Hamburg. Ernährungs-Experte Matthias Riedl erklärt, welche Lebensmittel die Hautalterung verzögern und warum Mandeln und Parmesan perfekt sind.

Ewige Jugend zu schenken, das vermag auch die gesündeste Ernährung nicht. „Es gibt keine Wunderdiät, und Alterung lässt sich auch nicht rückgängig machen. Viele Lebensmittel können aber die Hautalterung verzögern“, sagt Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl.

Ernährungs-Doc: Diese Lebensmittel verzögern die Alterung

„Wir haben ein Immunsystem, das Aggressoren attackiert. Das funktioniert sehr gut, aber im Laufe des Lebens kann die Entzündungsneigung zunehmen. Alterung ist sehr stark mit stiller Entzündung assoziiert und das ist einer Hebel, womit wir die Alterung verringern können.“ Der Internist, Diabetologe und Ernährungsmediziner vergleicht diese Entzündungsneigung des Körpers mit jemandem, der einen lockeren Finger am Colt hat und dann nicht nur ein, zwei Schüsse abgibt, sondern gleich das ganze Magazin verfeuert. „Diese stille Entzündung wird befeuert durch Stress, wenig Schlaf, wenig Bewegung, durch Traurigkeit, aber ganz besonders auch durch falsche Ernährung, vor allem durch Fleisch und Zucker im Übermaß, aber auch viel Alkohol, die besonders entzündungsfördernd wirken“, sagt Riedl.

Pflanzenbasierte Ernährung dagegen beinhalte sehr viele antientzündliche Lebensmittel. „Dunkle Beeren wie Brombeeren und Heidelbeeren, Kohl, Hülsenfrüchte, Sauerkirschen, Kakao (über 70 Prozent) sind empfehlenswert, außerdem alle Kräuter, besonders die mediterranen.“ Und da gelte die Regel „viel hilft viel“, so der Leiter des Medicums Hamburg.

Ernährungs-Doc zu Anti Aging: Dieses Essen hält sie länger fit

Das Herz-Kreislauf-System werde unter anderem durch gute Fette gestärkt, wie sie etwa in Avocados enthalten sind oder auch in Mandeln, und diese seien auch gut für die Haut. Für Mandeln sei nachgewiesen, dass sie die Hautfaltentiefe verringern. „Dazu gibt es eine Studie mit Chinesinnen, bei denen man festgestellt hat, dass Mandelgenuss sogar die Widerstandskraft gegen UV-Strahlen verbessert. Warum und wie, weiß man nicht, aber das muss man weiter erforschen. Wir sind ja bei vielen Wirkungen von Pflanzen noch am Anfang zu verstehen, was sie können“, sagt Riedl.

Nur keine Angst vor Fetten, sagt er zudem: „Fette werden als Baustoff für neue Hautzellen und als wichtige Energiequelle gebraucht Es ist nicht von ungefähr, dass zwei Mangelbereiche in der Gesellschaft vorliegen: der Mangel an Omega-3-Fettsäuren und der Mangel an Ballaststoffen. Letztere sind Futter für ein ausgewogenes Bakterienverhältnis in der Darmflora, weil dort der Ort ist, wo die Außenwelt auf uns eindringt. Deshalb haben wir unheimlich viel Immunkompetenz im Darm.“ Wichtig sei, dass die Schleimhaut des Darms intakt bleibe. Sei sie gestört, dann könnten Eindringlinge in die Darmwand kommen und Krankheiten auslösen. Man vermute, dass Parkinson und MS dadurch entstehen könnten.

Ernährungs-Doc gibt Tipps und empfiehlt „Wundernahrungsmittel“

Riedl empfiehlt auch Tomaten, weil sie „Stoffe enthalten, die die Haut bei zu viel Sonne in gewissem Maße schützen, da sie Lycopin und viel Vitamin A enthalten“. Tomaten seien das Lieblingsgemüse der Deutschen, aber wichtig sei dennoch, sehr viele unterschiedliche Gemüse zu essen – pro Woche 25, wozu auch Nüsse, Samen und Pilze zählten.

Dr. Matthias Riedl,  Leiter des  Medicums Hamburg.
Dr. Matthias Riedl, Leiter des Medicums Hamburg. © Andreas Sibler

Weitere Tipps des Ernährungs-Docs, der im NDR schwierige medizinische Fälle behandelt: Das „Wundernahrungsmittel“ Haferflocken stärke das Bindegewebe. Omega-3-Fettsäuren unterstützten die Haut bei der Reparatur von Schäden. „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine antientzündliche Ernährung das beste Essen gegen eine vorzeitige Hautalterung ist“, sagt Riedl. Aber nicht nur die Ernährung sei dabei ein wichtiger Faktor – Rauchen, eine Cortisonbehandlung über einen langen Zeitraum, zu viel Sonne, aber auch Stress hätten einen großen Einfluss auf die Hautalterung. „Eine Cortisontherapie kann übrigens durch eine antientzündliche Ernährung in vielen Fällen bei Rheuma ersetzt werden. Mit anderen Worten: Die antientzündliche Ernährung ersetzt eine Rheumatherapie, deshalb muss das der erste Schritt sein. Das ist aber noch nicht Standard.“

