Die Sanierung des Campus habe Priorität, sagt Dieter Lenzen. Nur dann könne Hamburg in die Liga der besten 15 Universitäten aufsteigen.

Hamburg. Dieter Lenzen , Präsident der Universität Hamburg, gilt als Mann der klaren Worte. Deutlich sprach sich der Erziehungswissenschaftler gegen den Uni-Umzug auf den Kleinen Grasbrook aus. Und die europäische Hochschulreform kritisierte der 62-Jährige jüngst mit den Worten: "Bologna riecht nach Truppenversorgung und Zwangsernährung." Im Interview mit dem Abendblatt fordert Dieter Lenzen vom Senat trotz der politischen Turbulenzen Planungssicherheit für den Ausbau der Universität.

Hamburger Abendblatt:

Der Bürgermeister ist zurückgetreten, die Wissenschaftssenatorin, Ihre erste Ansprechpartnerin im Senat, umstritten. Was bedeutet das für Sie?

Dieter Lenzen:

Wir werden gespannt beobachten, ob die neue Regierung eher auf Kontinuität oder auf neue Akzente setzt. Aber ich bin zuversichtlich.

Sie fürchten also nicht, dass der Plan, die Uni am Standort Eimsbüttel auszubauen, durch die politischen Turbulenzen ins Wanken gerät?

Wenn, dann gerät er ins Wanken, weil sich die Finanzierungspläne als schwierig erwiesen haben. Der Senat will dagegen Sondervermögen für den Ausbau der Uni gründen, womit er Kredite außerhalb des Haushalts aufnehmen kann. Inwieweit die Finanzbehörde das will, weiß ich nicht. Das Entscheidende ist, dass unser Bedarf von jeder neuen Regierung überhaupt anerkannt werden muss. Denn mit unserer jetzigen Gebäudesituation ist es schwierig, in die Liga der obersten 15 Universitäten aufzusteigen. Wo sollen wir die Gutachter hinführen, wenn es überall bröckelt? Etwas anderes wäre es, wenn wir sagen könnten, dass es einen neuen, politisch abgesicherten Plan gibt, der besagt, dass wir im Laufe der kommenden 15 Jahre einen neuen Campus haben, und es deshalb richtig ist, wenn wir beim Exzellenzwettbewerb unterstützt werden. Dieses Fenster ist nur ein einziges Mal offen.

Wenn sich dieses Fenster schließen sollte, weil sich eine neue Landesregierung unter dem Spardruck als nicht handlungsfähig zeigt, werden Sie dann Konsequenzen ziehen?

Ich bin Schwierigkeiten gewohnt. In Berlin war die Situation nie lustig. Es gab nie genug Geld und immer Widerstand. Im Grunde war manches viel schwieriger. Ich werbe in der Stadt dafür, dass sie sieht, was für ein Kleinod sie mit der Universität hat. Ich freue mich, dass diese Zustimmung bei den Bürgern wächst.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Wir hatten kürzlich ein Stiftertreffen. Drei Tage später bekamen wir Zusagen für nennenswerte Beträge. Das gibt es sonst nirgendwo. Es ist wunderbar, wenn Menschen sagen: Da wollen wir helfen.

Gefreut haben dürfte Sie ja auch, dass der Uni-Umzug auf den Kleinen Grasbrook nicht finanzierbar und damit vom Tisch ist.

Ich habe immer die Auffassung vertreten, dass eine Universität in die Mitte der Stadt gehört. Es muss jetzt nur endlich mal losgehen. Wir müssen Gebäude freiziehen, damit wir mit dem Renovieren beginnen können. Dafür muss etwas angemietet werden. Das kostet ungefähr drei, vier Millionen Euro. Bis Jahresende wissen wir, ob der Senat es damit ernst meint oder nicht. Wenn bis dahin die Anmietung der Ersatzräumlichkeiten, die zum 1. Januar 2011 möglich wäre, nicht stattgefunden hat, verlieren wir langsam den Glauben.

