Betroffen sind viele Jobs für Langzeitarbeitslose mit Stadtteilbezug. Gemeinnützige Vereine in Hamburg äußern sich empört.

Hamburg. Jetzt liegen die Zahlen auf dem Tisch: Mehr als 2000 Ein-Euro-Jobs werden bis Ende des Jahres in Hamburg gestrichen. Damit sinkt die Zahl der Stellen für Hartz-IV-Empfänger mit besonderen Problemlagen auf rund 4500. Das hat die Betreuungsstelle für Langzeitarbeitslose, team.arbeit. hamburg, gestern bekannt gegeben. Damit bestätigt sich die Befürchtung der gemeinnützigen Träger, die Ein-Euro-Jobs vermitteln und die Kürzungen scharf kritisieren.

Besonders von den Kürzungen betroffen sind die Ein-Euro-Jobs mit Stadtteilbezug, eine Idee aus der Zeit der schwarz-grünen Regierung. Ziel dieses Projekts war es, die Bereiche Arbeitsmarktpolitik und Stadtentwicklung in Stadtteilen wie Billstedt oder Mümmelmannsberg sinnvoll zu verbinden. Dort arbeiten die Teilnehmer in Quartiercafés, Secondhand-Läden und in Bürgerhäusern, sie helfen Kindern bei den Hausaufgaben oder erledigen Einkäufe für ältere Menschen. Von diesen 2700 Stellen sollen bis Ende des Jahres nun rund 1000 wegfallen. Allein die Jobs in den Schulküchen bleiben unangetastet. Ein weiterer großer Bereich, der Opfer des Rotstifts wird, sind die Maßnahmen für Jugendliche. Die 1500 Ein-Euro-Jobs für unter 25-Jährige werden auf 1000 reduziert.

"Wir streichen natürlich ungern", sagt Thomas Bösenberg, Leiter von team.arbeit.hamburg. Angesichts der fehlenden Mittel aus Berlin bleibe ihm und seinen Kollegen aber nichts anderes übrig. Wie berichtet, hat der Bund das Geld zur Förderung von Langzeitarbeitslosen in diesem Jahr um 50 Millionen Euro auf 134 Millionen Euro gekürzt. Davon muss Hamburg sämtliche Angebote bezahlen, die Ein-Euro-Jobs (offiziell "Arbeitsgelegenheiten" genannt), aber auch umfassende Programme für weniger arbeitsmarktferne Menschen wie Qualifizierungsmaßnahmen und das Hamburger Modell. Und gerade diese Programme seien in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs sinnvoll, so Bösenberg: "Wir gehen davon aus, dass wir jetzt einen wachsenden Teil unserer Kunden in Arbeit bringen können." Aus diesem Grund werde ein Schwerpunkt auf Maßnahmen gelegt, die Menschen für den Arbeitsmarkt fit machen.

+++ Auslaufmodell Ein-Euro-Jobber +++

Für Ein-Euro-Jobs, die hingegen erst einmal darauf ausgerichtet sind, Menschen mit Suchtproblemen, mit geistigen und körperlichen Erkrankungen oder mit Sprachdefiziten zu stabilisieren, stehen ab Sommer deshalb nur noch 27 Prozent des Gesamtbudgets zur Verfügung. Laut Bösenberg ein ausreichender Anteil: Man habe einen "Maßnahmen-Mix" geschaffen, der den Menschen angesichts der finanziellen Rahmenbedingungen am besten gerecht werde. "Wir haben für alle die passenden Angebote", sagt Bösenberg. "Wir können nur nicht für alle alles machen."

Die Nachricht, dass bis Ende des Jahres tatsächlich Tausende Ein-Euro-Jobs wegfallen, löste bei den Beschäftigungsträgern Bestürzung aus. "Das ist eine vollkommen unverhältnismäßige Kürzung zulasten der besonders benachteiligten Menschen", sagt Petra Lafferentz, Sprecherin der 55 Hamburger Träger. "Wir können den Betroffenen sonst gar nichts mehr anbieten." Dabei beruhten die Kürzungen, so Lafferentz, auf einer "falschen Grundlage": Seit Anfang des Jahres seien viel weniger Ein-Euro-Jobs besetzt worden als von Sozialbehörde und team.arbeit. hamburg angegeben - weitere Kürzungen seien deshalb bei Weitem nicht notwendig.

Als "größte Sauerei" bezeichnet Lafferentz die Streichung der Maßnahmen in den Stadtteilen. Seien diese doch besonders gut zur Stabilisierung der Teilnehmer geeignet und böten auch den Anwohnern einen großen Nutzen. Diese Projekte vor Ort aufzubauen habe viel Mühe gekostet. Mit ihnen werde ein wichtiges Angebot für die sozial schwächeren Menschen vor Ort wegbrechen, so Lafferentz. "Die Lebensqualität in den Quartieren leidet."

Bislang wurden die Stadtteilmaßnahmen sogar mit rund einer Million Euro aus dem Hamburger Haushalt unterstützt - diese Kofinanzierung wird ab Juli ebenfalls gestrichen.

Kritik gibt es auch an der Reduzierung der Maßnahmen für Jugendliche. Team.arbeit.hamburg will die unter 25-Jährigen vermehrt in der außerbetrieblichen Ausbildung unterbringen, die laut Bösenberg "sehr stark arbeitsplatzorientiert" ist. Die Träger bewerten diesen Ansatz als falsch, die betroffenen Jugendlichen seien noch nicht so weit. Zudem liege die Vermittlungsquote aus den Ein-Euro-Jobs in feste Arbeit mit 25 Prozent auf hohem Niveau.

Für Zündstoff sorgt zudem, dass bestimmte Jobs von den Kürzungen ausgenommen sind. Und zwar 500 sogenannte Vorbereitungsmaßnahmen der städtischen Beschäftigungsgesellschaft Hamburger Arbeit (HAB) - deren Geschäftsführer bis 2008 Sozialsenator Detlef Scheele war. Andere Träger, so Lafferentz, könnten dieses Angebot ebenso abdecken.