Hamburg. Das Hufnerhaus am Moorfleeter Deich 483 gehört zu den zehn ältesten Häusern Hamburgs. Womöglich hatte es einen Vorgänger.

Der Südgiebel des 1547 erbauten Hufnerhauses am Moorfleeter Deich 483 erstrahlt seit 2020 in altem Glanz. Die bleiverglasten Fenster mit mundgeblasenem Glas und die perfekt sanierte Fassade mit Holzständerfachwerk sind ein Verdienst, den sich die Jugendbauhütte Hamburg unter Leitung von Ulrich Mumm auf die Fahne schreiben kann. Bereits die achte Generation von jungen Menschen, die zur Berufsfindung hier das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) absolvieren, arbeiten an dem historischen und unter Denkmalschutz stehenden Haus.

Die kurz zuvor gegründete Jugendbauhütte war es auch, die diese Kostbarkeit im Jahre 2015 vor dem Abriss gerettet und der Stadt Hamburg als Kulturerbe bewahrt hat. Immerhin gehört das Haus zu den zehn ältesten Häusern Hamburgs. „Seitdem wurde das Reetdach erneuert, Sparren ergänzt, Fensterflügel gesichert und vieles andere mehr“, sagt Ulrich Mumm (77), verantwortlicher Leiter der Jugendbauhütte Hamburg. Im Ehrenamt betreut und leitet Mumm diese kulturhistorische Arbeit.

Archäologen graben im Hufnerhaus am Moorfleeter Deich 483 unter der Feuerstelle

Gerade wurde eine archäologische Grabung an das Team von Jan Bock aus Lüchow vergeben. Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Felix Steckner will der Archäologe Bock herausfinden, ob unterhalb der ursprünglichen Feuerstelle eine weitere, frühere Besiedlung nachzuweisen ist und wie groß die Warft zum Schutz gegen das Hochwasser früher einmal war. Die alte Feuerstelle wurde von den FSJ-lern in der Mitte des Hauses in der Nähe des Kamins gesucht, gefunden und freigelegt. „Möglicherweise hat 200 Jahre vor diesem Hufnerhaus an dieser Stelle bereits ein Haus gestanden“, sagt Mumm.

Die Jugendbauhütte Hamburg restauriert und saniert das Hufnerhaus am Moorfleeter Deich 483
Die Jugendbauhütte Hamburg restauriert und saniert das Hufnerhaus am Moorfleeter Deich 483 © Jugendbauhütte Hamburg | Jugendbauhütte Hamburg

Bock beschreibt das Vorgehen bei der Grabung: „Die Holzkohlereste werden wir mittels der Radiokarbonmethode zeitlich eingrenzen und auf etwa 50 Jahre genau datieren können.“ Dazu bedarf es einer Erdprobe-Entnahme mit einem Stab, den der FSJler Leopold Gräf hält, während Matthias Potthast mit einem Hammer den Rammpfahl in den Boden treibt. Nach dem Herausziehen des Stabes sind deutlich die unterschiedlichen Schichten der Erde zu sehen, feucht glänzt die Probe im untersten Bereich des Stabes.

Diese Feuchtigkeit ist auch genau der Grund, weswegen künftige Besucher des Hufnerhauses die Ergebnisse dieser Grabungen nicht im Original werden betrachten können: Einfach eine Glasplatte darüberzulegen, um einen Blick in das historische Erdreich zu gewähren, würde wegen der Feuchtigkeit nicht funktionieren. „Man würde hier nun große Wassertropfen unterhalb der Glasplatte sehen, ähnlich wie auf dem Domplatz in der Hamburger City“, erläutert Mumm. Also wird alles sorgsam wieder zugeschüttet. Dennoch wird die Ausgrabungsstätte gekennzeichnet und durch eine umfangreiche Dokumentation in Wort, Bild und Karten angelegt.

Archäologe Jan Bock weist die FSJler Leopold Gräf am Rammpfahl und Matthias Potthast am Hammer an der zu untersuchenden Feuerstelle ein, daneben die FSJler Joshua Zimmermann, Charlie Rohlfs und Pauline Wester.
Archäologe Jan Bock weist die FSJler Leopold Gräf am Rammpfahl und Matthias Potthast am Hammer an der zu untersuchenden Feuerstelle ein, daneben die FSJler Joshua Zimmermann, Charlie Rohlfs und Pauline Wester. © Kasdorff | Gabriele Kasdorff - Kasdorff@magenta.de

Vom Staat gibt es kein Geld

Natürlich bedürfen diese Maßnahmen – die denkmalgerechte Restaurierung ebenso wie die archäologischen Untersuchungen – einer angemessenen Finanzierung. „Vom Staat erhalten wir leider keine finanzielle Unterstützung. Da heißt es immer, dass keine öffentlichen Mittel zur Verfügung stünden. Aber wir werden von der Stiftung Hamburg Verbundenheit, der Hubertus-Wald-Stiftung und der Hermann-Reemtsma-Stiftung unterstützt“, sagt Mumm. Es war reiner Zufall, dass ausgerechnet am Tag der archäologischen Arbeiten der Geschäftsführer der Reemtsma-Stiftung, Dr. Sebastian Giesen, nach einem Termin in Bergedorf auf der Baustelle vorbeischaute. Er war sichtlich angetan von den Aktivitäten vor Ort.

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Bis das Hufnerhaus am Moorfleeter Deich als Büro der Hamburger Jugendbauhütte und als Tagungsstätte zu nutzen sein wird, verstreichen noch etliche Jahre, dessen ist sich Mumm gewiss: „Allein bis wir zum Innenausbau kommen, werden noch zwei bis drei Jahre Arbeit und somit einige Generationen neuer FSJler vergehen.“ Ziel der Jugendbauhütte Hamburg ist, mit Freiwilligen in den kommenden Jahren weitere denkmalgeschützte Gebäude instand zu setzen und einer Nutzung zuzuführen.

Deutlich sind die unterschiedlichen Erdschichten zu erkennen. Eine Analyse wird bestimmen, welcher Zeitspanne diese Probe zuzuordnen ist.
Deutlich sind die unterschiedlichen Erdschichten zu erkennen. Eine Analyse wird bestimmen, welcher Zeitspanne diese Probe zuzuordnen ist. © Kasdorff | Gabriele Kasdorff - Kasdorff@magenta.de