Nach dem Rückbau des Radwegs an der Heimfelder Straße teilen sich Fußgänger und Radler, wie zuvor auch, weiter den Bürgersteig.

Harburg. Der Abriss des Radwegs auf der Nordseite der Heimfelder Straße ist inzwischen abgeschlossen. Nicht aber die äußerst kontrovers geführten Diskussionen um die Sinnhaftigkeit der Maßnahme. Zumal sich die konkrete Verkehrssituation auf dem besagten Abschnitt zwischen S-Bahnhof Heimfeld und Eißendorfer Pferdeweg bislang kaum verändert hat: Noch immer teilen sich Fußgänger und Radfahrer den Bürgersteig, als hätte es die Baumaßnahme nie gegeben.

"Für mich als Mutter eines sechsjährigen Jungen ist es wichtig, dass ich nah bei ihm bin, wenn wir gemeinsam mit dem Rad unterwegs sind. Dass ich ihn jetzt von der Straße aus überwachen soll, halte ich für nicht praktikabel. Deshalb fahre auch ich weiter auf dem Gehweg", sagt Kathia Gerdts.

So wie die junge Mutter denken nicht wenige Eltern im Stadtteil. Die Heimfelder Straße sei für viele Kinder Hauptverkehrsader auf dem Weg zu verschiedenen Kitas, den Grundschulen Weusthoffstraße und Grumbrechtstraße, aber auch dem Friedrich-Ebert- und dem Heisenberg-Gymnasium. Dass die Sprösslinge jetzt ab vollendetem achten Lebensjahr ebenfalls auf der schmalen, aber stark frequentierten Straße fahren sollen, empfinden sie als unverantwortliche Zumutung. "Allein schon wegen der vielen Busse der Linie 142, die sich auf der Heimfelder Straße auch oft begegnen", wie Kathia Gerdts hinzufügt.

So wird weiter auf dem Gehweg geradelt, obwohl das nach den geltenden Regeln der Straßenverkehrsordnung verboten ist. Bei einem Spontantest des Abendblatts nutzte im Schnitt nur einer von zehn Radfahrern tatsächlich die Fahrbahn. Dieses Missverhältnis wollte Stadtteilpolizist Klaus-Dieter Schneider so nicht bestätigen. Er räumte aber ein, dass noch immer eine gewisse Zahl an Radlern den Bürgersteig nutze.

"Viele, vor allem ältere Menschen, haben einfach Angst, auf der Straße zu fahren, weil es anders und ungewohnt ist", sagt Dietmar Thoden, Abteilungsleiter Prävention und Verkehr beim zuständigen Revier 46 in Harburg. Dafür habe die Polizei durchaus Verständnis: "Deshalb werden Verstöße auch noch nicht konsequent geahndet. Überzeugen ist jetzt erst einmal wichtiger als bestrafen." Allerdings wäre es auch ein Erfahrungswert, dass nachhaltige Veränderungen zuweilen nur über den Geldbeutel möglich seien.

Dem Argument, auf der Heimfelder Straße werde zu oft zu schnell gefahren, tritt Thoden mit konkreten Zahlen aus dem Vorjahr entgegen. Bei keiner der durchgeführten Geschwindigkeitskontrollen 2011 habe es auffällig hohe Werte gegeben. Bei einer Vormittagsmessung zwischen 10 und 12 Uhr seien 99 von 887 kontrollierten Fahrern zu schnell gewesen, bei einer Nachmittagsmessung zwischen 14 und 16.40 Uhr 77 von 1048. "Bei letzterer kamen 75 Fahrer mit Verwarnungen davon, nur in zwei Fällen mussten Bußgelder verhängt werden. Das liegt für eine so genannte Querschnittsstraße wie die Heimfelder im normalen Bereich", versichert Thoden.

Unterdessen machte Anwohner Tim Teichert eine ganz andere Erfahrung. Eigentlich hätten sich Fußgänger und Radfahrer den alten schmalen Fuß-/Radweg ja fast immer "schiedlich-friedlich" geteilt. "Doch jetzt fahren die Radler gefühlt noch vorsichtiger und rücksichtsvoller. Vielleicht, weil sie wissen, dass sie sich jetzt klar im Fußgängerbereich bewegen. Mich stören sie jedenfalls nicht", sagt Teichert, selbst Vater von drei Kindern. Dennoch hegt auch er große Zweifel, dass der Rückbau "sonderlich sinnvoll" gewesen sei. "Das Geld hätte man sicher besser investieren können. Hoffentlich begeht man den gleichen Fehler jetzt nicht auch auf der Südseite der Heimfelder Straße", so Teichert. Zwischen Pferdeweg und Kiefernberg sei der Radweg im Frühjahr dieses Jahres nach Kabelarbeiten ja immerhin aufwendig mit roten Steinen wieder neu gepflastert worden.

"Ein Fehler" war laut Harburgs Baudezernent Jörg-Heinrich genau das. Die Erklärung, wie es dazu kommen konnte, blieb er unterdessen schuldig. Und auch, was der Irrtum gekostet hat. Doch es wird noch kurioser. Wie ein Vorarbeiter der ausführenden Baufirma Wela Asphalt- und Pflasterbau Abendblatt-Leser Peter von Engelhardt sagte, sei der Auftrag für die Fortsetzung des Rückbaus auf der Südseite bereits ergangen. Und soll spätestens im Frühjahr nächsten Jahres beginnen.

Penner bestreitet das. "Nur bei notwendig werdenden Bauarbeiten wird der Radweg auf der anderen Seite ebenfalls entfernt. Oder wenn sich der Zustand weiter verschlechtern sollte", sagte er dem Abendblatt. Verkehrstechnisch sei er jedenfalls ebenso "problematisch", wie der auf der Nordseite.

Klingt ganz danach, als ob der von den meisten Bürgern abgelehnte Abriss tatsächlich weiter gehen wird.