Immobilienverbände lehnen Passivhaus-Zwang ab. Die Technik sei noch nicht ausgereift und die Bedienung der Häuser kompliziert.

Hamburg. Die norddeutschen Wohnungsbauverbände warnen vor einer Verschärfung der Klimaschutzverordnungen in Hamburg. Müssten, wie angedacht, künftig sämtliche Neubauten in der Hansestadt nur nach dem strengen Passivhaus-Standard gebaut werden, hätte dies fatale Folgen. "Dieser Hamburger Sonderweg würgt den Wohnungsbau noch weiter ab, macht die Mieten teurer und verdrängt die Menschen ins Umland - was alles andere als klimafreundlich ist", sagt Andreas Ibel, Vorsitzender des Bundesverbands Nord der freien Wohnungsunternehmen. Zudem sei die Technik von Passivhäusern noch nicht ausgereift und fraglich, ob die Bewohner mit der komplizierten Bedienung eines solchen Hauses immer klarkämen. Gemeinsam mit Joachim Wege, Chef beim Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen, der die Baugenossenschaften vertritt, stellte Ibel gestern eine Studie vor, auf die sich die Kritik der beiden Verbände stützt und die erstmals das tatsächliche Einsparpotenzial von Passivhäusern untersucht habe.

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Die Kieler Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen hatte dazu Passivhäuser und herkömmliche Bauten einem Praxistest unterzogen. Passivhäuser sind laut Definition Gebäude, die derart gedämmt sind, dass sie ohne übliche Heizung auskommen und automatisch belüftet werden. Das soll Heiz-Energie sparen und dementsprechend CO2, das für einen Klimawandel verantwortlich gemacht wird.

Die vorgestellte Studie nährt aber Zweifel am Nutzen: Ein Passivwohnhaus kostet demnach bei der Herstellung rund 500 Euro mehr pro Quadratmeter Wohnfläche als ein normaler Neubau. Und: Um einen Cent Energie zu sparen, müssten fünf bis sechs Cent zusätzlich investiert werden. Verbandschef Wege: "Das bedeutet, dass in einem Passivhaus auch die Miete fünfmal teurer sein wird - wer soll das bezahlen?"

Die Hamburger Umweltbehörde bezweifelte allerdings gestern die Zahlen der Studie. Mehrkosten für Passivhäuser lägen bei höchstens zehn Prozent - was durch Förderung ausgeglichen werde, so Behördensprecher Björn Marzahn. Überlegungen für einen eigenen Hamburger Passivhaus-Standard bestätigte er. Bis 2020 solle dies in der gesamten EU eingeführt werden - Hamburg mache sich daher nur Gedanken über eine Entwicklung, die eh auf alle Städte zukommen werde.