Hans-Peter Holzwarth, selbstständiger Unternehmensberater, über den Streit zwischen dem Baukonzern Hochtief und den Architekten.

Hamburg. Im Streit um mögliche Mehrkosten und Verzögerungen beim Bau der Elbphilharmonie schieben sich die Stadt, der Baukonzern Hochtief und die Architekten den Schwarzen Peter hin und her. Heute geht Hochtief in die Offensive und will detailliert darlegen, wer für welche Probleme die Verantwortung trägt. Darüber sprach das Abendblatt mit Hans-Peter Holzwarth, selbstständiger Unternehmensberater und gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Tibor Rode, Lehrbeauftragter für Verhandlungstechnik an der Universität Hamburg.

Abendblatt: Seit Jahren sorgt die Elbphilharmonie für Zoff. Warum?

Hans-Peter Holzwarth: "Der Kardinalfehler war, dass es nie einen Festpreisvertrag gegeben hat. So etwas habe ich in dieser Dimension noch nie erlebt. In einem Festpreisvertrag werden auch Vertragsstrafen vereinbart, und das zwingt den Lieferanten, also die Baufirma, dazu, alles zu tun, um Strafen zu verhindern.

Abendblatt: Die Beteiligten sagen, dass sich angesichts der Einmaligkeit des Projekts kein Bieter auf einen Festpreis einließ. War das nur Taktik?

Holzwarth: Zum Teil sicher Taktik, zum Teil entspricht es aber der Praxis. Man baut auch in Festpreisverträge "Sollbruchstellen" ein, die die Option für Verhandlungen lassen. Das gilt aber nur dann, wenn der Auftraggeber nachweisbar mehr will, als ursprünglich vereinbart.

Abendblatt: Wie den dritten Saal, der nachträglich geplant wurde.

Holzwarth : Genau, dass dadurch Mehrkosten entstanden, kann man Hochtief nicht vorwerfen.

Abendblatt: Im letzten "Nachtrag" hat die Stadt der Baufirma auch 30 Millionen Euro "Einigungssumme" zugestanden, um einen Rechtsstreit über den Berg an Forderungen zu vermeiden.

Holzwarth : Das war verhandlungstechnisch ein grober Fehler der Stadt. Als Verkäufer versuche ich natürlich, die Budgets meiner Auftraggeber aufzudecken. Und wenn die 30 Millionen Euro nur des lieben Friedens wegen anbieten, verlockt das ja geradezu, das weiter auszunutzen.

Abendblatt: In der Tat meldet Hochtief nun schon wieder Mehrkosten und eine Verzögerung von einem Jahr an. Was ist das Ziel?

Holzwarth: Mehr Geld zu bekommen. Das ist sehr durchsichtig. Allein die Tatsache, dass die weiße Haut im Großen Saal laut Hochtief 31 Millionen Euro kosten sollte, die Stadt dann aber einen Anbieter gefunden hat, der das für 15 Millionen macht, zeigt, dass Hochtief mit vollen Händen schöpft.

Abendblatt: Die Opposition sieht die Fehler auch beim Senat.

Holzwarth : SPD und Linkspartei spielen Hochtief in die Hände. Je mehr Druck die auf den Senat machen, desto mehr reibt sich der Konzern die Hände. Von einem geschlossen auftretenden Team der Bürgerschaft kann keine Rede sein.

Abendblatt: Was bezweckt GAL-Fraktionschef Jens Kerstan, wenn er Hochtief als "bösartige Heuschrecke" bezeichnet?

Holzwarth : Eigentlich kann er nur bezwecken, seinem Senat in den Rücken zu fallen, denn so eine Aussage ist Unsinn. Hochtief kann sich freuen.

Abendblatt: Wie ist die verfahrene Situation zu lösen?

Holzwarth: Man muss vor allem den Zeitdruck herausnehmen. Wenn die Baufirma sagt, das Projekt wird später fertig, wenn ihr nicht mehr zahlt, würde ich als Stadt sagen: "Na und? Dann wird es eben 2013 oder 2014. Hauptsache, es kostet nicht mehr."