Hamburg. Hamburg habe kein funktionierendes Konzept, um Radwege von Schnee und Eis freizuhalten. Fahrradclub stellt konkrete Forderungen.

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) mit Sitz in St. Georg hat den Hamburger Senat am Freitag aufgefordert, sich künftig besser um die Radwege der Stadt zu kümmern. Anlass sind die vereisten Wege der vergangenen Tage.

„Der aktuelle Winterdienst auf Hamburgs Straßen mit seiner klaren Priorität für den Autoverkehr ist die beste Anti-Fahrrad-Kampagne, die der Senat bislang auf die Beine gestellt hat“, sagt Cajus Pruin vom ADFC. „Hamburg hat kein funktionierendes Konzept, um die Wege für Radfahrer und Fußgänger von Laub, Schnee und Eis freizuhalten.“

Wetter in Hamburg: Vereiste Radwege in weiten Teilen nicht nutzbar

Selbst auf den Radrouten (ehemals Velorouten) der Stadt, die extra für ein komfortables und zügiges Radfahren eingerichtet wurden und die laut Senat im Winter das vorrangig zu berücksichtigende Radwegenetz darstellen sollen, passiert so gut wie nichts, so der ADFC. Sie seien in weiten Teilen nicht sicher benutzbar.

Pruin: „Von der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende und von der Umweltbehörde, die beide in der Verantwortung für den Winterdienst stehen, hört man aktuell wenig. Vermutlich hoffen die Verantwortlichen auf Tauwetter, damit alle das Desaster möglichst schnell vergessen. Aber: Nach dem Winter ist vor dem Winter. Wie jedes Jahr.“

ADFC Hamburg fordert bei Schnee und Eis: Rad- und Gehwege priorisieren

Deshalb fordert der ADFC nun, die Kapazitäten bei der Stadtreinigung auszubauen. Dabei sollen klar Rad- und Fußwege priorisiert werden. Außerdem soll ihrer Ansicht nach ein Radwegenetz etabliert werden, das auch im Winter funktioniert.

Vereiste Radwege wie hier in Eimsbüttel haben es Radfahrern in den vergangenen Tagen schwer gemacht.
Vereiste Radwege wie hier in Eimsbüttel haben es Radfahrern in den vergangenen Tagen schwer gemacht. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

„Seit Langem weiß die Stadtreinigung, dass sie kein Salz auf Rad- und Gehwegen streuen darf – sie findet aber keine Lösung, um bei Eis und Schnee sicher befahrbare Radwege herzustellen“, sagt Pruin. „Andere Städte wie Kopenhagen oder Helsinki kriegen das aber auch hin und priorisieren Rad- und Gehwege bei der Räumung von Schnee und Eis.“

In Skandinavien gibt es besondere Gerätschaften für vereiste Wege

In vielen skandinavischen Ländern gebe es spezielle Gerätschaften zur Reinigung und Räumung von Radwegen, die in hoher Frequenz geräumt und deren Zustand durch Kontrollfahrten per Fahrrad überwacht werden, so der ADFC weiter.

Der Fahrradclub fordert zudem, das Hamburgische Wegegesetz zu modernisieren. Damit soll eine funktionierende, flächendeckende Kontrolle und eine Sanktionierung von Verantwortlichen, die ihrer Pflicht zur Räumung von Rad- und Gehwegen nicht nachkommen, ermöglicht werden.

Wetter Hamburg: ADFC kritisiert Stadtreinigung für Umgang mit Schnee und Eis

Der Club kritisiert scharf, dass die Stadtreinigung Hamburg versuche, mit Verweis auf das Hamburgische Wegegesetz (HWG) die Verantwortlichkeit für das Räumen – besonders das von Hochbordradwegen – indirekt auf die Anlieger abzuwälzen. Pruin: „Die Stadtreinigung räumt selbst ein, dass ihre derzeitige Arbeitsweise für Radfahrstreifen keinen Erfolg bringt, weil sie Schnee und Eis von den Fahrstreifen einfach komplett dorthin schiebt.“

Durch dieses Vorgehen, so der ADFC, entstünden zusätzliche Gefahrenquellen für Radfahrer und Radfahrerinnen, wenn diese auf geräumten und halbwegs sicher befahrbaren Radfahrstreifen unvermittelt auf einen ungeräumten Abschnitt treffen, den die Stadtreinigung offensichtlich zur Sammlung von Fahrbahn-Schnee nutze. Wer an solchen Stellen nicht schnell reagiere und auf den Fahrstreifen ausweiche, riskiere einen gefährlichen Sturz.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Youtube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

CDU-Fraktion: Vereiste Straßen und Wege mit Streusalz bekämpfen

Nach zahlreichen Beschwerden über vereiste Rad- und Gehwege setzt die CDU-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft anders als der Senat auf Streusalz. Dieses „stellt zum gegenwärtigen Zeitpunkt die effektivste Methode zur Bekämpfung von Glätte-Situationen dar“, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering am Freitag.

Alternativen zu suchen sei richtig, aber solange es diese nicht gebe, müsse ohne Wenn und Aber auf die zur Verfügung stehenden Mittel zurückgegriffen werden. „Die Verkehrssicherheit muss zu jeder Zeit die höchste Priorität haben, und das muss auch der rot-grüne Senat endlich sicherstellen!“

Mehr zum Thema

Wetter Hamburg: Feuerwehr zählt seit Wochenbeginn mehr als 100 Einsätze wegen Stürzen

Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) hatte dagegen am Donnerstag nach den Klagen aus der Bevölkerung erklärt: „Wir verwenden aus gewichtigen Umweltgründen kein Streusalz auf Fuß- und Radwegen.“ Das Salz schädige Straßenbäume und verkruste den Boden, der dadurch weniger Wasser speichern könne. Es handele sich um ein Spannungsfeld zwischen Naturschutz und der Verkehrssicherheit bei winterlichen Verhältnissen.

„Wir diskutieren derzeit verschiedene Lösungsansätze, um beiden Anliegen gerecht zu werden“, erklärte der Senator. Gerade mit Blick auf wichtige Radwege werde dabei auch an alternative Streumittel gedacht.

Die Hamburger Feuerwehr zählte seit Wochenbeginn nach eigenen Angaben deutlich mehr als 100 Rettungseinsätze wegen Stürzen auf Rad- und Gehwegen. Die Stadtreinigung räumt und streut in Hamburg die Fahrbahnen der größeren Straßen. Wichtige Radwege sollen ebenfalls passierbar gemacht werden. In Wohngebieten vor allem am Stadtrand sind viele Nebenstraßen sehr glatt.