In Altona gibt es etliche Fronten in diesem Jahr: Nicht nur um das Möbelhaus - auch um die Fernwärmetrasse.

1. Abstimmung über Ikea

Hamburg. Selten dürfte ein Bezirks-Streit zu so viel hamburgweites Interesse geführt haben: Noch einige Tage, bis zum 19. Januar, stimmen die Bürger in Altona bei einem Bürgerentscheid über eine geplante Ikea-Ansiedelung an der Großen Bergstraße ab. Schon jetzt zeichnet sich eine Rekordbeteiligung ab: Gut 56 000 (rund 30 Prozent) der rund 186 000 Wahlberechtigten haben laut Bezirksamt bereits ihre Unterlagen zurückgeschickt. Für Ikea ist das wie der Elchtest für Autos: Bleibt das Projekt in der Spur oder kippt es? Nur bei einer "deutlichen Mehrheit" will Ikea tatsächlich bauen und den 70er-Jahre-Waschbeton-Komplex Frappant (Ex-Karstadt) dazu abreißen. Das Ikea-Möbelhaus soll das erste seiner Art mitten in einer Fußgängerzone sein. Doch über die Ansiedelung wird heftig gestritten: Ikea-Gegner behaupten, dass damit ein Autobahn-Zubringer gebaut wird. Die Verwaltung dementiert: Ein Zubringer sei geplant, aber weiter weg und zur Erschließung eines neuen Stadtteils am Bahnhof (siehe 2.). Tatsächlich ist diese Straßenplanung nichts Neues, über die 1,7 Kilometer lange Straße wird immer wieder im Zusammenhang mit der Fernbahnhof-Verlegung nach Diebsteich berichtet. Die Ikea-Gegner streben mit einer Unterschriftenliste zudem einen zweiten Bürgerentscheid über Ikea an, der das Projekt zum Fallen bringen könnte: Termin wäre im Mai - zu spät für den Ikea-Konzern, der nur noch bis Februar ein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag hat. Es gibt Spekulationen, dass der Senat das Vorhaben nach einen positiven Bürgerentscheid am 19. Januar übernimmt. Ein zweiter Bürgerentscheid wäre dann wirkungslos.

2. Neuer Stadtteil, alte Halle

Lange wird darüber schon diskutiert, in diesem Jahr sollen wichtige Weichen gestellt werden: Mit der Verlegung des Fernbahnhofs Altona zur S-Bahnstation Diebsteich soll im Herzen Altonas ein komplett neuer Stadtteil gebaut werden: 1000 neue Wohnungen könnten dort gebaut werden, schätzt das Bezirksamt. 2016, so der Zeitplan, könnte Baustart sein. Als Relikt möchte der Bezirk eine alte Güterbahn-Halle erhalten - um sie wie die Fischauktionshalle für Veranstaltungen nutzen zu können.

3.-6. Neues an der Elbmeile
2010 wird für die Altonaer Elbmeile ein interessantes Jahr, da dort jetzt die letzten Projekte der sogenannten Perlenkette das alte Hafenareal schließen werden: Voraussichtlich Ende des Jahres kann der Luxus-Wohnturm "Kristall" (3) im Holzhafen bezogen werden: 37 Eigentumswohnungen ab 167 Quadratmeter, ein gläserner Fahrstuhl und viel Elbblick. Ob ein zweiter Wohnturm (4) etwas weiter elbabwärts gebaut wird, ist indes noch strittig. Die Bezirkspolitik strebt für das Projekt des Unternehmens Aug. Prien einen neuen Bebauungsplan an. Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose will den alten aber lieber gelten lassen - ein Turm wäre dann nicht möglich. Der Verwaltungschef fürchtet angesichts der "vielen Fronten" von Ikea bis Schanze einen neuen Streit und neue Bürgerentscheide. "Man darf den Leuten auch nicht zu viel zumuten", sagt er. Ein weitere Baustelle an der Elbkante von Altona sind zwei alte Kühlhallen der Fischmarkt Altona GmbH (5) Sie sollen durch Neubauten ersetzt werden, geplant ist unter anderem ein Hotel. In diesem Jahr dürfte der Architektur-Wettbewerb entschieden werden. Eine Entscheidung wird in diesem Jahr auch über den Abriss der alten Seefahrtschule (6) erwartet. Dort plant die Rickmers-Reederei ein neues Bürogebäude samt öffentlicher Gastronomie. Über das Vorhaben wird zwar schon lange diskutiert, eine letzte Entscheidung steht aber laut Bezirksamt noch aus.

7. Neues Terminalgebäude

Konkret ist die Entscheidung indes für ein Abfertigungsgebäude am neuen Kreuzfahrt-Terminal in Altona. In diesem Sommer soll Baustart sein. Kosten: rund fünf Millionen Euro. Insgesamt wird das komplett neue Terminal auf dem Gelände der früheren England-Fähre etwa 30 Millionen Euro kosten.

8. Soziale Schanze

Der neue Stadtteil Sternschanze ist erst seit Kurzem ein Teil von Altona. Wie in ähnlichen Szenequartieren auch, gibt es hier einen großen Druck auf den Wohnungsmarkt. Der Bezirk Altona erwägt daher eine soziale Erhaltungssatzung: Die Umwandlung in teure Eigentumswohnungen wird dadurch erschwert, und die Mieten könnten, so die Hoffung, unter Kontrolle bleiben.

