Bergedorf. 27 Jahre lang führte der der 79-jährige Boberger den Bergedorfer Ski-Club. Als Skilehrer begeisterte der Bürgerpreiskandidat Hunderte.

Als sich Bernd Ziesemer im Jahr 1996 entschließt, den Vorsitz im Bergedorfer Ski-Club zu übernehmen, wird Bill Clinton zum US-Präsidenten gewählt, gewinnt Steffi Graf ein letztes Mal Wimbledon und dürfen Bäcker in Deutschland erstmals auch sonntags ihre Brötchen verkaufen. 27 Jahre lang hatte der mittlerweile 79-Jährige den Vorsitz des größten Hamburger Skivereins inne, bevor er ihn im Mai dieses Jahres abgab.

Ein ehrenamtliches Engagement, das im Bergedorfer Sport seinesgleichen sucht. Somit ist Ziesemer nun für den 23. Bergedorfer Bürgerpreis nominiert, der am 21. September im Spiegelsaal des Rathauses verliehen wird. Gemeinsam können die Volksbank Bergedorf und die Bergedorfer Zeitung dann einem oder mehreren Gewinnern insgesamt 6000 Euro überreichen.

Bergedorfer Bürgerpreis: Als Skilehrer Generationen das Skifahren beigebracht

Hamburg ist das Mekka des Skisports in Deutschland. Rund 15 Prozent der Einwohner der Hansestadt sind passionierte Skifahrer, damit ist der Anteil der Liebhaber dieses Sports in der Hansestadt größer als in anderen Metropolen inklusive München. Hamburg ist auch das einzige Bundesland, das seine Osterferien als Skiferien in den März vorverlegt.

Als Skilehrer hat Bernd Ziesemer zahllosen Menschen das Skifahren beigebracht und damit zu diesem Boom beigetragen. Die Ausbildung hatte er im Rahmen seines Sportstudiums absolviert. Der frühere Sport- und Mathematiklehrer begeisterte an der Schule Richard-Linde-Weg auch viele seiner Schülerinnen und Schüler für den Umgang mit den schnellen Brettern, führte regelmäßig Klassenfahrten in die Berge durch.

Begeisterung fürs Skilaufen an Kinder und Enkel weitergegeben

So hat er immer wieder neuen Generationen etwas von der Faszination zu vermitteln versucht, die er selbst empfand, als er in den 1960er-Jahren erstmals selbst auf Skiern stand. „Ein Freund sagte damals zu mir: ,Skifahren soll eine ganz tolle Sache sein. Lass’ uns das doch mal ausprobieren’“, erinnert er sich. „Es ist diese Bewegung, die ist einfach toll. Das Skifahren hat mir gleich dermaßen gut gefallen, dass es mich nie mehr losgelassen hat.“

Was das bedeutet, macht Ehefrau Birgit Ziesemer schmunzelnd deutlich. „Als wir geheiratet haben, gab es zwei Voraussetzungen: Ich musste Kinder wollen und Skilaufen können.“ Sie bestand die Probe. Kennengelernt hatten sich beide bei der Skigymnastik des Vereins. Seit 44 Jahren sind sie verheiratet, und nicht nur in ihrem Leben spielte das Skilaufen immer eine Hauptrolle. Auch Sohn Christoph, Tochter Janna und die meisten Enkelkinder stehen auf den Brettern.

Aufbruch zu neuen Ufern nach verhängnisvollem Besuch am Skilift

Bernd Ziesemer allerdings mittlerweile nicht mehr. Im Januar 2022 kam es zu einer impulsiven Abkehr von seinem Hobby. „Meine Tochter Janna hatte mich gebeten, mit ihr und ihrem Sohn zum Skilaufen zu gehen“, erinnert sich der 79-Jährige. „Wir waren am Skilift, und ich fuhr rückwärts, um das Kind aufzufangen. Da bin ich mit einem der Skier an einer Gummimatte hängen geblieben und habe mir einen Muskelriss in der Hacke zugezogen. Da habe ich die Skier gleich am Lift stehen lassen.“

Eine Leidenschaft fürs Leben kam da also zu einem jähen Ende. Beenden wir die Geschichte über Bernd Ziesemer also am besten dort, wo Berge und Schnee ewig weit weg sind: auf der Insel Neuwerk. „Zu meinen schönsten Erinnerungen in den 27 Jahren als Vorsitzender des Bergedorfer Ski-Clubs gehört der Grog am Abend in geselliger Runde auf Neuwerk“, schwärmt der Boberger.

Per Kutsche durchs Watt? „Aber wir sind doch ein Sportverein!“

Neuwerk ist der Ort, wo man den Vereinschef mal in ganz anderer Rolle erleben konnte: als einer, der – im wahrsten Sinne des Wortes – vorangeht. 12,5 Kilometer sind es von Cuxhaven durch das Watt bis zur Insel. Ein Weg, der sich auch bequem im Wattwagen zurücklegen lässt. „Aber wir sind doch ein Sportverein“, protestiert Ziesemer.

Also zu Fuß! Sieben oder acht Mal ist das Ehepaar Ziesemer mit ihren Mitstreitern vom Bergedorfer Ski-Club auf die Insel marschiert. Bei Wind und Wetter. „Einmal war der Sturm so stark, dass wir uns aneinander festhalten mussten, um nicht von der Strömung des Priels mitgerissen zu werden“, erinnert sich Birgit Ziesemer. Die Belohnung war dann immer abends der gemeinsame Umtrunk.

Längere Skiferien kann sich heute kaum noch jemand leisten

Das Skifahren hingegen sei entsetzlich elitär geworden. „Wenn wir heute erzählen, dass wir früher die gesamten Skiferien über in den Bergen waren, blicken wir in verständnislose Gesichter. Heute kann sich kaum jemand mehr als eine Woche leisten“, bedauert Bernd Ziesemer. Es ist Zeit für neue Ziele, eine Steffi Graf spielt ja schließlich auch nicht mehr. „Wir waren“, hat seine Frau das letzte Wort, „ja auch noch nie in Botswana.“