: "Erweiterung des Maßnahmenumfangs und Kostensteigerungen."

- Der Um- und Neubau der Staatlichen Gewerbeschule G6 (Barmbek-Süd) soll statt 1,9 nun 7,78 Millionen Euro kosten. Steigerung: 309,5 Prozent. Begründung: "Anpassung an den tatsächlichen Bedarf sowie höhere Ausschreibungsergebnisse".

- Der Bau der Elbphilharmonie in der HafenCity kostet die Stadt 323,3 statt 114,3 Millionen Euro - ein Plus von 183 Prozent. Die Begründungen füllen eine ganze Drucksache und reichen von Problemen beim Untergrund bis zu den aufwändigen Fenstern an der Spitze des Gebäudes. Die Stadt hatte es versäumt, in den Verträgen mit der Baufirma Hochtief eine verbindliche Kostenobergrenze festzulegen.

- Die Errichtung einer zentralen Notaufnahme für die Asklepios-Klinik Wandsbek kostet aktuellen Schätzungen zufolge 13,07 statt 8,0 Millionen Euro. Die 63,4 Prozent Mehrkosten begründet der Senat so: "Angaben im Investitionsprogramm beruhen auf ungeprüften Kostenschätzungen des Krankenhausträgers. Zudem aufgrund geänderter Masterplanung grundlegende Kostenveränderungen (Gebäudegründung, Tragkonstruktion, Brandschutz, Infrastruktur)."

- Umgehung Finkenwerder: Die seit Jahrzehnten geplante Straße kostet statt 34,5 nun 55,02 Millionen Euro - 59,5 Prozent mehr. Begründung: "Mehrkosten aufgrund veränderter Bodenbeschaffenheit, Erhöhung der Mehrwertsteuer sowie zusätzlich erforderlicher Maßnahmen."

Es gibt aber auch Projekte der Stadt, die weniger kosten werden. Einige positive Beispiele:

- Die Grundinstandsetzung der Glashütter Landstraße kostet nur 4,0 statt 5,548 Millionen Euro - eine Ersparnis von 27,9 Prozent. Grund: "Geplanter Bodenaustausch entfällt."

- Der Westeingang zur Welt der Religionen bei der Internationalen Gartenschau (igs) 2013 in Wilhelmsburg soll nur noch 1,716 statt 2,45 Millionen Euro kosten. Das Minus von 30 Prozent wird mit der "Fortschreibung der Kosten nach Ausschreibungsergebnis" begründet.

- Das Diakonie-Klinikum mit CardioClinic (die Zusammenlegung der Kliniken Alten Eichen, Bethanien und Elim in Eimsbüttel) wird nur 68,3 statt 80 Millionen Euro kosten - also 14,6 Prozent weniger. Begründung: "Angaben im Investitionsprogramm beruhten auf groben Schätzkosten. Zudem erfolgten Änderungen aufgrund komplexer Grundstückssituation und Nebenmaßnahmen. Weiter waren Eigenanteile der Krankenhausträger noch unbestimmt."

Nicht nur aufgrund der positiven Beispiele weist CDU-Finanzexperte Rüdiger Kruse die SPD-Kritik überwiegend zurück. "Entscheidend ist doch, ob wir aus Fehlern lernen. Und das tut dieser Senat mehr als frühere Regierungen." So habe man jüngst den Rechnungshof beauftragt, zu prüfen, warum der ZOB Bergedorf plötzlich 40 statt 20 Millionen Euro koste. Kruse: "Bei der Elbphilharmonie sind Fehler gemacht worden. Deshalb haben wir das Controlling verbessert."

Das sieht auch Michael Neumann als entscheidenden Hebel an: "Das neue Klinikum des UKE ist mit knapp 200 Millionen Euro im Kostenrahmen geblieben und drei Wochen eher fertig geworden als geplant - weil da das Controlling geklappt hat", so der SPD-Fraktionschef. "Das zeigt: Kostensteigerungen gibt es in erster Linie, wenn das Controlling nicht funktioniert. Und wenn der Staat die Behörden ausbluten lässt und auf den Rat von Fachleuten verzichtet, trägt er eine Mitschuld daran, dass seine Projekte immer mehr Geld verschlingen als geplant."

Auch der Bund der Steuerzahler sieht den Umgang mit dem Geld der Bürger sehr kritisch: "Es ist ein altbekanntes Problem, dass öffentliche Projekte fast immer teurer werden als geplant", sagte Geschäftsführer Christian Plock dem Abendblatt. "Es gibt häufig keine fundierten Schätzungen, ganze Kostengruppen werden weggelassen, Risiken falsch eingeschätzt und das Controlling ist schlecht." Hinzu kämen "politische Kostenansätze", um Projekte schönzurechnen. Plock: "Für die Steuerzahler ist das natürlich ärgerlich."