Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht stoppte die Bauarbeiten in einem Eilverfahren auf Antrag der Umweltorganisation BUND.

Hamburg. Es waren nur ein paar dürre Vorabzeilen, die die Richter des Oberverwaltungsgerichts gestern Nachmittag verlautbaren ließen: Doch sie reichten aus, dass sich Vertreter der Umweltorganisation BUND sogleich mit einer Flasche Sekt zu den Baumbesetzern vom Gählerpark in Altona aufmachten. Dort harren bei bitterer Kälte schon seit dem 18. Dezember junge "Robin Wood"-Aktivisten in mittlerweile fünf provisorischen Baumhäusern aus. Das ist ihr Protest gegen die geplante und heftig umstrittene Fernwärmeleitung des Energieversorgers Vattenfall.

Gut 200 Bäume sollten eigentlich in Altona für diese Trasse gefällt werden. Doch die Baumbesetzer können wohl jetzt erst einmal wieder von den Bäumen klettern. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) entschied in dem Rechtsstreit zwischen Umweltverbänden und Stadt auf eine aufschiebende Wirkung des Verfahrens - und kassierte damit faktisch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Auch wenn die ausführliche Begründung noch nachgeliefert wird, sie bedeutet schon jetzt einen Baustopp für viele Monate. Denn ab dem 15. März dürfen aus Naturschutzgründen Bäume bis zum Herbst nicht mehr gefällt werden. Und keine Partei in diesem Streit rechnet ernsthaft damit, dass im sogenannten Hauptsacheverfahren vorher eine Klärung vor Gericht zustande kommt. Mitunter dauern solche Verfahren etliche Monate oder sogar Jahre. "Das Thema Baumfällen ist damit durch", sagte gestern BUND-Sprecher Paul Schmid. Auch von der Linken kam Jubel: "Die geplante Trasse ist die Bestrafung eines Stadtteils, und die GAL versucht, Hamburger Meister im Baumfällen zu werden. Die OVG-Entscheidung könnte diesem neuen Hobby ein Ende bereiten", so der Altonaer Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch.

Die Stadtentwicklungsbehörde von GAL-Senatorin Anja Hajduk gab sich gestern zunächst zurückhaltend: "Wir müssen erst die Begründung abwarten", sagte Behördensprecher Enno Isermann. Die neue Lage schaffe aber Raum, um mit Vattenfall über Alternativen zu verhandeln. Auch Vattenfall wollte gestern noch keine neuen Pläne verkünden. Man werde erst die Begründung abwarten und sie prüfen, hieß es dort.

Tatsächlich ist die Gefechtslage in diesem Fall nicht ganz einfach. Der Protest gegen die Trasse ist immer auch Protest gegen das Kohlekraftwerk Moorburg, das 2012 in Betrieb gehen soll. Auch die GAL votierte wegen der CO2-Abgase gegen das Kraftwerk, konnte eine Genehmigung aber auch als Regierungspartei nicht verhindern. Das Kraftwerk hätte das Potenzial, nicht nur Strom zu produzieren, sondern zusätzlich rund 280 000 Wohneinheiten mit Wärme zu versorgen. Mit der Leitung von Moorburg nach Altona sollten zunächst 180 000 Einheiten angeschlossen werden - und damit sollte gleichzeitig das alte Kraftwerk Wedel ersetzt werden, das dann wohl abgeschaltet wird. Eine gesamt gesehen ökologische Lösung, wie Vattenfall argumentiert.

Im Rechtsstreit um die Trasse geht es aber nicht um CO2, sondern um Beteiligungsrechte. Die Trasse wurde in einem einfachen Genehmigungsverfahren von der Stadt auf den Weg gebracht. Die Kläger pochen auf ein umfangreiches Planfeststellungsverfahren, bei dem ihre Einwände berücksichtigt werden müssen. Sollte das Gericht ihnen recht geben, würde das zwar nicht den Stopp der Fernwärmeleitung bedeuten - aber es könnte die Planung noch weiter hinauszögern als schon jetzt.