Rolf Salo, Vorsitzender der Liberalen, unterstützt Vorstoß des SPD-Chefs. Der Vorwurf: Landesregierung ignoriert kleine Firmen.

Hamburg. "Das ist der wirtschaftsfeindlichste Senat seit 1949." Mit dieser Aussage im Abendblatt-Interview hatte Hamburgs SPD-Chef Olaf Scholz gestern für Aufsehen gesorgt. Die Reaktionen aus Wirtschaft und Politik sind höchst unterschiedlich: Zustimmung, Widerspruch, Schweigen. "Das ist zumindest der schlechteste Senat, was die Führung öffentlicher Beteiligungen angeht", sagt Hamburgs FDP-Vorsitzender Rolf Salo. "Bei der HSH Nordbank ist die Politik als Unternehmer haarsträubend gescheitert, und die Beteiligung an Hapag-Lloyd kostet den Steuerzahler viel Geld." Als "wirtschaftsfeindlich" wolle er den CDU/GAL-Senat zwar nicht bezeichnen, aber: "Den großen Firmen läuft die Regierung hinterher, aber gegenüber kleinen und mittelständischen Unternehmen, die die Stadt ja gerade aus der Krise führen sollen, verhält sich der Senat ignorant", so Salo, der selbst Unternehmer ist. Die gegenüber dem Umland deutlich höhere Gewerbesteuer führe zum Abwandern von Betrieben, auch die Firmenpflege komme zu kurz. Das lastet der FDP-Chef weniger Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) an, als dem Zuschnitt seiner Behörde. "Dieses Resort ist permanent gestutzt worden, es müsste aber gestärkt werden", sagt Salo.

Das Interview mit Olaf Scholz im Wortlaut

Scholz hatte von Wirtschaftsvertretern berichtet, die ihm gegenüber klagen, dass vieles schieflaufe in Hamburg. Die Entwicklung des Hafens komme nicht schnell genug voran, ebenso die Elbvertiefung, auch das Senatskonzept "Hafen finanziert Hafen" funktioniere langfristig nicht. "Investoren aus aller Welt", so der SPD-Chef, beklagten sich, dass sie von der Stadt erst angelockt, dann aber verprellt würden. Auch der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne hatte kürzlich offen Kritik geäußert, vor allem mit Blick auf die hohen Preise der mehrheitlich städtischen Hafengesellschaft HHLA. Die schadeten dem Standort massiv, es fehle an Wettbewerb. Mittlerweile sollen die Preise sinken.

Einige Unternehmer bestätigten diese Kritik auf Abendblatt-Nachfrage. "Knackige Anschuldigungen gegen die Hamburger Finanz- und Wirtschaftspolitik gibt es seit eh und je. Im Hinblick auf das jetzige Parteienbündnis wird es aber augenfällig, dass sich Fehlentscheidungen häufen und das - sonst so souveräne - Hamburger Augenmaß verloren gegangen ist", sagte Christian Pfaff (44), freier Creative Director und Mitgründer der Hamburger Werbeagentur Pepperzak. "Die Krise der HSH Nordbank, das Festhalten am Gewerbeflächenneubau bei gleichzeitig massivem Leerstand, unüberlegte Kürzungen im Sozialbereich, verfehlte Stadtentwicklung. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Mir ist dabei nicht wohl."

"So dramatisch sehe ich das nicht", sagte hingegen Kaffee-Kaufmann Albert Darboven. "Allerdings sollte der Senat in sich gehen und einige Korrekturen vornehmen." Impulse erwarte er vor allem bei der Energieversorgung und der Elbvertiefung, dem Garanten für Arbeitsplätze. Und in Sachen Schulreform und Bildung müsse es rasch Klarheit geben. "Das ist extrem wichtig für die Zukunft der Stadt." Zudem müsse die Vergabe von Baugenehmigungen erleichtert werden. "Sonst ziehen immer mehr Hamburger in den Speckgürtel, zum Beispiel nach Holstein. Es gibt also viel zu tun."

Während sich viele Firmen und Unternehmensverbände zu dem brisanten Thema nicht äußern wollten, bezog Handelskammer-Präses Frank Horch vorsichtig Stellung. "Ich begrüße grundsätzlich, dass auch seitens der Opposition der Wirtschaft eine so zentrale Bedeutung für die Entwicklung in unserer Stadt zugemessen wird", sagte er mit Blick auf die Äußerungen des SPD-Vorsitzenden. Horch: "Mit dem schwarz-grünen Senat besteht ein grundlegender Konsens in den großen wirtschaftspolitischen Fragen. Positiv hervorheben möchte ich insbesondere die Hafenentwicklung, die Maßnahmen zur Abmilderung der Wirtschaftskrise und die energiepolitischen Weichenstellungen."

Ein klares Lob für Schwarz-Grün hatte hingegen Stephan Rebbe, Inhaber der Werbeagentur Kolle Rebbe, parat. "Die Kreativwirtschaft kann sich über die Zusammenarbeit wirklich nicht beschweren, ganz im Gegenteil", sagte er dem Abendblatt. "Der Senat tut alles, um uns zu unterstützen und uns das Gefühl zu geben, dass wir wichtig sind." Er fühle sich eng an die Politik und die Branche betreffende Entscheidungen angeschlossen. Und die Betroffenen? Sowohl die Wirtschaftsbehörde als auch CDU und GAL teilten auf Nachfrage nur mit, dass sie die Äußerungen des SPD-Chefs nicht kommentieren möchten.