Hmburg. Ernährungs-Experte Matthias Riedl über die richtige Ernährung für ein kräftiges Immunsystem. Warum Eisenmangel Impf-Wirkungen mindert.

Die Hoffnung auf das Abflachen der Pandemiewelle ist groß, aber Corona ist noch lange nicht aus der Welt. Doch kann man sich abgesehen von den bekannten Hygieneregeln davor schützen? „Das Ansteckungsrisiko von Corona kann man zwar nicht durch eine spezielle Ernährung verhindern, aber man kann sein Immunsystem mit einigen Lebensmitteln stärken“, sagt Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl. „Eine Infektion ist ja grundsätzlich ein Ausnahmezustand, bei dem der Körper maximal gefordert wird. Auch eine Infektion mit Corona oder Influenza übersteht man besser, wenn man sich dauerhaft gesund ernährt.“

Ernährungs-Doc: So kann man das Immunsystem stärken

Viele Menschen konzentrierten sich dann auf Vitamin C. Das sei ja auch wichtig, sagt der Internist, Diabetologe und Ernährungsmediziner, aber Antikörper würden aus Eiweiß hergestellt, und daran dürfe man dann keinen Mangel haben. So könne man auch einen Muskelmangel wegen Eiweißmangels haben. „Die Muskeln produzieren antientzündliche Botenstoffe, die auch helfen, überschießende Entzündungsreaktionen einzudämmen. Das ist ein zweiter Effekt.“

Auch bei einem Mangel an Omega-3-Fettsäuren, die wichtig seien für die Zellwände, sei das Sterberisiko signifikant erhöht. „Laut einer Pilotstudie der USA kann ein hoher Omega-3-Index einen tödlichen Corona-Verlauf verhindern“, sagt der Leiter des Medicums Hamburg. Der moderne Mensch sei aber zehnmal schlechter damit versorgt als die Menschen früher, die sich mit natürlichen Pflanzen, Wild und mehr Fisch ernährt hätten.

„Wir wissen auch, dass ein Eisenmangel die Impfungen deutlich schlechter wirken lässt. Eisen ist für die Abwehr wichtig“, sagt der Experte. Das Gleiche gelte für Zink. Beide stärkten das Immunsystem und förderten die Blut­bildung.

Ernährungs-Doc: Dieses Essen wirkt entzündungshemmend und antibakteriell

Zu den empfehlenswerten Lebensmitteln gehören Riedl zufolge Ingwer und Kurkuma, denn sie wirkten entzündungshemmend und antibakteriell. Meerrettich erleichtere zusätzlich das Abhusten, lindere Schmerzen im Hals und befreie die Bronchien.

Das isolierte Denken, man könne diese Stoffe ja auch einnehmen, sei nicht richtig, denn es sei wichtig, dass man dem Körper alles zur Verfügung stelle und er die Versorgung selbst reguliere, sagt der Mediziner. Deshalb sei es unbedingt empfehlenswert, pro Woche 25 unterschiedliche pflanzliche Produkte zu essen, dazu zählten auch Körner, Nüsse, Samen und Pilze. „Wenn man immer dasselbe isst, hat man nicht die nötige Vielfalt.“ Gute Quellen für Zink und Eisen sind laut Riedl Kürbis, Sonnenblumen- und Pinienkerne, Leinsamen, Haferflocken, Weizenkleie, Vollkorn, Nüsse, Käse und Linsen, die ein Topeiweiß-lieferant seien.

Der Darm spielt laut Riedl für das Immunsystem eine entscheidende Rolle. „Darmgesundheit fördert das Immunsystem. Mittlerweile wissen wir, dass wir im Darm eine sehr hohe Konzentration von Abwehrzellen haben, denn der Darm ist ja eine Eintrittspforte. Nirgendwo außer der Haut und den Atemwegen sind wir so vulnerabel, und deshalb hat der Körper dort einen Großteil seines Immunsystems platziert, und das interagiert mit der Darmflora.“ Doch das sei ein störbares Ökosystem, das man mit falschem Essen, beispielsweise durch viele Fertigprodukte, ruinieren könne.

