Das historische Gebäude aus dem Jahr 1794 soll erhalten werden. Eine gründliche Sanierung würde bis zu 500.000 Euro kosten.

Hollenstedt. Ein Förderkreis will es vor dem Abriss retten: das Hollenstedter Pfarrwitwenhaus. Ein echtes Schmuckstück im Ort, das letzte reetgedeckte Fachwerkhaus und zugleich Zeitzeuge soll verkauft und saniert werden. Aber bislang hat sich kein Käufer gefunden, der rund eine halbe Millionen Euro in die Sanierung investieren kann oder will. Hans-Heinrich Genz, Makler aus Moisburg, soll das Pfarrwitwenhaus im Auftrag der Erben, zwei Schwestern, die ihre Kindheit in dem Haus verbrachten, verkaufen. Genz: "Es macht überhaupt keinen Sinn, den Interessenten zu verschweigen, dass eine Sanierung, wird sie denn gründlich gemacht, rund 500.000 Euro kosten wird. Und da sagen eben viele, die ich hier durch das Haus führe, dass ihnen das eine Nummer zu groß ist." Zudem hat das Denkmalschutzamt des Landkreises Harburg in Winsen auch ein Wort mitzureden, denn das Haus, Baujahr 1794, steht unter Denkmalschutz.

Inzwischen hat sich ein "Förderkreis Pfarrwitwenhaus Hollenstedt" gegründet, um das Haus, wenn sich kein Käufer finden sollte, doch vor der Abrissbirne zu bewahren. Denn die Erben hatten schon einen Abrissantrag gestellt, weil eben die Aussichten, das Haus doch noch verkaufen zu können, ihnen zu gering erschienen. Auch Genz gehört zum Förderkreis, denn auch in seinen Augen ist das alte Haus ein Kleinod. Förderkreis-Mitbegründer Dr. Berthold Hohmann: "Wir haben auch schon den Versuch unternommen, Professor Wiese vom Kiekeberg-Museum dafür zu begeistern, das Haus abzutragen und im Freilichtmuseum wieder aufzubauen, leider ohne Erfolg. Jetzt arbeiten wir selbst an einem Nutzungskonzept, wenn wir denn als Förderkreis das Haus übernehmen würden."

Öffentliche Nutzungsmöglichkeiten gebe es genügend. Es könnte ein Treffpunkt für die örtlichen Vereine werden. Ein Touristikbüro hätte Platz, Trauungen könnten hier stattfinden, vielleicht könnte sogar ein kleines Museum eingerichtet werden.

Rund 100 Jahre lang, war das Haus im Eigentum der Kirchengemeinde Hollenstedt. Die Gemeinde hatte das Haus für die Witwen ihrer Pfarrer und deren Familien bauen lassen. Der Pastor, auf dessen Anordnung 1690 das erste Pfarrwitwenhaus gebaut wurde, hieß Georg Mathaei. Seine Witwe war die erste Bewohnerin.

1794 dann wurde auf selber Stelle ein neues, das heutige Pfarrwitwenhaus gebaut. Das Haus wurde mit einer befahrbaren Diele als Hallenhaus gebaut. Außer dem Kuhstall gab es einen Wohnbereich, der so großzügig angelegt war, dass auch zwei Witwen mit ihren Familien zur selben Zeit das als Bauernhaus konzipierte Gebäude bewohnen konnten. Außerdem hatte der Amtmann auf der Moisburg, Andreas von Cronheim, ein wenig Land zu dem Pfarrwitwenhaus dazu gegeben. Auf dem Dachboden sind noch heute zwei Einlassungen im Boden zu sehen, wo Korn und Heu gelagert wurden.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Pfarrwitwenhäuser überflüssig, weil für Pfarrer die Rentenregelung eingeführt wurde. Ihre Witwen waren also versorgt. Im Jahr 1888 verkaufte die Kirchengemeinde Hollenstedt ihr Pfarrwitwenhaus am die Hollenstedter Familie Hauschild. Im Ort herrscht einhellig die Meinung, so ein Haus dürfe nicht innerhalb eines Nachmittags in Schutt verwandelt werden. Denn länger dauert es nicht, die mehr als 200 Jahre alte Baukunst dem Erdboden gleich zu machen. Aber es fehlt nicht nur der Kirchengemeinde das Geld, um sich an der Restaurierung des Hauses zu beteiligen.

Auch die Gemeinde dürfte kaum über freie finanzielle Mittel in ihrem Haushalt verfügen. Aber natürlich liegen allein die Sanierungskosten für das Haus weit über dem Budget eines Förderkreises. Da müssen Alternativen her. Hohmann: "Zum Beispiel können wir uns auch vorstellen, uns an der Sanierung zu beteiligen, wenn denn ein Käufer bereit wäre, den Weg mit uns zusammen zu gehen. Wir hatten auch schon jemanden vom Denkmalschutz hier, der sich das Haus ansah. Er sagte uns, man könnte auch mit Fördergeldern rechnen."

Natürlich sei es bitter, ein altes Haus, das so lange in Familienbesitz war, "und in dem meine Schwester und ich aufgewachsen sind, weg geben zu müssen, aber 500.000 Euro für die Sanierung ist einfach zu viel Geld", sagt Ute Hauschild. Selbst möchte die gebürtige Hollenstedterin nicht mehr in dem Haus leben.

Ute Hauschild ist gerade nach Hamburg umgezogen. Ihre Großmutter war schon als junges Mädchen aus Hittfeld nach Hollenstedt gezogen, wo sie mit ihrem Mann Wilhelm Hausschild in dem alten Pfarrwitwenhaus lebten. Das Haus hatte die junge Frau von ihrem Onkel geerbt.

Oma Anna Hausschild wurde in dem Fachwerkhaus 102 Jahre alt. Ihre Tochter, die Mutter von Ute Hauschild und ihrer Schwester, lebte noch bis zum September letzten Jahres in dem historischen Haus. "Unser größter Wunsch ist natürlich, dass jemand das Haus bekommt, der die alte Geschichte zu schätzen weiß", so Ute Hauschild.