Der bekannte Hamburger Reeder ist jetzt seit März SPD-Abgeordneter. “Die Sozialdemokraten sind realistische Weltverbesserer“.

Altstadt. "Wenn man eine Sache zum zweiten Mal macht, ist das in Hamburg gleich eine Tradition", sagt Erck Rickmers mit leichter hanseatischer Distanziertheit zum eigenen Handeln. Zum zweiten Mal hat der Reeder und Sozialdemokrat rund 200 Freunde, Weggefährten und Geschäftspartner in das ehrwürdige Haus der Patriotischen Gesellschaft eingeladen. Anfang Februar - bei der Premiere - hatte Rickmers die Gründe für seine überraschende Kandidatur als Unternehmer in der SPD erläutert und um Stimmen für die Bürgerschaftswahl geworben.

Jetzt, neun Monate später, sah Rickmers, inzwischen SPD-Bürgerschaftsabgeordneter und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, die Zeit für eine Zwischenbilanz gekommen. "Einige von Ihnen haben mir ihre Stimme gegeben. Manche haben zum ersten Mal der SPD ihre Stimme gegeben", steuert Rickmers gleich auf den heiklen Punkt seines politischen Engagements zu. Ein Unternehmer als Sozi - das war denn für viele in Rickmers' Umfeld doch recht gewöhnungsbedürftig. Und weil der Reeder kein Abgeordneter wie jeder andere ist, hat er Bürgermeister Olaf Scholz mitgebracht - wie beim ersten Mal auch.

+++ Reeder Erck Rickmers tritt für die SPD an +++

+++ Eine Spurensuche auf dem roten Felsen +++

Ja, Politik sei ein kleinteiliger Prozess. "Es macht mir Spaß", sagt Rickmers. Immer wieder werde er gefragt, wie er es denn aushalte als Firmenchef im Parlament mit mühsamen, schleppenden Entscheidungswegen. "Auch ein Unternehmer ist doch kein Pilot im Cockpit, der auf den Knopf drückt und es passiert etwas", so Rickmers. Auch in der Wirtschaft müsse man zuhören, sich um Kompromisse bemühen.

Für die Ohren vieler seiner Zuhörer mag es ungewohnt klingen, aber Rickmers präsentiert die SPD als seine politische Heimat. "Ich bin freundlich aufgenommen worden. Mit einer Reihe von Parteifreunden verstehe ich mich sehr gut." Um skeptischen Nachfragen gleich vorzubeugen, setzt er hinzu: "Die Hamburger Sozialdemokraten sind Pragmatiker - keine Utopisten, sondern realistische Weltverbesserer."

Rickmers' Lob für Scholz fällt dann recht überschwänglich aus. Dessen Versprechen, ordentlich zu regieren, wird flugs zum "Hamburger Weg, der Modell für ganz Deutschland werden sollte". Der Bürgermeister bedankt sich mit den Worten: "Das Experiment ist für alle Seiten gut gegangen." Er meint Rickmers' Wechsel in die Politik, der eben "kein kurzfristiger Marketinggag vor der Wahl" gewesen sei.

Manch Zuhörer hatte den Eindruck, dass sich Rickmers mit seiner halbstündigen Rede für die höhere Aufgabe als Wirtschaftssenator bewerben wollte. Der Reeder weist das zurück. Eine schlechte Vorbereitung wäre der Abgeordneten-Job allerdings nicht.