Der Darm spielt für das Immunsystem eine entscheidende Rolle

Ein darmgesundes Essen sei damit gleichzeitig auch ein immunförderndes Essen. Der wichtigste Punkt sei dabei, ausreichend Ballaststoffe zu sich zu nehmen, „30 bis 40 Gramm sind ideal, aber das schaffen 80 Prozent der Bevölkerung nicht“.

Gemüse habe ein bis drei Prozent Ballaststoffe, man komme deshalb an Nüssen und Vollkorn nicht vorbei, die laut Riedl einen wesent­lichen Teil der Ballaststoffe liefern. Deshalb rät er auch von glutenfreien Lebensm­itteln ab, wenn sie nicht nötig seien, denn nur ein Prozent der Bevölkerung leide unter Zöliakie. „Menschen, die sich glutenfrei ernähren, haben oft Ballaststoffmangel!“

Wichtig sei die ganze Palette der antientzündlichen Lebensmittel, zu denen Zwiebelgewächse gehören, Ingwer, Beeren, Kohl, Senföle, wie beispielsweise in Kresse oder Radieschen („wirken antibiotisch“) oder frischer Meerrettich. Zu den antientzündlichen Sattmachern zählt Riedl Nüsse, Paprika („verbessert auch die Lungenfunktion“) und Hülsenfrüchte. „Davon kann man schon satt werden, aber den Leuten fehlt vielfach die Fantasie, wie sie das umsetzen“, weiß der Ernährungsmediziner. Leicht zu befolgen sei der Rat, immer ausreichend zu trinken. „Schleimhäute wollen feucht gehalten werden, dann können Erreger schlechter eindringen.“

Bakterielle Infekte: Das sollten Sie essen

Bei bakteriellen Infekten des Darms empfiehlt Riedl Karottensuppe, bei Blaseninfekten Cranberrys und Hühnersuppe bei Erkältungen. „Man weiß nicht genau, warum sie wirkt, aber es scheint die Mischung aus Mineralien und Eiweißstoffen zu sein, die da eine Rolle spielen. Und die Aminosäure Cystein, die beim Kochen der Hühnersuppe entsteht, scheint dabei eine Rolle zu spielen und eine gewisse antivirale und schleim­lösende Wirkung zu haben. Außerdem nimmt man auch noch viel Flüssigkeit auf.“ Einfach nur einen Brühwürfel zu benutzen klappe nicht, sagt Matthias Riedl, „die Hühnersuppe muss schon selbst gekocht sein.“

Und wer Husten hat, sollte Chili benutzen, „denn er soll eine hustenlindernde Wirkung haben und auch die Laune heben, und das kann man bei einem Infekt auch gut gebrauchen“.


Riedls Top-3-Lebensmittel bei einem Infekt:
1. Rote Zwiebel – sie wirkt antibakteriell und antiseptisch.
2. Ingwer – er wirkt schleimlösend und entzündungshemmend, reduziert Hustenreiz und hilft gegen Schnupfen, ist antibakteriell und stärkt das Immun­system.
3. Fermentierte Lebensmittel wie Joghurt – weil sie die Darmflora fördern.

„Milchsäurebakterien fördern die Regeneration, das ist günstig bei Infekten“.Das seien alles gesunde Lebensmittel, die man immer essen könne, die aber noch zusätzliche Neben­effekte hätten, sagt der Ernährungs-Doc: „Sie helfen, dass der Körper sich wehrt.“

Auch für die Psyche muss man etwas tun

Und auch für die Psyche müsse man etwas tun, sagt Moritz Schäfer, Psychologischer Psychotherapeut im Medicum. Corona habe bei den Menschen zu viel chronischem psychischen Stress und Anspannung geführt, etwa durch Sorgen um Angehörige oder die berufliche Zukunft. „Das allein kann schon das Entstehen von behandlungsbedürftiger psychischer Symptomatik begünstigen. „Wenn man das Gefühl hat, sein eigenes Schicksal nicht mehr positiv beeinflussen zu können und negativen Einflüssen ausgeliefert zu sein, kann das zu einem massiven Gefühl von Hilflosigkeit und somit ebenfalls zu Depressionen führen.“

Wichtig sei deshalb, dass die Menschen durch regelmäßige positive Aktivitäten wieder stimulierende Erlebnisse hätten, sagt Schäfer. Und das gehe in angemessenem Rahmen und unter Einhaltung von Hygienekonzepten auch während der Pandemie.