Im Haushalt klafft eine Lücke von einer halben Milliarde Euro. Der Bürgermeister will Schwarz-Grün auf einen Sparkurs einschwören.

Hamburg. Hamburgs Haushaltslage ist offensichtlich noch viel dramatischer als bislang angenommen. Nach Informationen des Abendblatts klafft im Betriebshaushalt des kommenden Jahres eine Lücke von einer halben Milliarde Euro. Bürgermeister Ole von Beust und Finanzsenator Carsten Frigge (beide CDU) wollen die Abgeordneten der schwarz-grünen Koalition heute auf einen harten Sparkurs einschwören.

Die Details sollen am Morgen auf eilig einberufenen Sondersitzungen der beiden Regierungsfraktionen von CDU und GAL präsentiert werden. Anschließend wollen von Beust und Frigge der Öffentlichkeit berichten. Nach Informationen des Abendblatts hat der Finanzsenator seine Senatoren-Kollegen schon angewiesen, in ihren Behörden nach Einsparmöglichkeiten zu suchen.

Die Rede ist von strukturellen, also dauerhaften Kürzungen des Etats. Vermutlich wird das Rasenmäher-Prinzip angewendet. Das bedeutet, dass alle Behörden entsprechend ihrem Anteil am Gesamtetat herangezogen werden. So sollen Diskussionen über Ausnahmen vermieden werden. Geplant ist, dass die für Dezember vorgesehenen Abschlussberatungen der Bürgerschaft über den Doppelhaushalt 2011/12 auf das Frühjahr verschoben werden.

Die Verschiebung gibt Frigge, der erst seit knapp zwei Monaten im Amt ist, die Gelegenheit, sich noch tiefer in die komplexe Materie des Haushalts einzuarbeiten. Von Beust signalisiert mit dem heutigen Doppel-Auftritt zugleich, dass er zu Frigge steht. Wie berichtet, laufen gegen den Finanzsenator Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Mainz wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue. Vor drei Wochen hatte eine Hausdurchsuchung in Frigges Privatwohnung im Stadtteil Rotherbaum für Wirbel gesorgt.

Der Finanzsenator wird seine volle politische Handlungsfähigkeit benötigen, um den rigiden Sparkurs durchzusetzen, der jetzt offensichtlich erforderlich ist. Rückblick: Bereits im November des vergangenen Jahres hatte sich Schwarz-Grün auf ein Sparkonzept bis 2013 verständigt. Damals war aufgrund der erwarteten Steuermindereinnahmen eine Haushaltslücke von sechs Milliarden Euro für diesen Zeitraum prognostiziert worden.

Der Betrag soll über Kredite finanziert werden, deren Zinsen jedoch aus Einsparungen im Betriebshaushalt erbracht werden sollen. Das allein bedeutet eine jährliche Minderausgabe in Höhe von durchschnittlich 150 Millionen Euro. Hinzu kamen weitere 100 Millionen Euro jährlich als Verlustausgleich für die Staatsholding HGV, in der die städtischen Unternehmensbeteiligungen zusammengefasst sind.

Eine Folge der Sparbeschlüsse im November ist die Erhöhung der Kita-Beiträge um bis zu 100 Euro pro Monat für einen Teil der Eltern. Diese Erhöhung, die zu heftigen Protesten geführt hat, soll einschließlich weiterer Maßnahmen Mehreinnahmen von 30 Millionen Euro bringen. Auch in den sieben Bezirken regt sich Widerstand, weil dort bis 2014 rund 65 Millionen Euro eingespart werden müssen.

Die Sparaufträge werden nun durch die erneute Lücke von einer halben Milliarde Euro im Betriebshaushalt noch einmal dramatisch erweitert. Völlig unberührt davon sind alle Überlegungen von Schwarz-Grün, die die Investitionen betreffen. Frigge hatte angekündigt, 94 Projekte auf den Prüfstand zu stellen. Dazu zählen unter anderem die Einführung der Stadtbahn, die die Stadt einen dreistelligen Millionenbetrag kosten wird, oder der Bau eines neuen Uni-Campus am Hafenrand (zwei bis vier Milliarden Euro).

Zu einer ersten Einschätzung, was sich die Stadt in Zukunft noch leisten kann, will Frigge auf einer Haushaltsklausur Mitte Juni kommen. Klar ist, dass im Bereich der Investitionen für die Schulreform der Rotstift nicht angesetzt werden soll. Das betrifft Um- und Erweiterungsbauten von Schulen.