Computerspiele-Entwickler bei InnoGames im Binnenhafen haben einen Job, von dem viele junge Leute träumen. Und der Markt wächst weiter.

Harburg. Sie erwecken Helden zum Leben, die fremde Kontinente erobern. Zaubern gigantische Bauwerke auf dem Bildschirm. Oder ziehen Gamer mit einer packenden Story in fantastische Welten: Entwickler von Computerspielen haben einen Job, vom dem viele junge Leute träumen.

Beruf Daddeln: Für Matthias Dötsch, 20, aus Heimfeld und Kathleen Kunze, 32, aus Hamburg-Borgfelde ist der virtuelle Schöpfungsakt Alltag. Sie arbeiten bei InnoGames im Harburger Binnenhafen, ein rasant wachsender Entwickler und Betreiber von Browsergames.

Die Computerspielbranche boomt. Die Konkurrenz ist hart, das Entwickeln neuer Spielideen deshalb Geheimsache. Die Gamedesignerin Kathleen Kunze arbeitet zurzeit an einem neuen Spiel, das InnoGames im Februar auf den Markt bringen will. Mit dem üblichen Schema, dass Spielfiguren mit Siegen über andere Karriere machen, wird es nichts zu tun haben.

Zielgruppe sind Frauen. Nur soviel darf Kathleen Kunze verraten: "Es ist ein Miteinander-Spiel." Der Name ist geheim. Möglicherweise gibt es ihn noch nicht einmal.

Traumberuf Daddeln, ist das wirklich so? Kathleen Kunze möchte nichts anderes machen. Aber wer in der Branche arbeitet, muss mit Zeitdruck umgehen können. Für Beamtentypen ist das nichts: "In dem Job ist nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen", sagt die Gamedesignerin. "Man muss auf den Punkt kreativ sein. Ich kann nicht einfach sagen, ja, in vier Wochen irgendwann habe ich eine Idee."

Wenn Computerspielerfinder auf einer Party nach ihrem Beruf gefragt werden, ist die Reaktion des Fragenden meist immer gleich: große Augen und dann ein hinterher geschobenes "echt cool". Die Computernerds bei InnoGames dürfen ausschlafen. Sie haben Gleitzeit, kommen nach eigenem Ermessen zwischen 8 und 11 Uhr ins Büro.

Der Alltag Daddeln kennt aber auch wenig Bezauberndes. Zahlenreihen zum Beispiel. Wenn der Produktmanager vorgibt, eine Spielfigur solle nicht bloß über eine Landschaft laufen, sondern auch reiten können, bedeutet das für den Entwickler pure Mathematik. "Ich programmiere dann Codes", sagt Matthias Dötsch, "und die sind abstrakt. Ob es ein Pferd ist, sieht man am Code nicht." Wenn in einem Spiel der Wurm steckt, spielt Kathleen Kunze eine Szene immer und immer wieder durch. "Manchmal, bis es mir zum Hals heraushängt", sagt sie. "Das ist anders, als wenn man für sich auf dem Sofa spielt."

Trotz allem: Computerspiele zu entwickeln, ist für beide ein Traumberuf. Matthias Dötsch und Kathleen Kunze bespaßen auf ihre Art die Menschen. Etwa 50 Millionen registrierte Mitspieler hat InnoGames auf der ganzen Welt. Wie wird man eigentlich Spiele-Entwickler?

Die Wege in den Traumjob sind unterschiedlich. Kathleen Kunze hat nach dem Abitur Medieninformatik an der Fachhochschule in Furtwangen im Schwarzwald studiert. Ihre Diplomarbeit schrieb sie über Gamedesign. Nach dem Studium heuerte sie in der Spieleindustrie an, bekam aber lediglich einen Job als Grafikerin. Erst zweieinhalb Jahre später erhielt sie die Chance, das zu tun, was sie eigentlich wollte: Sie wurde Gamedesignerin. Das seien Leute, die das Regelwerk für Spiele machen, erklärt Kathleen Kunze. Seit Februar 2010 ist sie bei InnoGames beschäftigt. Die besten Ideen, sagt sie, kommen ihr beim Autofahren. In ihrer Freizeit "daddelt" sie auch - meist nicht zum Spaß: "Eher, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben und zu sehen, was auf dem Markt so los ist."

Es geht auch ohne Studium: Der 20 Jahre alte Matthias Dötsch absolviert bei InnoGames eine Ausbildung zum Fachinformatiker im Bereich Anwendungsentwicklung. Verkürzt auf zweieinhalb Jahre, weil er Abitur hat. Matthias Dötsch bekam mit zwölf Jahren seinen ersten Computer. Das Programmieren brachte er sich selbst bei. Das Wissen bezog er aus Büchern und aus dem Internet. Für einen Tierarzt, den Vater eines Freundes, betrieb er eine Homepage. In seiner Heimat, im Raum Koblenz, machte er Praktika bei verschiedenen Webagenturen. Jetzt lebt der 20-Jährige in Heimfeld. Als Hobby nennt er: Hamburg erkunden. Wichtige Kreativphase sind bei ihm die Minuten vor dem Einschlafen - da kommen ihm oft gute Ideen. Oder auch beim Essen.

Beinahe nur junge Leute, meist zwischen 20 und 30, sitzen bei InnoGames in den Büros. Ist der Traumberuf endlich, ähnlich einem Fußballprofi, der mit 35 Jahren ausgebrannt im Spätherbst seiner Karriere steht? "Nein", sagt Kathleen Kunze, "ich kann mir vorstellen, dass man es open end machen kann." Die Branche sei jung. Die Mitarbeiter werden mit der Branche wachsen und älter werden. In Zukunft, da ist sich die Gamedesignerin sicher, werden auch 50-Jährige in der Spieleindustrie arbeiten.

Längst seien nicht alle Zielgruppen erschlossen. "Vielleicht werden es die Rentner sein, für die wir Spiele entwickeln", sagt Kathleen Kunze. Spiele-Entwickler sei einer der sichersten Jobs: "Der Markt wird weiter wachsen", sagt Dennis Heinert, Pressesprecher von InnoGames, "das ist absolut sicher."

Künstliche Intelligenz und die dreidimensionale Darstellung, so sieht die Zukunft der Computerspiele aus. Der Heilige Gral der Entwickler sozusagen. Wem hier der Durchbruch gelingt, kann Gold scheffeln.