Bis 2050 wird es womöglicheinen Temperaturanstieg um zwei Grad geben. Sturmfluten werden in Hamburg deutlich höher ausfallen.

Weihnachtsmarkt-Eröffnung bei 13 Grad in Hamburg, Biergarten statt Glühwein bei 22 Grad in München - November 2009 in Deutschland. Und - so sieht es Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) - ein deutlicher Hinweis für das sich verändernde Klima. Gemeinsam mit Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen stellte sie gestern im Rathaus den ersten "Klimabericht für die Metropolregion Hamburg" vor, der unter der Leitung des Klima-Campus Hamburg entstanden ist. Auf 400 Seiten sind darin alle relevanten Erkenntnisse über die bisherige und künftige Entwicklung des Klimas im Raum Hamburg und der umliegenden norddeutschen Region zusammengefasst und wertet sie unter den Aspekten Küstenschutz, Artenvielfalt, Landwirtschaft und Tourismus aus.

Der vorgelegte Bericht liefert erstmals verlässlich Schätzungen zu den zu erwartenden Klimaveränderungen der kommenden 100 Jahre. Danach beschreiben alle Szenarien bis Mitte des Jahrhunderts einen Temperaturanstieg um rund zwei Grad im Jahresmittel, bis Ende des Jahrhunderts um gut drei Grad Celsius. Jüngste Ergebnisse weisen sogar auf bis zu fünf Grad hin. Die Regenmenge wird kontinuierlich weiter zunehmen, die Hauptregenzeit sich aber vom Sommer in den Winter verschieben. Das hat zur Folge, dass weniger Regenwasser verdunsten kann, der im Winter gesättigte Boden weniger Wasser aufnehmen und so die Zahl der Überschwemmungen zunehmen kann.

Sturmfluten werden nach Berechnungen der Experten in Hamburg deutlich höher ausfallen. Bäume wie Fichte und Kiefer könnten künftig als Risikobaumarten eingestuft werden, während beispielsweise Hainbuche und Sommerlinde von einem wärmeren Klima profitieren. Auch auf den Obstanbau hat der Klimawandel Auswirkungen. So können verlängerte Vegetationsperioden und steigende Temperaturen zum Anbau neuer Apfelsorten führen. Die wärmeempfindliche Sorte Holstein Cox könnte vom wärmeunempfindlicheren Braeburn verdrängt werden. Insgesamt halten Experten eine Anpassung des Obst- und Pflanzenbaus an den Klimawandel für notwendig.



Auch ohne Berechnungen, Daten und Statistiken kann jeder Hamburger beobachten, wie sich die Natur verändert, sagte Martin Claußen vom Hamburger Max-Planck-Institut. So beginne die Forsythien-Blüte an der Lombardsbrücke mittlerweile rund vier Wochen früher als noch in den 40er-Jahren. Seit 1945 gibt es die Aufzeichnungen. Die Obstblüte setzt im Schnitt zehn Tage früher ein als noch vor einigen Jahren.

Hartmut Euler vom Kieler Umweltministerium fürchtet, dass Öffentlichkeit und Politik noch immer nicht verstanden haben, wie dringend die Anpassungen an den Klimawandel nötig seien und wie umfassend diese ausfallen müssten. Zwar müsse niemand "direkt mit dem Spaten loslaufen, um den Hochwasserschutz zu verbessern", aber man müsse sich Gedanken darüber machen, was alles vorzubereiten ist.

Schon jetzt müssten hingegen Entscheidungen gefällt werden, was die Energieversorgung oder Investitionen angeht, betonte Martin Claußen. "Ein Kohlekraftwerk ist eine Entscheidung für Emissionen und eine Entscheidung, die Auswirkungen in den kommenden 40 Jahren" haben werde. Auch bei Neubauten oder Investitionen wie zum Beispiel bei der Universität müsse jetzt darüber nachgedacht werden, wie klimafreundlich die Gebäude aussehen sollen und können.