Nach Stopp von “Hamburg-WG“ wächst die Kritik an Projekten von Thorsten Kausch. Junger HMG-Chef hat sich zum wiederholten Mal verrannt.

Hamburg. Nachdem die Hamburg Marketing GmbH (HMG) ihr umstrittenes Projekt "Hamburg-WG" gestoppt hat, fordert die Opposition in der Bürgerschaft den SPD-Senat auf, sich grundsätzlich mit der Ausrichtung der städtischen PR-Firma zu beschäftigen. "Es muss geklärt werden, wie sich Hamburg gerade gegenüber einer neuen Jugendkultur präsentiert, die intensiv über Facebook und Twitter kommuniziert", sagte FDP-Fraktionschefin Katja Suding. "Diese Positionierung darf nicht der HMG allein überlassen werden, sondern bedarf politischer Führung." Auch Norbert Hackbusch (Linkspartei) rückte die HMG ins Zentrum der Debatte: "Wir wollen im Wirtschaftsausschuss eine Diskussion darüber, wie erreicht werden kann, dass so etwas in Zukunft nicht noch einmal passiert." Auch SPD, CDU und GAL hatten das Projekt scharf kritisiert.

In der 200-Quadratmeter-Luxus-WG auf der Reeperbahn sollten vier junge Nicht-Hamburger ein Jahr lang gratis wohnen und vor allem über Facebook und Twitter über Leben und Arbeiten an der Elbe berichten. Kosten: 534.000 Euro, wovon die HMG 279.000 Euro übernehmen sollte.

Zwar verweist HMG-Geschäftsführer Thorsten Kausch (37) darauf, dass erstmals ein Projekt dieser Größe eingestellt werde, "während diverse andere erfolgreich laufen". Doch andererseits bleibt es auch dem Senat nicht verborgen, dass der junge HMG-Chef sich mit seinen neuen Ideen zum wiederholten Mal verrannt hat. Erst Ende Juli wollte er an der Elbe Freibier für 5000 Personen ausgeben und hatte dazu via Facebook aufgerufen - ignorierend, dass wenige Wochen zuvor eine ebenfalls über das Internet-Netzwerk organisierte Fete einer Jugendlichen in Bramfeld völlig ausgeartet war. Besonders negativ blieb im Rathaus in Erinnerung, dass Kausch damals zunächst nicht einlenken wollte und das Freibier erst auf sanften Druck abbestellte.

Auch beim Vorgängersenat unter Ole von Beust (CDU) war der HMG-Geschäftsführer trotz seines CDU-Parteibuchs unangenehm aufgefallen. So hatte er im Sommer 2009 offen kritisiert, dass das Stuttgarter Weindorf auf dem Rathausmarkt der Stadt aus Vermarktungssicht nichts bringe, und für ein moderneres Event plädiert. Wenige Tage darauf trafen von Beust und sein damaliger baden-württembergischer Amtskollege Günther Oettinger (CDU) sich demonstrativ zwischen den Buden und lobten das Fest - eine Ohrfeige für Thorsten Kausch.

Noch zu CDU-Regierungszeiten gab es einen weiteren Dämpfer für den 37-Jährigen. Die Marketing GmbH stieg zwar zur Holding auf, unter deren Dach auch die Hamburg Tourismus GmbH (HHT) und die Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF) schlüpften, aber Vorsitzender der Geschäftsführung wurde nicht der aufstrebende Kausch, sondern der erfahrenere HHT-Chef Dietrich von Albedyll. Trostpflaster für Kausch: Sein Vertrag bei der HMG wurde bis Februar 2015 verlängert. Obwohl die Chemie zwischen den beiden optimierungsfähig sein soll und der Senat nicht glücklich darüber ist, wie die Kausch-Truppe mit ihrem Vier-Millionen-Euro-Etat umgeht, dürfte der Geschäftsführer zunächst sicher im Sattel sitzen - eine Vertragsauflösung würde teuer werden für die Stadt. Bezweifelt wird aber, ob Kausch einen weiteren Patzer der Kategorie Freibier oder Hamburg-WG überstehen würde.

Mit Niederlagen umzugehen weiß der junge Vater allerdings. Anfang 2006, Kausch war gerade in die Bürgerschaft nachgerückt, machte er trotz mahnender Worte aus der Partei ausgerechnet CDU-Urgestein Karl-Heinz Warnholz den Vorsitz des größten CDU-Ortsverbands Rahlstedt streitig. Kausch verlor die Abstimmung deutlich - bekam kurz darauf aber den lukrativen Posten bei der Marketing GmbH.