Nahrungsergänzungsmittel? Grundsätzlich nicht empfehlenswert

Auch Proteine sorgen laut Riedl dafür, dass sich neue Eiweißstrukturen in der Haut bilden. Das Immunsystem der Haut benötigt Eiweiße. „Wenn wir zu wenig Eiweiß zu uns nehmen, mangelt es an Kollagen und Elastin“. Als Folge davon werde das Bindegewebe weicher und erschlafft zunehmend. Gute Proteine finden sich seinen Angaben zufolge in Eiern, Milchprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Soja. „Idealerweise benötigt die Haut wohldosiert von allen Nährstoffen etwas. Wenn einem über einen längeren Zeitraum lebenswichtige Stoffe fehlen, reagiert der Körper mit Schäden in den Zellen und einer vorzeitigen Alterung. Aus diesem Grund ist eine langfristige gesunde und ausgewogene Ernährung wichtig.“

Von Nahrungsergänzungsmitteln, die damit werben, die vorzeitige Hautalterung zu vermeiden, hält der Arzt gar nichts. „Sie sind grundsätzlich nicht empfehlenswert. Wer sich gesund und ausgewogen ernährt, braucht keine Nahrungsergänzungsmittel.“

Auch ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig

Ausnahmesituationen gebe es lediglich bei Krankheiten. „Aber auch dann sollten die Ergänzungsmittel nur mit Absprache des Hausarztes oder Ernährungsberaters genommen werden.“ Bekannt sei beispielsweise Spermidin („es wurde zuerst im Sperma entdeckt“). „Die isolierte Spermidin-Einnahme ist Gegenstand von Forschung. Und im Tierversuch hat man festgestellt, dass Mäuse länger leben, wenn sie Spermidin bekommen“, sagt Riedl. Spermidin sei aber in großen Mengen auch in gesunden Lebensmitteln wie Parmesan, Cheddar, Kürbiskernen, Weizenkeimen, Soja, Hülsenfrüchten und Pilzen enthalten.

Man könne das körpereigene Spermidin mit Fasten und Sport fördern, diese Möglichkeiten sollte man auch nutzen, rät der Experte: „Dann muss man keine Pillen kaufen. Wenn wir gesunde Ernährung wirklich ernst nehmen, dann haben wir alles Wichtige dabei.“ Wichtig für die Haut sei auch, genug zu trinken, weil sie sonst trocken werde und zur Faltenbildung neige. „0,03 Liter pro Kilo Körpergewicht sollten wir täglich trinken.“ Der Bedarf sei individuell unterschiedlich.

„Hautverbesserungen durch richtige Ernährung werden nur langsam sichtbar"

Wer nun rasche Veränderungen erwarte, solle geduldig sein. „Hautverbesserungen durch richtige Ernährung werden nur langsam sichtbar. Bei der entsprechenden Lebensumstellung geht es auch eher um das langfristige Verlangsamen des Altersprozesses“, sagt Riedl.

Der Ernährungsmediziner empfiehlt auch das Intervallfasten. „Dabei wird die Autophagie angeregt, bei der der Körper seine kaputten Zellen selbst verzehrt. Der Körper wird dazu angeregt, neue Zellen zu bilden, Entzündungen werden gehemmt. Somit hat dieser Prozess einen Einfluss auf viele Prozesse, die auch den Zustand der Haut verbessern. Für die Autophagie braucht der Körper Zeit und Ruhe, und sie passiert eher in Essenspausen.“ Auch für die inneren Organe wirke der Nahrungsverzicht regenerierend. Beim 5:2-Intervallfasten wird fünf Tage die Woche normal gegessen und an zwei Tagen nicht mehr als 800 Kilokalorien. „Man erreicht also ein Fasten ohne Hungern. Es gibt alternativ auch die Methode des 16:8-Intervallfastens, bei der die Zeit, in der gegessen wird, auf acht Stunden beschränkt wird.“

Anti Aging: Bewegung hilft!

Antientzündliche Ernährung habe einen Effekt auf die Alterung, aber noch entscheidender sei, dass eine chronische Entzündung immer auch in Krebs münden könne. „Was ich häufiger sehe, dass auch jüngere Menschen an Sodbrennen leiden, und dann kann sich diese Speiseröhrenschleimhaut umwandeln in ein minderwertiges Gewebe, und das hat ein hohes Risiko, sich in Speiseröhrenkrebs umzuwandeln. Das ist wahnsinnig gefährlich. Wer oft Sodbrennen hat, sollte es abklären lassen.“

Wer gegen das Altern ankämpfen wolle, dem helfe es auf jeden Fall, in Bewegung zu kommen – egal, ob beim Radfahren, Spazierengehen oder beim Kraftsport. „Bei Bewegung schüttet der Körper Hormone aus, die nicht nur die Haut strahlen lassen, sondern auch für gute Laune sorgen. Das Bindegewebe wird dadurch gestrafft, und die Durchblutung wird gefördert, sodass die Haut besser mit Nährstoffen versorgt wird“, so Riedl. Stress dagegen lasse die Haut altern.