Politiker machen klar, dass ehemalige Sicherungsverwahrte auch in Zukunft im Stadtteil wohnen sollen. Bürger fühlen sich überrannt.

Moorburg. Die Aussage schlug ein wie eine Bombe. "Wir gehen davon aus, dass das Haus in Moorburg auf Dauer für ehemalige Sicherungsverwahrte genutzt wird", sagte Jan Pörksen, Staatsrat für Arbeit, Soziales, Familie und Integration in der öffentlichen Sitzung des Hauptausschusses der Harburger Bezirksversammlung. Der Senat will - sobald die drei Männer, die jetzt dort einziehen sollen, resozialisiert sind - die nächsten Ex-Sicherungsverwahrten in Moorburg unterbringen.

+++++Kommen Sicherungsverwahrte dauerhaft nach Moorburg?+++++

Wie berichtet , hatte der Senat vor fast drei Wochen seine Entscheidung, drei ehemalige Sicherungsverwahrte in einem Wohnhaus am Moorburger Elbdeich unterbringen zu wollen, bekannt gegeben. In Moorburg fühlen sich die Menschen noch immer überrannt, weil sie nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen wurden, und weil der Senat sie in einer, wie sie sagen, "Nacht- und Nebel-Aktion" vor vollendete Tatsachen gestellt habe. Öffentlich wollen nur wenige ihre Meinung äußern. Bianca Gaube, eine junge Mutter aus Neuwiedenthal, bezieht dagegen Stellung. "Ich bin natürlich nicht begeistert. Der Kleine ist oft hier in Moorburg bei Oma", sagt sie. "Meiner Schwiegermutter gefällt das auch nicht."

Pörksen und sein SPD-Parteikollege Ralf Kleindiek, Staatsrat der Justizbehörde, waren am Dienstag ins Harburger Rathaus gekommen, um zum einen ihre Entscheidung für Moorburg als Unterkunft für die derzeit drei Ex-Sicherungsverwahrten aus Jenfeld zu erläutern. Zum anderen stellten sie sich den Fragen der Harburger Abgeordneten. Beide ließen keinen Zweifel daran, dass der Senat nicht daran denke, die Entscheidung zu revidieren. Fragen der Zuhörer waren nicht zugelassen.

+++++Sicherungsverwahrte nach Moorburg: CDU heizt Streit an+++++

Es war kein leichter Job für Pörksen und Kleindiek, die Entscheidung im Nachhinein den Harburgern plausibel zu machen. Es sei klar gewesen, so Pörksen, dass die Unterkunft für die drei Männer in Jenfeld befristet sei. "Es war auch klar, dass wir keinen privaten Vermieter finden würden", sagte Pörksen. Die Kriterien - Alleinlage, drei separate Wohnungen, Betreuungsmöglichkeiten, Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, soziale Verträglichkeit, ein separates, überschaubares Gebäude und Räumlichkeiten für die Polizeibeamten - hätten die Standortsuche eingegrenzt, so der Staatsrat. "Wir haben uns eine ganze Reihe von Gebäuden angesehen, zum Beispiel in der Altonaer Altstadt, eine Villa direkt an der Autobahnabfahrt Bahrenfeld, Gebäude in Heimfeld, Langenhorn, im Niendorfer Gehege und eine ehemalige Schule in Groß Moor. Am Ende blieb Moorburg übrig", sagte Pörksen.

Für die Immobilie hätten unter anderem aus Sicht des Senats die Tatsachen gesprochen, dass keine Kinder in unmittelbarer Nähe leben, dass die baulichen Voraussetzungen gestimmt hätten, dass es eine Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel gebe und dass der Sanierungsaufwand vertretbar sei.

"Dass der Senat in dieser Sache eine Entscheidung fällen musste, wird in diesem Raum nicht in Frage gestellt. Aber", sagte Ronald Preuß, Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen, "was hätte dagegen gesprochen, die Moorburger und die Bezirksversammlung in den Prozess einzubeziehen. Ich empfinde das als Nichtwertschätzung gegenüber dem Bezirk Harburg". Zudem habe er, so Preuß, das Gefühl, dass "der Senat seine Entscheidung überaus oberflächlich getroffen. Soweit ich weiß, arbeiten die drei Männer im Norden und haben einen Arbeitsweg von insgesamt vier Stunden. Da frage ich mich, was sie unter einer guten Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr verstehen".

Sein Kollege Ralf-Dieter Fischer, CDU-Fraktionschef, wollte von Pörksen und Kleindiek wissen, ob bei der Standortsuche die soziale Verträglichkeit eine Rolle gespielt habe. "Ich kann sagen, dass die Gefahren, die von diesen Personen ausgehen, durch unser Betreuungskonzept auf ein Minimum reduziert werden", sagte Kleindiek. Auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten André Trepoll, räumt der Senat aber ein, dass es in Jenfeld Versuche der drei Männer gegeben habe, die Polizeibeamten abzuhängen.

Heinke Ehlers (Bündnis 90/Die Grünen) wollte wissen, wie es denn zusammenpasse, einerseits "junge Familien mit Kindern nach Moorburg holen zu wollen, um den Stadtteil zu beleben, und andererseits hier ehemalige Sicherungsverwahrte unterbringen zu wollen". Eine klare Antwort gab es auf diese Frage nicht. Die Beteuerungen Kleindieks, das Konzept zur Betreuung der drei Männer halte das Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung so gering wie nur irgend möglich, kam bei der Opposition von CDU, Grünen, FDP und Linke, die bereits in Anträgen den Senat auffordern, seine Entscheidung zu revidieren, nicht recht an. Die SPD-Fraktion hielt sich in der Fragestunde bedeckt. Nur Michael Dose wollte wissen, ob geplant sei, einen vierten Ex-Sicherungsverwahrten in Moorburg unterzubringen. "Nein, das Gebäude ist lediglich auf die Unterbringung von drei Männern geplant", sagte Pörksen.

Die Rolle von Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD), derzeit noch im Urlaub, stößt bei CDU und Grünen auf Unverständnis. Ralf-Dieter Fischer fragte, ob Völsch vom Senat zur Vertraulichkeit aufgefordert worden war, und wie es sein könne, dass ein Bezirksamtsleiter, wenige Tage nachdem er die Information erhalten habe, auf dem Moorburger Schützenfest eine Rede habe halten können, ohne die Menschen zu informieren. "Wir haben Herrn Völsch", so Pörksen, "sehr kurzfristig informiert, und wir haben ihn eindringlich um Vertraulichkeit gebeten".