Selten ist die Universität Hamburg so zum Spielball der Politik geworden wie in diesen Tagen. Während völlig unklar ist, wer die Nachfolge der baldigen Ex-Präsidentin aufnehmen soll - und unter welchen Rahmenbedingungen -, wird zusätzlich zur Debatte um eine Campus-Verlagerung an die Elbe nun ein Umzug der Naturwissenschaften auf die Trabrennbahn in Bahrenfeld diskutiert.

Wie das Abendblatt berichtete, hat sich mit Rüdiger Kruse (CDU) somit nun auch ein Finanzpolitiker in die Hochschulpolitik eingeschaltet, zudem gegen den Kurs von Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach, seiner Parteikollegin.

Die SPD bezeichnete den Vorstoß als "Ablenkungsdebatte" und forderte ein Bekenntnis zur Uni am aktuellen Standort. "Niemand hat etwas dagegen, wenn die Naturwissenschaften mit dem Desy-Forschungszentrum kooperieren, aber die Debatte muss Bezüge zur Realität halten", sagte SPD-Hochschulexpertin Dorothee Stapelfeldt dem Abendblatt. So sei etwa Hamburgs einziges Exzellenzcluster, der Klimacampus, gerade neu in Eimsbüttel errichtet worden, zudem seien weitere naturwissenschaftliche Einrichtungen ausgebaut worden. Weil Stapelfeldt auch einen Umzug nach Bahrenfeld für unnötig hält, will sie nun in einer Senatsanfrage klären, wie viele Mittel bereits in derartige Einrichtungen auf dem aktuellen Campus geflossen sind.

Zudem sei die Aussage des CDU-Finanzexperten Kruse, Senatorin Gundelach habe mit ihrer Debatte um einen Umzug in den Hafen möglicherweise erreicht, dass die Stadt der Uni einen Milliarden-Betrag zur Verfügung stelle, laut SPD-Politikerin Stapelfeldt "völlig absurd": "Die Debatte ist rein virtuell. Tatsache ist, dass seit Jahren an der Uni gespart wird." Auch die Studentenvertretung AStA zeigte sich wenig begeistert und forderte eine Uni an einem zusammenhängenden Standort: "Es scheint, manche Politiker glauben nun eigene Interessen vertreten zu können und dafür die Universität zerschlagen zu müssen", sagte der Vorsitzende Aleksandra Szymanski.

An der Uni soll wieder inhaltlich gearbeitet werden. Prof. Gabriele Löschper, die ab Donnerstag zunächst das Präsidium übernimmt, sagte dem Abendblatt: "Wir werden mit den Dekanen den Reformkurs fortsetzen. Wir bauen dabei auf die Unterstützung der Mitglieder der Universität."

Welche Strukturen an der Universität geändert werden sollen, um eine erneute Führungskrise zu vermeiden, das muss nach Ansicht von GAL-Hochschulexpertin Eva Gümbel die Universität mittels einer "Redemokratisierung" selbst erarbeiten. "Viele derzeitige Strukturen wurden der Hochschule übergestülpt, das ist nicht gut gegangen", sagte Gümbel - nicht ohne dabei zu betonen, dass das umstrittene Hochschulgesetz seine Anfänge unter dem damaligen Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) nahm. "Ziel ist die Verfassung einer Erklärung, wie sich die Universität selber sieht und wie sie dabei strukturiert sein muss." Dafür soll die Universität ein "hochkarätiges" Symposium wählen.