Gibt es Indizien dafür, dass es nicht so laufen wird?

Schwer zu sagen. Die entscheidende Frage ist offenbar, wie das Geld beschafft werden soll. Man kann ja nicht einfach in den Haushalt greifen, sondern muss kreative Ideen entwickeln.

Was wäre aus Sicht der Uni die beste Lösung?

Wenn das gesamte Immobilienvermögen der Universität übertragen würde. Dann könnten wir selbst entscheiden. Wenn eine Einrichtung ein eigenes Baurecht hat, kann sie oftmals zielgerichteter bauen, als wenn sie sich fremden Regeln unterwerfen muss. Das nächste ist also der Schritt in mehr Selbstständigkeit. Das heißt nicht, die Rechtsform der Universität zu verändern. Es geht darum, mehr Handlungsspielräume zugunsten der Universität und ihrer Mitglieder zu haben. Sollte es jetzt jedoch einen Politikwechsel geben, verlieren wir allerdings ein Jahr.

Das Bezirksamt Eimsbüttel hat kürzlich seinen Masterplan zur Entwicklung der Uni vorgelegt, der unter anderem ein modernes Fuß- und Radwegekonzept und im Durchschnitt sechsgeschossige Bauten vorsieht. Wie bewerten Sie das Konzept?

Das Bezirksamt musste nachweisen, dass die erforderlichen Baumassen auf dem Gelände darstellbar sind. Das ist erfolgt. Unabhängig davon besteht nun das Risiko, dass, je mehr städtebauliche Wettbewerbe gemacht werden, Entscheidungen noch länger hinausgeschoben werden. Es muss jetzt aber irgendwo angefangen werden. Die Stadt muss sich zu dem Standort bekennen.

Was müsste Ihrer Meinung nach zuerst angegangen werden?

Oberste Priorität hat der Sanierungsbedarf aus Sicherheitsgründen. Das läuft dieses Jahr mit einer Investitionssumme von 25 Millionen Euro an. Die zweite Priorität sind die eingegangenen Verpflichtungen. Also beispielsweise der Klima-Campus, der der Deutschen Forschungsgemeinschaft beim vergangenen Exzellenzwettbewerb versichert worden ist. Es ist aber noch nichts gebaut worden. Wenn dort bei den Begehungen durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft 2012 noch immer keine Bagger stehen, dann glaubt niemand mehr irgendetwas.

Was halten Sie von der Idee, das Congress Center Hamburg in den Campus zu integrieren?

Geografisch liegt das vielleicht auf der Hand. Aber es gibt eine Bahnlinie zwischen Campus und CCH. Zudem sagen Experten, dass der Renovierungsbedarf so groß ist, dass es nicht zu bezahlen wäre.

Der Ausbau der Uni Eimsbüttel dauert vermutlich Jahre und bringt wahrscheinlich große Belastungen für die Anwohner im Uni-Viertel mit sich. Fürchten Sie, dass es Bürgerbegehren gegen das Projekt geben wird?

Wir erwarten, dass die Bürger der Universität und damit der Zukunft der Stadt keine Steine in den Weg legen. Sonst hätten wir mit Zitronen gehandelt. Denn der Ausbau der Uni ist in der Tat ein Stück Zukunft für den Bezirk und die Menschen, die hier wohnen und die Zehntausende von Unterschriften für den Verbleib unserer Universität hier vor Ort gesammelt haben.

Wie wollen Sie die Anwohner mit ins Boot holen?

Sobald die Wettbewerbe in Gang kommen, muss die Behörde zusammen mit der Universität den Nachbarn die Pläne vorstellen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Dabei können gute Ideen zustande kommen.

Der Umbau der Uni dauert etwa 20 Jahre. Dann dürften Sie emeritiert sein. Was treibt Sie dennoch an, den Plan zu verfolgen?

Ich sage mir: Ich habe eine Verpflichtung übernommen, die ich versuche nach Kräften umzusetzen.