Die Mauer, die die Bahn am Karnapp errichten will, soll drei Meter hoch sein und eine Gesamtlänge von mehr als einem Kilometer haben.

Harburg. Eine geplante Lärmschutzwand erregt die Gemüter. In der Sitzung des Harburger Stadtplanungsausschusses stellte der Amtsleiter für Stadt- und Landschaftsplanung, Carl-Henning von Ladiges, das Ende Mai von der Deutschen Bahn AG beantragte Plangenehmigungsverfahren für fünf Lärmschutzwände von mehr als einem Kilometer Gesamtlänge zwischen der Harburger Innenstadt und der Wohnsiedlung Am Radeland vor. Während bei Anwohnern im Bereich Am Radeland überwiegend darüber Unzufriedenheit herrscht, dass im Abschnitt der gewerblichen Nutzung "Hit-Technopark" aus Kostenersparnis von etwa 150 000 Euro eine 75 Meter große Lücke in der Wand entstehen soll, können sich Anwohner von Karnapp/Buxtehuder Straße und die Abgeordneten im Stadtplanungsausschuss mit dem Gedanken an eine 230 Meter lange und drei Meter hohe Lärmschutzwand überhaupt nicht anfreunden.

Schon die beiden Bahngleise der hoch belasteten Strecke Harburg-Cuxhaven und des Hafenbahn-Anschlusses gelten in der Harburger Stadtentwicklungspolitik als Störfaktor ersten Ranges. Die zwischen der Buxtehuder Straße (B 73) und der Straße Karnapp verlaufende Gleisstrecke trennt die Innenstadt äußerst unglücklich von Harburgs aufblühenden Vorzeigestadtteil "Binnenhafen", in dem neben klassischen Hafenbetrieben künftig neue Wohnquartiere und Büros entstehen. Eine 230 Meter lange und drei Meter hohe Lärmschutzwand am Bahngleis, parallel zur Straße Karnapp würde diese Trennung noch deutlicher hervorheben.

Carl-Henning von Ladiges sagte, dass nach der Modellberechnung der Bahn durch den Schallschutz der Lärmpegel in einigen Wohnungen bis zu elf Dezibel (A) verringert werden könnte. Das betreffe allerdings nur den Lärm, dessen Quelle das Bahngleis ist. Der Lärm des Karnapp-Straßenverkehr dürfte an Wand reflektieren und bei den Häusern der etwa 80 Karnapp-Bewohner stärker als bisher ankommen. Auf gleiche Weise dürfte durch Reflexion der Bahnlärm stärker als bisher in die Harburger Innenstadt vordringen.

Die Wand dürfte voll Graffiti geschmiert werden, lautete ein Einwand des Abgeordneten Uwe Schneider (CDU), und er sagte: "Die Trennung von Innenstadt und Binnenhafen ist insgesamt nicht wünschenswert." Klaus von Borstel (Linke) schlug den Bau einer durchsichtigen Acryl-Lärmschutzwand vor, doch Carl-Henning von Ladiges verwies auf die noch stärkere Schallreflexion. Rainer Bliefernicht (CDU) meinte, es sei sinnvoller auf die Lärmschutzwand ganz zu verzichten und stattdessen passiven Lärmschutz in Form von Schallschutzfenstern in die Häuser einzubauen. Von Ladiges verwies auf das Rechenmodell der Bahn AG und den Kosten-/Nutzenindex wonach der Bau der Lärmschutzwand bei größerer Länge insgesamt preiswerter wird. Ralf-Dieter Fischer (CDU): "Wir begrüßen, dass die Bahn jetzt etwas für den Lärmschutz tut. Aber das Ganze darf nur als Provisorium gewertet werden, dass die Bahn nicht noch weitere 50 Jahre Harburg teilt." Baudezernent Jörg Heinrich Penner: "Das Problem mit der Bahn bekommen wir erst gelöst, wenn die Gleise unter der Haake durch einen Tunnel geführt werden." Aber an den Bau eines teuren Haake-Tunnels wird außerhalb Harburgs derzeit nicht gedacht.

Karnapp-Anwohnerin Birgit Przybylski, frühere CDU-Bezirksabgeordnete: "Ich glaube, wir könnten uns mit dem Gedanken an eine 2,50 Meter hohe und bepflanzte Lärmschutzwand anfreunden. Carl-Henning von Ladiges wird die einstimmig beschlossene Stellungnahme des Stadtplanungsausschusses im Plangenehmigungsverfahren unterbringen. Voraussichtlicher Baubeginn soll im April 2012 sein. Zusätzlich ergibt sich für die Anwohner der Straße Karnapp das Problem, dass die Straße im Verlauf von neu ausgebauter Seevestraße und Seehafenstraße zur künftigen Hauptverkehrsstraße im Binnenhafengebiet werden soll.

Für den Lärmschutz an der gesamten Bahnstrecke und der B 73 kämpft die 2007 gegründete Bürgerinitiative "Lärm macht krank". Zuletzt gab es ein Mediationsverfahren unter Leitung der Senatskanzlei. Und Harburg kam ins freiwillige Lärmminderungsprogramm der Deutschen Bahn AG. Aber auch die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) ist mit von der Partie und hat an ihrer Hafenbahnstrecke im Bereich der Straße Hausbrucher Moor bereits vergangenes Jahr eine 430 Meter lange und drei Meter hohe Lärmschutzwand fertiggestellt und eine alte Lärmschutzwand in Höhe Wasserwerk Neuwiedenthal saniert. 870 000 Euro aus dem Konjunkturprogramm des Bundes wurden verbaut.

Aus gleicher Geldquelle (100 Millionen Euro-Programm) finanziert die Deutsche Bahn auch Schallschutz durch Schienendämpfer, der derzeit auch auf der Harburger Gleisstrecke installiert wird.