9. Ferne Wärme, naher Ärger
Eine der zahlreichen Konfliktpunkte im Bezirk ist die Fernwärmeleitung zum Vattenfall-Kraftwerk Moorburg. Ein großer Teil der Leitung soll durch den Grünzug Altonas geführt werden. Etliche Bäume werden dazu gefällt, weit mehr aber auch neu gepflanzt. Doch Anwohner protestieren scharf. Junge Umweltschützer haben sogar Bäume besetzt und campieren dort. Voraussichtlich schon ab 15. Januar könnten die Fällarbeiten und damit der große Ärger starten. Allerdings will der Energiekonzern Vattenfall noch eine Gerichtsentscheidung abwarten.

10. Sparen in Blankenese

Wie alle Bezirke, muss Altona in den kommenden Jahren sparen. 2,6 Millionen Euro insgesamt in fünf Jahren. Geschehen soll das durch eine Umorganisation und Stellenkürzungen. Geplant ist daher, das Kundenzentrum Blankenese zu schließen: Um einen Personalausweis zu beantragen, bleibt dann nur der Weg bis ins Zentrum von Altona.

11. Bauen im Buchenhof

Bei einem Bürgerentscheid hatte eine breite Mehrheit gegen die Bebauung des Buchenhofwald-Areals an der Osdorfer Landstraße in Iserbrook (etwa 66 Genossenschafts-Wohnungen, Baukosten: 3,2 Millionen Euro) gestimmt. Problem: Der Bezirk hatte schon vorher einen positiven Vorbescheid erteilt. Anfang dieses Jahres müsste nun der Senat entscheiden, wie es weitergeht. Mit dem Fällen der Bäume dürfte wegen der Schonzeit aber nicht vor November begonnen werden.

12. Neues Zentrum für Lurup

Eigentlich sollte schon 2009 hier Baubeginn sein, nun hofft der Bezirk auf dieses Jahr: Am Eckhoffplatz 52 will die Lurup Center GmbH für 7,7 Millionen Euro ein Einzelhandelszentrum bauen. Vom Bezirk gab es jetzt mit dem Vorbescheid grünes Licht.

13. Kaufen im Kaufland

An der Stresemannstraße 300 in Bahrenfeld plant ein Investor für rund 11,8 Millionen Euro einen großen Supermarkt (Kaufland). Noch gibt es aber keine Genehmigung.

14. Schöner Wohnen in Rissen

Am Herwigredder (ehemaliges evangelisches Studienseminar) werden gerade rund 60 Eigentumswohnungen und Doppelhäuser gebaut. Übergabe ist in Kürze. Ein geplantes neues Wohngebiet mit etwa 230 Wohneinheiten nördlich des Krankenhauses in Rissen kommt indes nicht voran. Noch ist strittig, wer eine neue S-Bahn-Brücke zur Erschließung des Areals bezahlt.

15.-18. Eigentumswohnungen

Zwischen Othmarschen und Altona-Altstadt sind derzeit etliche Eigentums-Projekte im Bau oder in Planung:

Othmarschen, Othmarscher Kirchenweg (15) (ehemaliges Krankenhausgelände): Bauträger Garbe baut dort 99 Wohnungen.

Bahrenfeld Friedensallee (16): 50 Eigentumswohnungen und ein Bürogebäude sind dort fast fertig.

Ottensen, Arnoldstraße 6-14 (17): Für rund drei Millionen Euro baut dort die Entwicklungsgesellschaft Arnoldstraße 46 Eigentumswohnungen.

Ottensen, Arnoldstraße 20 (18): Der Altonaer Spar- und Bauverein baut hier vier Wohnhäuser mit 32 Eigentumswohnungen.

19. Neues Jessenquartier

Mit etwas zeitlicher Verzögerung soll in Altona-Altstadt im Dreieck zwischen Funkstraße, Jessenstraße und Mörkenstraße ein neues Wohnquartier gebaut werden. Geplant sind 162 Wohnungen, Kosten: rund 7,6 Millionen Euro. Bauträger ist die cds Wohnbau Hamburg.

20. Studenten-Wohnheim

An der Stresemannstraße 213 plant die Youniq AG den Bau eines neuen Studentenwohnheims mit rund 420 Wohnungen.

21. Konjunktur im Klövensteen

Für ein neues Betriebsgebäude des Wildparks im Klövensteen gibt es Geld aus dem Konjunkturprogramm des Bundes. Baustart soll im Frühjahr sein.

22. Sternschanzenpark

Der Sternschanzenpark soll in diesem Jahr für rund 450 000 Euro grundüberholt werden.

23. Altonale einmal anders

Das beliebteste Volksfest in Altona, die "altonale", soll in diesem Jahr zweigeteilt werden. Die Spaßparade wird vom eigentlichen Kulturfestival (Anfang Juni) getrennt und auf Anfang September verlegt werden. Die letzte Entscheidung steht noch aus.

24. Künstler auf der Suche
Rund 130 Künstler haben noch im Frappant-Gebäude an der Großen Bergstraße ihre Ateliers. Sollte das Gebäude für Ikea (siehe 1) abgerissen werden, plant der Bezirk im benachbarten Forum für rund eine Million Euro eine "Kulturetage". Für viele Künstler ist die Miete dort aber zu teuer, daher verhandeln die Behörden derzeit über weitere Ausweichquartiere.

Teil 1 der Serie: Bezirk Mitte

Teil 2 der Serie: Bezirk Eimsbüttel

Teil 3 der Serie: Bezirk Harburg

Teil 4 der Serie: Bezirk Nord

Teil 5 der Serie: Bezirk Bergedorf

Teil 6 der Serie: Hafen und HafenCity

Teil 7 der Serie: Bezirk Wandsbek