Falls ihm die aktuellen Menetekel an der Baustellenwand der Elbphilharmonie Bauchschmerzen bereiten, kann er das gut verbergen. Generalintendant Christoph Lieben-Seutter reagiert sehr entspannt auf die jüngste Hochtief-Drohkulisse: "Ja, ich kenne den Brief. Ich halte das für reine Verhandlungstaktik. Vor zwei Wochen hatte man mir gesagt: Fertigstellung Ende November 2011. Auch Hochtief selbst schreibt in dem Brief, dass der aktuelle Verzug nur acht Wochen beträgt. Warum es im zukünftigen Bauablauf länger dauern soll, dafür gibt es keinerlei fundierte Untersuchungen, Begründungen oder Gutachten, deswegen sage ich nichts dazu. Für mich ist wichtig: Die Stadt hat ihre Planungen Ende 2009 abgeschlossen. Wir gehen weiter davon aus, dass wir im Mai 2012 die Eröffnung feiern werden."

Er hat den besagten Brief "ohne besondere Beunruhigung" zur Seite gelegt, "weil ich weiß, wie es in der Baubranche zugeht. Da verdient man das Geld nicht mit Bauen, sondern mit Nachtragsforderungen. Meiner Meinung nach geht es nur darum, Argumente für Vertragsverhandlungen zu sammeln und möglichst viele Forderungen aufzustapeln." Er habe 2008 ein halbes Jahr lang mit solchen Briefen gelebt, bevor die Flut der Mahnungen zwischenzeitlich abebbte. "Jetzt wird der Druck halt wieder größer."

Ungleich schmerzhafteren Druck verspürt der Generalintendant bei der Frage, ob das erste Konzert wie geplant im Mai 2012 stattfinden kann. Der finanzielle Schaden hielte sich derzeit in Grenzen - es gibt außer einer Projekt-Absichtserklärung über 7000 Euro keine rechtsverbindlichen Vereinbarungen mit Orchestern und Künstlern. Aber alle großen Namen sind stets auf etliche Jahre im Voraus verplant. "Am meisten würden natürlich die Hamburger Orchester leiden, die ihre ganzen Planungen darauf abgestellt haben. Und die Eröffnungsphase würde deutlich weniger glamourös, weil die fünf Top-Orchester der Welt mir kaum ein drittes Mal glauben würden."

Ähnliche Probleme hätte er mit Großsponsoren, denn die "wollen planen. Da sind solche Unsicherheiten sehr schädlich. Man wird irgendwann unglaubwürdig." Für sich selbst plant Lieben-Seutter unterdessen verbindlich. "Mein Vertrag geht bis 2015, darin gibt es keine Ausstiegsklausel. Ich würde erst ungeduldig, wenn Sie mir jetzt sagen würden: Die Elbphilharmonie wird erst 2018 fertig."