Künstler, Unternehmen, Verwaltung, Hauseigentümer und Immobilienentwickler sollen einen gemeinsamen Weg für die Zukunft finden.

Hamburg. Frappant, Bernhard-Nocht-Quartier und das Gängeviertel - das sind nur drei Begriffe, die für eine neue Entwicklung stehen: Wie Hamburg mit seiner Stadt als Ort für Raum und Gebäude, mit seinen Bewohnern und mit seiner Zukunft umgeht. Seit Sommer 2009 brodelt dieses Thema hier - wird in erfolgreichen Filmen ("Soul Kitchen") präsentiert und zeigt sich in einer international beachteten Künstlerinitiative, die sich für Denkmalschutz, bezahlbare Kunsträume und soziale Faktoren in der Stadtplanung einsetzt. Jetzt hat der Senat eine umfangreiche Studie dazu vorgestellt.

Unter dem Titel "Kreative Milieus und offene Räume in Hamburg" werden bestehende und zukünftige Kreativquartiere bewertet. Das sind neben den bekannten Szenevierteln wie St. Pauli, Schanzenviertel und Ottensen potenzielle Quartiere in Stadtteilen wie Hammerbrook, Hamm-Süd und Rothenburgsort östlich des Zentrums sowie Wilhelmsburg, Barmbek und das Areal am Großmarkt ("Oberhafenquartier").

Die Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) präsentierte gestern Abend (siehe Bericht unten) die Studie ihrer Behörde mit der Forderung nach "einer Kultur der Offenheit". Das Gutachten mache deutlich, dass kreative Milieus einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit der Stadt leisten würden. Weiter heißt es: "In ihnen zeigen sich besonders gut Veränderungen der Gesellschaft. Hier können auf engem Raum neue Lebens- und Arbeitsformen und Ideen für neue Produkte und Dienstleistungen entwickelt werden und voneinander profitieren."

Von Altona bis Hamm - hier liegen Hamburgs kreative Potenziale

Die inhaltliche Kernaussage der Studie weist der zukünftigen Stadtentwicklung neue Wege: "Kreative Milieus haben durch ihre Sichtbarkeit im Stadtraum eine hohe Bedeutung." Ihre Entstehung sei von einer Vielzahl von Faktoren ("Akteurskonstellationen") abhängig. Weiter heißt es, dass die Entstehungsfaktoren "weit über die klassischen städteplanerischen und immobilienwirtschaftlichen Werkzeuge hinausgehen". Das würde eine neue Stadtplanung bedeuten, in der zum Beispiel das bisherige Höchstgebotsverfahren bei der Vergabe von Grundstücken nicht mehr angewendet werden könnte.

Die Studie, die das Berliner Büro "Studio Raumplanung" von Klaus Obermeyer für die Stadtentwicklungsbehörde erarbeitet hat, proklamiert die "Offene Stadt Hamburg" und schreibt derselben ins Stammbuch, sich auf einen gemeinsamen Nenner zu einigen, wenn man sich als kreative Stadt profilieren will.

Mit diesem Nenner müssten sich sowohl die Kreativen als auch die Unternehmen, die städtischen Verwaltungen, die Eigentümer und die Immobilienentwickler identifizieren. Forderungen, die auch im viel diskutierten Manifest "Recht auf Stadt" anklingen. Hinter der "offenen Stadt Hamburg" steht laut Studie die "Verzahnung von Offenheit und (Spiel-) Raum als wichtiges Handlungsfeld einer künftigen Stadtentwicklung, die kreative Räume und Milieus als Ressource für städtische Innovation integriert". Als "praktische Lösung" bietet die Studie sechs Handlungsfelder an. Neue Flächenpolitik, nutzerorientierte Infrastrukturen, dynamische Entwicklungsverfahren, rechtliche Rahmenbedingungen, Finanzierung und Förderung sowie Kommunikation und Kooperation.

Angesichts dieser Vielzahl von Forderungen mutet die Bewertung der Studie von Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) etwas matt an. Sie schlussfolgert: "Das vorliegende Gutachten trägt dazu bei, unsere Ziele mit einer nachhaltigen Stadtplanung in Einklang zu bringen." Karin von Welck wies auf die neue "Kreativagentur" des Senats hin, die neue Flächen erschließen soll und Kreative bei der Suche nach geeigneten Immobilien unterstützen soll.