Der Ex-Parteichef hat gegen die Fraktion und für das Schulgesetz gestimmt. In der Partei ist der einstige Hoffnungsträger weitgehend isoliert.

Hamburg. Neumann will Petersen zum Gespräch zitieren. Der frühere SPD-Landeschef Mathias Petersen hat sich in seiner Partei mit seinem Abstimmungsverhalten zum Schulgesetz weitgehend isoliert. Einen Tag, nachdem Petersen für seine Abgeordnetenkollegen überraschend dem schwarz-grünen Schulgesetz zugestimmt hatte, war die Stimmung in der Fraktion auf dem Tiefpunkt angelangt.

"Das war ein Missbrauch eines Sachthemas, nur um das eigene Märtyrertum zu zelebrieren", sagte ein SPD-Abgeordneter. "Mathias Petersen muss sich überlegen, ob er dieser Fraktion noch weiter angehören will", sagte der Sozialdemokrat. "Der Nerv-Faktor ist sehr hoch", sagte einer, der einmal zu den Unterstützern von Petersen gehörte.

Der Ex-Parteichef hatte am Ende der zweistündigen Bürgerschaftsdebatte über das Schulgesetz in einer kurzen Rede erklärt, dass er nicht nur der Einführung der Primarschule, sondern dem gesamten Gesetzespaket zustimmen werde. Damit kündigte Petersen den Fraktionskonsens auf, den die SPD-Abgeordneten nach mühsamer Diskussion am Montagabend gefunden hatten.

Die Abgeordneten hatten sich darauf verständigt, das Schulgesetz insgesamt abzulehnen, obwohl mindestens zehn der 45 Fraktionsmitglieder grundsätzlich für die Primarschulidee sind. Der Kompromiss sah unter anderem vor, dass die Primarschul-Befürworter bei der Einzelabstimmung dafür votieren.

"Wir haben lange diskutiert und uns schließlich auf unser Abstimmungsverhalten verständigt", sagte Fraktionschef Michael Neumann. "Daran haben sich nicht alle gehalten. Und darüber werden wir intern reden." Außer Petersen war auch Thomas Böwer, der sich in der Endabstimmung enthalten hatte, vom Kurs abgewichen. Nach Abendblatt-Informationen will Neumann Petersen und Böwer zu Einzelgesprächen bitten.

Dennoch gilt als wahrscheinlich, dass Petersen und auch Böwer keine unmittelbaren Konsequenzen drohen. Den Strategen in Fraktion und Partei ist klar, dass jede Maßregelung eine Eskalation der Lage zur Folge hätte. Seit dem Stimmzettelklau 2007, der Petersen um die Bürgermeisterkandidatur brachte, ist das Verhältnis zwischen ihm und Teilen der Partei zerrüttet. Mehrfach lag Petersen quer zu den Beschlüssen seiner Fraktion. Das war zum Beispiel schon einmal bei der Abstimmung über die finanziellen Mehrbedarfe für die Elbphilharmonie der Fall.

Viele Abgeordnete kritisieren, dass sich Petersen selbst immer mehr in eine Außenseiterrolle gebracht hat. "Er lässt sich kaum in die Fraktionsarbeit einbinden", sagte einer. Und die Empörung ist gerade bei den jungen Parlamentariern groß, die die alten Grabenkämpfe beenden wollen. Manch einer glaubt auch, dass der Ex-Parteichef kaum noch Chancen hat, in der Partei auf wichtige Posten gewählt zu werden. "Er hat sich selbst aus einer SPD-Umlaufbahn in den Funktionärs-Orbit befördert", sagte ein Sozialdemokrat.

Petersens Alleingang wird auch den designierten Parteichef - Noch-Arbeitsminister Olaf Scholz - kaum erfreuen. Scholz hatte erklärt, dass er seine Kandidatur mit der Erwartung verknüpfe, dass alle nach dem desaströsen Bundestagswahlergebnis an einem Strang ziehen und Geschlossenheit zeigen. Nur zehn Tage nach der Bundestagswahl kann davon schon keine Rede mehr sein. Sowohl Scholz als auch Petersen wollten sich gestern nicht äußern.