Der historische Untergrund muss künftig erst von Archäologen untersucht werden, bevor gebaut werden darf

Harburg. Die Harburger Schlossinsel ist vom Denkmalschutzamt der Kulturbehörde offiziell unter Denkmalschutz gestellt worden. Alle historischen Bauwerke, darunter die Kaimauern des Binnenhafens, gilt es künftig zu erhalten. Kristina Sassenscheidt, Sprecherin des Denkmalschutzamts, teilte gestern mit: "Die Schlossinsel war schon vor Aufstellen des Bebauungsplans als erkanntes Denkmal eingestuft. Und entsprechend ist auch die archäologische Abteilung des Helms Museums damit beauftragt, die historischen Überreste zu erfassen." Denkmalschutz bedeutet ihren Angaben zufolge nicht, dass die Schlossinsel in ihren jetzigen Zustand konserviert wird sondern durchaus veränderbar ist.

Allerdings: Überall, wo für geplante Neubauten in der Erde gebaggert werden soll, sind vorher die Archäologen mit Ausgrabungen an der Reihe. Alle Funde werden genau vermessen und kartiert. Die Schlossinsel gilt als die Keimzelle Harburgs mit vermutlich mehr als 1000-jähriger Vergangenheit. Aber zum genauen Zeitpunkt der ersten Besiedlung im Gebiet der Süderelbmarsch und dem Bau der "Horeburg" als Befestigungsanlage gibt es keine verlässlichen Aussagen. Grafen von Stade sollen im 11. Jahrhundert die Besiedlung vorangebracht haben. Und um den Stützpunkt "Horeburg" kämpften mehrfach Landsknechte der Welfenherzöge und der Erzbischöfe von Bremen. 1257 gelangte die mehrfach zerstörte und wieder aufgebaute Horeburg in den Besitz der Welfen.

Links und rechts des Wegs zur Horeburg, der heutigen Harburger Schloßstraße, siedelten sich Menschen an. Bisherige Ausgrabungen förderten unter anderem Reit- und Waffenausrüstungen aus dem 13. Jahrhundert zu Tage oder auch vier Leuchter aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Deshalb gehen die Geschichtsforscher davon aus, dass die ersten Siedler sogenannte "Burgmannen" waren. Erst ab dem 14. Jahrhundert sollen sich bürgerliche Haushalte angesiedelt haben. Für weitere Stadtentwicklung zwischen Harburger Schloßstraße und Kaufhauskanal werden Archäologen des Helms Museums voraussichtlich ab Herbst mit weiteren Ausgrabungen beginnen.

Vor gut 200 Jahren, zur Zeit der Besatzung durch Truppen Napoleons, wurde ein großer Teil des 1572 im Auftrag von Herzog Otto gebauten Schlosses zerstört. Dabei war das Schloss Mitte des 17. Jahrhunderts mit einem achteckigen Grabensystem und Mauern vor Angreifern geschützt worden. Die Umrisse der Schlossinsel lassen die Form der Zitadelle erkennen. Eine weitere Zerstörung von Teilen des Schlosses erfolgte erst 1972, als Stadtplaner gegen den Protest von Bürgern den Abriss des Ostflügels genehmigten. Heute ist nur noch ein Teil des Westflügels erhalten.

Christina Sassenscheidt vom Denkmalschutzamt sagt: "Der übrig gebliebene Bau dient seit 100 Jahren als Mietshaus und hatte neben der Industrie einen ungewöhnlichen Standort im Hafen. In Zukunft soll auf der rund 33 Hektar großen Schlossinsel ein Wohn- und Gewerbegebiet entstehen". Projektentwickler Frank Lorenz und der Investor Provinzial Rheinland wollen bis 2012 den 1. Abschnitt des Vorhabens "Balance Bay" bezugsfertig haben