Neuer Senat streicht massiv Stellen. Gemeinnützige Anbieter protestieren

Hamburg. Bernd Schröder graut jetzt schon vor dem Sommer. Wenn er mehreren Hundert Menschen, die in seiner gemeinnützigen Einrichtung, der SBB Kompetenz gGmbH, tätig sind, sagen muss, dass sie ihren Job verlieren. Einen Job zwar, um den sich ein gut ausgebildeter Arbeitnehmer nicht gerade reißen würde, zumal für ein bis zwei Euro die Stunde. Bernd Schröder weiß aber, was den Betroffenen ihr Ein-Euro-Job bedeutet. Und dass ihnen nicht mehr viel bleibt, wenn sie dieses letzte Mittel, das die Arbeitsmarktpolitik noch für die bereithält, verlieren.

"Das ist eine mittelschwere Tragödie für die Jobber in Hamburg", sagt Schröder. "Sie werden einfach sitzen gelassen, ohne alternative Angebote." Von einem SPD-Senat habe Schröder eine so massive Kürzung der Ein-Euro-Jobs ohne schlüssiges Alternativkonzept nicht erwartet. "Das ist hochgradig unsozial", sagt er.

Die SBB Kompetenz gGmbH bietet 18 gemeinnützige Projekte für momentan 850 Ein-Euro-Jobber an. Da gibt es die Buch-Bar, in der die Beschäftigten Kinder und Familien, vor allem mit Migrationshintergrund, ans Lesen heranführen. Es gibt die "Hammer Mahlzeit", über die Jobs in Kantinen und Bistros vermittelt werden. Andere reparieren Fahrräder, die nach Äthiopien verschickt werden, oder bauen Bühnenbilder für Aufführungen in Schulen und Vereinen. Alles Jobs, so Schröder, die wichtig sind für die Motivation der Beschäftigung. Bis Ende des Jahres, so vermutet Schröder, werde er nur noch rund 300 Stellen besetzen können.

Bernd Schröders Träger bietet auch Umschulungen und Fortbildungen an, dazu Trainingskurse wie EDV-Schulungen. Schröder versucht, die Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Seit 2005 vermittelt er zudem Ein-Euro-Jobs, bei denen die Vermittlungsquote in Hamburg bei gerade mal zehn Prozent liegt. Trotzdem findet er diese sinnvoll. "Die Ein-Euro-Jobs sind für Menschen, bei denen Umschulungen oder Fortbildungen nichts bringen, weil sie zu weit weg sind vom Arbeitsmarkt", sagt er. Die Maßnahmen verhinderten aber, dass die Betroffenen komplett ausgegrenzt würden.

Auch Manfred Gans von der Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit e.V., ein Zusammenschluss von rund 20 der 55 gemeinnützigen Träger für Ein-Euro-Jobs in Hamburg, sorgt sich um die Menschen, die sich mit Ein-Euro-Jobs im Schnitt 180 Euro zu ihrem Hartz-IV-Satz dazuverdienen. "Diese Menschen brauchen den Zuverdienst für sich und ihre Familien", sagt Gans. Natürlich könne man diese Maßnahme politisch hinterfragen, mehr noch, eine Diskussion über deren Sinnhaftigkeit sei sogar wünschenswert, so Gans. "Aber der Senat kann die Jobs nicht einfach vorher zusammenkürzen."

Zumal das laut Petra Lafferentz, der Sprecherin der Hamburger Beschäftigungsträger, in diesem Umfang überhaupt nicht notwendig wäre. Der Senat schiebe den Schwarzen Peter dem Bund zu, so Lafferentz. Dabei bleibe Hamburg bei der Verteilung der Mittel ein deutlicher Spielraum.

Petra Lafferentz beginnt zu rechnen: Bislang war es Usus in Hamburg, ein Drittel der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die der Bund für Hartz-IV-Empfänger zur Verfügung steht, in Ein-Euro-Jobs zu stecken. 9800 Jobs konnten so 2010 finanziert werden. Jetzt hat der Bund den Topf gekürzt, in diesem Jahr von 187 Millionen auf 134 Millionen Euro und 2012 auf rund 100 Millionen Euro. Ein Ein-Euro-Job kostet bis zu 550 Euro im Monat, davon gehen 365 Euro an die Träger, für Miete, Personal und Infrastruktur, der Rest an der Beschäftigten. "Rechnet man weiterhin mit einem Drittel der Bundesmittel, so können in diesem Jahr locker 6600 Ein-Euro-Jobs finanziert werden", sagt Lafferentz. Und auch im kommenden Jahr seien noch 5000 Jobs drin.

Die Träger befürchten jedoch, dass die Anzahl schon im Sommer auf 4000 und im kommenden Jahr auf 1000 sinken soll - "ohne Notwendigkeit", so Lafferentz. Darüber hinaus würden sie und ihre Kollegen schon länger fordern, den Anteil für die Ein-Euro-Jobs auf mindestens 40 Prozent der zugewiesenen Mittel zu erhöhen.

Generell würden sich die Träger wünschen, dass aus den Ein-Euro-Jobs langfristig sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze werden. Doch eine derartige Reform liege beim Bund, so Lafferentz. Hamburg könne sich bis dahin aber dafür einsetzen, dass bestimmte Qualitätsstandards für die Jobs eingeführt werden.