Der Senat will mit den Muslimen eine Vertrag über Moscheebau, Prediger und Feiertage schließen. Seit drei Jahren laufen die Verhandlungen.

Hamburg. Es ist ein Novum für ganz Deutschland: Der schwarz-grüne Senat und Vertreter der Hamburger Muslime sind dabei, einen Grundlagenvertrag zu schaffen, mit dem die muslimische Gemeinde als Religionsgemeinschaft anerkannt werden soll.

Seit drei Jahren laufen die Verhandlungen, die nach Abendblatt-Informationen kurz vor dem Abschluss stehen. Der Vertrag soll den Muslimen in Hamburg mehr Rechte zusichern, zum Beispiel beim Ausbau von Moscheen, bei islamischen Bestattungen ohne Sarg oder bei schulischen Vereinbarungen. So wird es Schülern künftig erlaubt, an hohen islamischen Feiertagen dem Unterricht fernzubleiben.

+++ So soll der Vertrag mit den Muslimen aussehen +++

Gleichzeitig verpflichten sich die islamischen Verbände, in Streitfragen den Konsens mit der Bevölkerung zu suchen, etwa beim Gebetsruf des Muezzins, der grundsätzlich zugelassen ist. Bisher aber haben die Moscheen darauf verzichtet. Entgegenkommen will der Senat den Verbänden bei der Anforderung von Imamen aus dem Ausland. Danach soll die sogenannte Bedarfsprüfung der Ausländerbehörde verkürzt werden, wenn der Verband die Notwendigkeit dieses Predigers für eine seiner Moscheen bestätigt.

Damit will ausgerechnet eine CDU-geführte Landesregierung als erste in Deutschland islamische Verbände vertraglich anerkennen. Das dürfte die unionsinterne Islam-Debatte weiter anheizen. Die Rede von Bundespräsident Christian Wulff zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit, in der er sagte, der "Islam gehört zu Deutschland", hat in CDU und CSU zum Teil scharfe Kritik ausgelöst.

"In den Sachfragen sind wir uns fast vollkommen einig", sagt Norbert Müller, Vorstandsmitglied der Schura, des Rats der islamischen Gemeinschaften, der mit am Verhandlungstisch sitzt. "Jetzt geht es nur noch darum, das Ganze in eine Vertragsform zu bringen." Dazu werde derzeit ein Gutachter beauftragt, der prüfen soll, ob die Verbände von ihrer Struktur her rechtlich als Religionsgemeinschaft definiert werden können. An diese Frage ist auch geknüpft, inwieweit die Verbände beim Thema islamischer Religionsunterricht mitsprechen dürfen.

Neben der Schura nehmen die Türkisch-Islamische Gemeinde Ditib und der Verband Islamischer Kulturzentren (VIKZ) an den Verhandlungen mit dem Senat teil. Zusammen repräsentieren die drei Verbände nach eigenen Angaben rund 90 Prozent der religiös aktiven Muslime in Hamburg. Ditib-Vertreter Zekeriya Altug sagte, mit der Vereinbarung würden Hamburgs Muslime endlich mit ihrer gesamten Identität als Bürger dieses Landes akzeptiert.

"Bundesweit liegen wir damit an der Spitze", sagte der kirchenpolitische Sprecher der CDU, Wolfgang Beuß, über den geplanten Vertrag. Angesichts der hohen Zahl muslimischer Mitbürger in der Hansestadt sei es wichtig, sowohl Rechte als auch Pflichten festzuhalten, sagte Beuß. SPD-Fraktionschef Michael Neumann nannte es einen "riesigen Fortschritt", wenn eine Einigung gelänge. Allerdings müsse man sich den Vertrag genau ansehen.

Die Nordelbische Kirche begrüßt die Gespräche ebenfalls. "Insbesondere halten wir es für vernünftig, die dabei erforderlichen Schritte durch Gutachter beschreiben zu lassen", sagte Sprecher Norbert Radzanowski. Der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke sieht das Vorhaben dagegen kritischer: Für einen Staatsvertrag mit den muslimischen Gemeinden brauche es noch Zeit und Erfahrung.