Busfahrer und Unternehmer beschweren sich über die aufgestellten Hindernisse in Wilstorf und Rönneburg. Verwaltung reagiert auf Protest.

Harburg. "Ab hier beginnt Tempo 30", "Keine Durchfahrt für schwere Lkw", "Durchfahrt nur für Lkw bis 3,5 Tonnen". Anwohner der Jägerstraße in Wilstorf und der Vogteistraße in Rönneburg haben unzählige Plakate mit ihren Forderungen an Hauswände, Laternenmasten und Baumstämme gehängt. Bezirksverwaltung und Politik in Harburg haben auf die seit Anfang vergangenen Jahres anhaltenden Proteste der Anwohner reagiert.

Inzwischen ist die Straßenverbindung von Harburg ins niedersächsische Meckelfeld in sieben Abschnitten des Hamburger Stadtgebiets für einen Testzeitraum von gut einem Monat mit rot-weiß schraffierten Barrieren derart abgeriegelt, dass große Lastwagen nur unter Anstrengungen durchgelenkt werden können. Selbst mit der Strecke vertraute Fahrer der Hochbahn-Buslinien 141/241 (Harburg-Meckelfeld) sind wegen häufigen Abbremsens, Anfahrens und Slalomfahrt genervt. Wenn in den Bussen während der Hauptverkehrszeit Fahrgäste auch stehen müssen, wird wegen der Fahrmanöver nicht selten geschimpft. Eine Hamburger Ingenieurgesellschaft bemüht sich mit Verkehrszählungen an der Strecke und in angrenzenden Straßen, die Auswirkungen der Hindernisse auf den Durchgangsverkehr festzustellen. Die Auswertung der Daten soll am 19. November beginnen.

Harburgs Baudezernent Jörg Heinrich Penner, Kerstin Liborius (Abteilung Tiefbau) und Abschnittsleiterin Susanne Nissen haben sich die in ihren Positionen noch veränderbaren Absperrungen angesehen. "Nach der Auswertung der Daten ist davon auszugehen, dass dauerhafte Sperren in dem Straßenverlauf installiert werden", sagt Penner. Er weist darauf hin, dass es für die Verwaltung äußerst schwierig ist, in diesem Fall alle Interessen unter einen Hut zu bekommen. Ursprünglich war die Strecke als Hauptstraße eingestuft worden. Erst vor gut 15 Jahren wurde laut Penner auf politischen Beschluss die Tempo 30-Regelung eingerichtet. Und weil entlang der alten Hauptstraße nicht nur Wohnhäuser stehen, sondern im Umfeld auch Gewerbebetriebe angesiedelt sind, laute die Ausweisung im Flächennutzungsplan Mischgebiet und nicht Wohngebiet. Penner: "Alle Anwohner und Nutzer der Region haben dieselben Rechte. Darauf haben wir als Verwaltung zu achten. Die Bedürfnisse der Gewerbebetriebe müssen ebenso berücksichtigt werden wie die der Bewohner."

Als kürzlich für den Versuch die rot-weißen Barrieren an der Jägerstraße nahe Winsener Straße, Mensingstraße und Höpenstraße sowie an der Vogteistraße nahe Radickestraße, Küstersweg, Kanzlerstraße und Wittheck auf die Fahrbahnen geschraubt wurden, schrillten beim Tiefbauunternehmer Weseloh in Rönneburg die Alarmglocken. Juniorchef Niklas Weseloh, 32, sagt: "Unser Spediteur für Schwertransporte lehnte unter den Straßenbedingungen weitere Fahrten für uns ab. Bei einer Testfahrt mussten die Barrieren umgesetzt werden, damit die Zugmaschine mit dem Tieflader und dem Bagger durchfahren konnte." Das Unternehmen existiert seit 1893, beschäftigt etwa 50 Mitarbeiter, und muss etwa einmal im Monat einen großen Raupenbagger über die Straße transportieren lassen. Weseloh: "Der Hersteller des Tiefladers fertigt für die Umfahrung der Barrieren eine Berechnung der sogenannten Schleppkurve an. Die Daten bekommt das Ingenieurbüro für die Planung der künftigen Verkehrsberuhigung." Das nächste Problem: Die Anwohnerinitiative fordert eine Begrenzung auf 3,5 Tonnen. Der Schwertransport bringt 100 Tonnen, verteilt auf zehn Achsen auf die Waage.

"Eine solche Gewichtsbeschränkung würde für uns bedeuten, dass wir unseren Betrieb in der Straße Reller aufgeben müssten", sagt Sebastian Meyer, Prokurist im mit dem Bau von Eisenbahnschienen befassten Unternehmen Vossloh Rail Services. Gut 40 Beschäftigte zählt das Schweißwerk Reller. "Wir planen eine personelle Erweiterung. Mit Gewichtsbeschränkungen gäbe es für uns aber keine Zukunft an dem Standort", sagt Meyer. "Ich wohne selbst nahe der Jägerstraße. Seit dort die Barrieren aufgestellt sind, verlagert sich der Durchgangsverkehr auf Kanzlerstraße und Reeseberg." Das bestätigt Corinna Slaby-Guhr, Geschäftsführerin der Firma Schüthe Druck an der Kanzlerstraße 6. "Ich nutze die Jägerstraße seit dem Aufstellen der Poller nicht mehr. Viel mehr Verkehr als sonst geht über die Kanzlerstraße und Reeseberg."

Alfred Gögel, Inhaber eines Zimmereibetriebs an der Vogteistraße 57, beklagt die nahe der Grundstückszufahrt aufgestellte Barriere. "Da staut sich häufig der Verkehr. Und wir haben nicht selten Schwierigkeiten, auf unser Grundstück zu fahren oder wieder runterzukommen", sagt er. "Oft geben Autofahrer auch schnell noch Gas, um vor dem Gegenverkehr durch das Nadelöhr zu kommen. Oder es wird scharf gebremst und gehupt. Der gleichmäßige Verkehrsfluss ist unterbrochen. Ich sehe allein den Vorteil, dass Autofahrer vermutlich etwas aufmerksamer fahren und vielleicht auch etwas mehr auf die Schulkinder achten." Maja Weihgold, Sprecherin der Hamburger Hochbahn: "Wir geben nach Ende der Testphase unsere Stellungnahme ab. Es gibt schon Verkehrsberuhigung. Die zusätzlichen Hindernisse verstärken das Stop-and-Go."