Am Tropf der Steuerzahler: Der Rechnungshof wirft der Hamburg Media School vor, öffentliches Geld über Gebühr beansprucht zu haben.

Hamburg. Wenn Medienpolitiker und Medienunternehmer über den Medienstandort Hamburg sprechen, erzählen sie gerne, dass er wohl bald wieder an Bedeutung gewinnen wird. Optimistisch stimmt sie, dass es gelungen ist, namhafte Bildungseinrichtungen der Branche anzusiedeln, allen voran die Hamburg Media School (HMS). Dieses Institut gilt als Musterbeispiel einer Public Private Partnership, ist also eine Institution, die sowohl vom Staat als auch von der Privatwirtschaft getragen wird. Hier werden Medienmanager, Journalisten und Filmemacher ausgebildet. Sie sollen, so das Kalkül, während ihrer Ausbildung Hamburg schätzen lernen und später als Führungskräfte der Medienindustrie den Medienstandort in neuem Glanz erstrahlen lassen. So weit die Theorie.

Die Praxis sieht etwas anders aus: Laut des aktuellen Jahresberichts des Hamburger Rechnungshofs hängt die HMS am Tropf der Steuerzahler. Von einer Public Private Partnership kann nicht ernsthaft die Rede sein. Eine wirkungsvolle Kontrolle der verwendeten Mittel durch die zuständige Behörde für Wissenschaft und Forschung hat es in der Vergangenheit offenbar kaum gegeben. Die ursprünglich geplante Zahl der Studierenden konnte nie erreicht werden. Schlimmer noch: Seit 2007 ist ihre Zahl rückläufig. "Notwendig ist nicht nur die Überprüfung und Beschreibung des öffentlichen Interesses an der HMS", schreiben die Rechnungsprüfer, "sondern auch eine umfassende Erfolgskontrolle der bisherigen Arbeit."

Dabei hatte der Senat hochfliegende Pläne, als er 2002 die HMS als Hochschule für Film, Fernsehen und Neue Medien projektierte, die zu einem praxisnahen Master-Abschluss führen sollte. In den ersten Jahren wollte die Stadt 50 Prozent der Kosten tragen. Die übrigen 50 Prozent sollten in der HMS-Stiftung organisierte Hamburger Medienunternehmen aufbringen. Vorgesehen war, den Anteil von Stadt und HMS-Stiftung ab 2008 auf jeweils 40 Prozent abzusenken. 20 Prozent sollten durch Studiengebühren gedeckt werden.

Tatsächlich bestritt die HMS in den Jahren 2008 und 2009 ihren Etat zu 60 Prozent aus öffentlichen Geldern, zu 16 Prozent aus Studiengebühren und nur zu 24 Prozent aus Zuwendungen der Privatwirtschaft. Insbesondere bei Medienunternehmen scheint das Interesse an der HMS erloschen zu sein: 2009 steuerte die HMS-Stiftung nur ganze 305.000 Euro bei, was 7,7 Prozent des Etats der Hochschule entspricht. Nur dank zusätzlicher Spenden konnte der Privat-Anteil auf knapp 25 Prozent gesteigert werden.

Über die Höhe der Mittel, die der HMS zur Verfügung stehen, machte man sich lange Zeit Illusionen. So wurden noch in der Haushaltsplanung 2007/2008 die Studiengebühren für 2008 mit 1,9 Millionen Euro veranschlagt. Tatsächlich waren es nur 580.000 Euro. Offenbar verschleierte der Senat die finanziellen Probleme der HMS. In einer Bürgerschaftsdrucksache vom 29. August 2008 teilte er mit, die privaten Mittel hätten den vereinbarten 40-Prozent-Anteil am Etat der Schule bereits überschritten. Dabei deklarierte er zweckgebundene Drittmittel und Sachleistungen wie Freianzeigen unerlaubterweise als private Spenden, wie der Rechnungshof moniert. Zudem wurden die Zuwendungen der sich im Wesentlichen aus öffentlichen Geldern speisenden Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein vom Senat ebenfalls als Privatmittel verbucht.

Die Kontrolle der HMS durch die Wissenschaftsbehörde war laut Rechnungshof unzureichend. Sie habe der Schule unerlaubterweise sogenannte "Vorauszahlungsbescheide" erteilt, also Gelder ohne vorherige Prüfung der tatsächlich benötigten Mittel ausgezahlt. Zudem sei das "Besserstellungsverbot" nicht hinreichend beachtet worden. Es regelt, dass in Unternehmen, die im Wesentlichen mit öffentlichen Geldern finanziert werden, keine höheren Gehälter gezahlt werden als in staatlichen Betrieben. Des Weiteren kritisiert der Rechnungshof, dass die Behörde ihm nicht von sich aus die Geschäftsberichte der HMS zukommen ließ. Auch sollen die Mitglieder des HMS-Aufsichtsrats sich selbst entlastet haben.

Noch 2008 gab der Senat die vorgesehene Zahl der Studienplätze an der HMS mit 150 an. Im selben Jahr ging ihre Zahl von 110 auf 108 zurück. 2009 gab es noch 100 Studierende an der HMS. Der Rückgang betrifft nur die gebührenpflichtigen Studiengänge Medienmanagement und Journalismus. Die Fachrichtung Film, für die keine Studiengebühr erhoben wird, ist nicht betroffen. Der einst vom Filmemacher Hark Bohm gegründete Studiengang wurde 2004 von der Universität an die HMS verlegt. Er gilt als Aushängeschild der Schule. Zuletzt gewannen seine Studierenden den Studenten Oscar.

Gestern Nachmittag tagte der HMS-Aufsichtsrat. Erstmals nahm an der Sitzung die neue Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt teil. Sie soll HMS-Geschäftsführerin Insa Sjurts aufgefordert haben, die Finanzen ihres Instituts in Ordnung zu bringen. Die Stadt sei nicht länger bereit, den Fehlbetrag auszugleichen, der durch den Mangel an privaten Geldgebern verursacht werde. Für die HMS brechen ungemütliche Zeiten an.