Bürger lehnen den Bau von 774 statt 450 geplanten Wohnungen in Neugraben-Fischbek ab. Jetzt sorgt die neue Rechtslage für Unstimmigkeit.

Harburg. Bislang ist das Bürgerbegehren, mit dem eine Verdichtung des geplanten Wohnungsbaus auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger-Kaserne in Neugraben-Fischbek von ursprünglich 450 auf 774 Wohneinheiten verhindert werden soll, nicht bei der Bezirksverwaltung im Harburger Rathaus beantragt worden. Aber es gab eine Vorprüfung und eine Ablehnung durch den Dezernenten für Steuerung und Service, Dierk Trispel.

Doch die Ablehnung bringt die Befürworter des Bürgerbegehrens, zu denen Ralf-Dieter Fischer, Fraktionsvorsitzender der CDU in der Harburger Bezirksversammlung, zählt, nicht von ihrer Zielsetzung ab. Fischer: "Wir gehen für eine Klärung in der Angelegenheit gegebenenfalls durch mehrere gerichtliche Instanzen."

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Dierk Trispel, für Rechtsangelegenheiten zuständiger Dezernent im Rathaus: "Seit dem 1. Mai haben wir in Hamburg eine neue Rechtslage für Bürgerbegehren. Es wird im Vorwege festgestellt, ob ein Bürgerbegehren zulässig ist. Im Fall der Röttiger-Kaserne konnte von unserer Seite der Voranfrage zum Antrag nicht zugestimmt werden, weil von der Senatskommission für Stadtentwicklung zu der geplanten Baudichte, zur Zukunft des früheren Bundeswehr-Sportplatzes und inzwischen auch zu Kampfmittelsondierung und Baumbestand eine Entscheidung getroffen worden ist. Somit sind zu allen wesentlichen Punkten des Bürgerbegehrens Entscheidungen getroffen, und es gibt für uns keinen Spielraum mehr für eine Antragsgenehmigung. Für ein Bürgerbegehren müssten neue Ansatzpunkte gefunden werden."

Ralf-Dieter Fischer, als Rechtsanwalt in Neugraben tätig, hat eine etwas andere Rechtsauffassung. Er sagt: "Die Zulässigkeitsprüfung für ein Bürgerbegehren ist durch das von der Bürgerschaft verabschiedete Gesetz zwar nach vorne geschobene, aber inhaltlich bleibt das Bürgerbegehren davon unangetastet."

Für die Bauplanung im Bezirk Harburg sind nach den Worten von Fischer immer noch die Bezirksverwaltung und die Bezirksversammlung zuständig. Und der Bezirk könne doch rein theoretisch sogar wegen der angeblichen Gefährlichkeit der auf dem Kasernengelände vermuteten Kampfmittel und Bombenblindgänger komplett von dem Wohnungsbauvorhaben Abstand nehmen und den B-Plan Neugraben-Fischbek 66 einfach sterben lassen.

Ziel sei es aber nach wie vor, den im November 2009 öffentlich diskutierten Bebauungsplanentwurf mit seinen 450 Wohneinheiten umzusetzen, den Sportplatz zu erhalten und ebenso einen Großteil des alten Baumbestands nicht der Kampfmittelsondierung zu opfern. Die SPD hatte gemäß des neuen Wohnungsbauprogramms eine Erhöhung auf 774 Wohneinheiten durchgesetzt. Aus dem Bundeswehr-Sportplatz würde ein Freizeitgelände mit Regenwasser-Sickerfläche werden. Inzwischen ließe die beschlossene Kampfmittelsondierung nötigenfalls auch das Abholzen aller 2100 Bäume auf dem 55 Hektar großen Gelände zu.

Fischer: "Die Entscheidungen der Senatskommission zum B-Plan Neugraben-Fischbek interessiert uns nicht. Es handelt sich um keine rechtlich verbindlichen Entscheidungen. Die Bezirksversammlung ist Herr des Verfahrens. Und es wird von der Gruppe der Neugrabener Vertrauensleute noch ein Antrag für ein Bürgerbegehren gestellt werden. Es geht dabei nur noch um den richtigen Zeitpunkt. Wir sind fest entschlossen, in der Frage der Bauverdichtung, des Verlusts der Sportplatzfläche und des Baum-Kahlschlags ein Bürgerbegehren einzuleiten."

Nach den Worten von Fischer wird der Antrag zum Bürgerbegehren von der Verwaltung zu prüfen sein, entweder sofort oder nachdem für das Bürgerbegehren die notwendige Anzahl von etwa 3300 Unterschriften gesammelt wurden. Fischer: "Die Verwaltung muss dem Antragsteller einen rechtsmittelfähigen Bescheid erteilen. Im Falle einer Ablehnung wären wir auf die schriftliche Begründung gespannt. Es wäre von Seiten der Antragsteller mit einem Widerspruchsverfahren zu rechnen. Gibt es keine Einigung, wären gerichtliche Entscheidungen durch mehrere Instanzen möglich."