Zehnseitige Regierungserklärung zum Vertrag mit Vattenfall und E.on in der Bürgerschaft. Opposition wirft Senat “schlechten Deal“ vor.

Hamburg. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat vor der Bürgerschaft den Plan des Senats verteidigt, sich mit 25,1 Prozent an den Hamburger Versorgungsnetzen für Gas, Strom und Fernwärme zu beteiligen. Vor dem Plenum sagte der Bürgermeister: "Ich bin überzeugt davon, dass wir einen sehr guten Weg für die Energiewende in Hamburg beschreiten. Ich halte die Fakten und unsere Argumente für stichhaltig und überzeugend." Deshalb wäre es ihm auch am liebsten, wenn die Volksinitiative "Unser Hamburg - unser Netz", die sich für den 100-prozentigen Rückkauf der Netze durch die Stadt einsetzt, sich auf seinen Weg einlassen würde, so Scholz in seiner Regierungserklärung "Hamburg schafft die Energiewende".

Der Erste Bürgermeister, der seit rund einer Woche unter einer starken Erkältung leidet, bekräftigte vor den Abgeordneten noch einmal das, was er eine Woche zuvor bereits der Öffentlichkeit vorgestellt hatte: Gemeinsam mit Vattenfall will die Stadt Hamburg ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Wedel oder Stellingen für die Fernwärmeversorgung bauen. Sowohl Vattenfall als auch E.on wollen laut Vereinbarung ihr Fernwärmegeschäft ausbauen.

Zudem sollen Speicherkapazitäten für regenerative Energien in Hamburg entwickelt und gebaut werden. Das Stromnetz soll modernisiert, die Elektromobilität ausgebaut werden.

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Anders als sonst üblich hielt sich Scholz streng an sein Redemanuskript. Mit ruhiger Stimme und - wie Dora Heyenn (Die Linke) ihm später vorwarf - "leidenschaftslos" und "ohne jegliches Engagement" las Scholz die zehnseitige Erklärung vor. Und auch an einer echten Debatte schien Scholz nicht wirklich interessiert. Nach seiner 23 Minuten dauernden Erklärung zog er sich auf die Senatsbank zurück. Statt der Gegenrede der Opposition zuzuhören, bearbeitete Scholz einen Aktenstapel und verließ immer wieder den Plenarsaal.

Das hielt die Opposition nicht davon ab, den Bürgermeister und die Vereinbarung zwischen dem Senat und den Energiekonzernen anzugreifen. Die GAL kritisierte den Deal als "Geschenk an die klammen Energiekonzerne". Hamburg bezahle für die Beteiligung zu viel, bekomme zu wenig Einfluss und die Energiewende komme durch die Vereinbarung nicht voran, sagte GAL-Fraktionschef Jens Kerstan. Die ehemalige GAL-Umweltsenatorin Anja Hajduk warf dem Bürgermeister Arroganz vor, weil er die Entscheidung der Volksinitiative, am Volksentscheid 2013 festzuhalten (siehe Beistück), im Abendblatt-Interview als "Hasenfüßigkeit" bezeichnet hatte. "Wir haben keine Lust, uns in Hamburg an diese Arroganz zu gewöhnen", so Hajduk.

CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich lehnte ebenso wie die FDP eine städtische Beteiligung an den Energienetzen generell ab. Die FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding sprach von einem "schlechten Deal" mit den Energieversorgern, "denn der Senat ist bisher nicht in der Lage, die geplanten Investitionen für den Vollzug der konkreten Energiewende in der Stadt zu benennen". Dietrich Wersich lobte aber ausdrücklich die "konstruktive Haltung" des Senats gegenüber den Energieversorgern.

Ganz anders sah das Linke-Fraktionschefin Dora Heyenn. "Bürgermeister Scholz liefert die Stadt an die Energiekonzerne aus. Insbesondere ohne Vattenfall wird in Zukunft gar nichts mehr gehen", beklagte Heyenn.

SPD-Fraktionschef Andreas Dressel warb trotz der Kritik für das Senats-Konzept. "Wir wollen die Energiewende nicht vertagen, wir wollen sie konkret starten. Das gelingt uns mit dem Senatsmodell", so Dressel.

Nach dreieinhalb Stunden beendeten die Abgeordneten die Debatte um die Energiewende.