Hamburg. Ernährungs-Doc Matthias Riedl erklärt, weshalb er Zusatzstoffe so kritisch sieht und selber kochen viel gesünder ist.

Die Supermärkte sind voll davon – mit vorgefertigten Produkten. Ein großer Teil dessen, was dort angeboten wird, ist dem Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl ein Dorn im Auge. Wenn er dort einkaufen geht, lässt er die meisten Regale und ihre Waren links liegen.

„Die Nahrungsmittelindustrie kann vieles besser, und sie ist auch besser geworden, aber es dauert, und da muss man ein bisschen anschieben“, sagt der Ernährungsmediziner, der wegen seiner kritischen Töne regelmäßig böse Post von Lobbyisten bekommt. Sein größter Vorwurf an die Lebensmittelindustrie ist, dass die zugelassenen Zusatzstoffe alle nicht auf ihre Wirkung auf die Darmflora getestet worden seien. „Das müsste man nachholen, denn wir kommen dahinter, dass der Darm sehr empfindlich auf diese Zusatzstoffe reagiert, insbesondere durch die Überflutung, weil so viele davon gegessen werden. Das war damals gar nicht so gedacht“, sagt der Leiter des Medicums Hamburg.

Fertigprodukte im Supermarkt: Auf Phosphate achten

Bei der Zulassung der künstlichen Phosphate beispielsweise, die in Wurst oder als Rieselhilfe beigesetzt werden, habe man nicht vorhergesehen, dass die Menschen irgendwann so viele Fertigprodukte essen. Heute enthalte sogar Salz Phosphate, damit es nicht verklumpt. „Es klumpt ja nichts mehr, weil Phosphate drin sind, aber es ist längst nicht überall deklariert.“

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Dazu komme das Problem mit den Aromen, bei denen es sich um hochaktive Substanzen handle, bei denen ein Tropfen in einem Liter Wasser schon den Eindruck einer Hühnersuppe erzeuge. „Diese Aromen sind noch schlechter untersucht als die anderen Zusatzstoffe, die im Tierversuch über wenige Wochen getestet wurden. In den letzten Jahren sind allein sechs Aromastoffe wegen möglicher krebserregender Wirkung zurückgezogen worden“, sagt der Internist, Diabetologe und Ernährungsmediziner.

Männer und Jugendliche besonders betroffen

Vielfach seien es Männer und Jugendliche, die verstärkt solche Substanzen in großen Mengen zu sich nähmen, und generell Menschen, die wenig selbst kochen. Problematisch sei auch, dass bereits 80 Prozent der Restaurants mit Fertigprodukten arbeiteten, sagt Riedl.

Diese Produkte seien meist nähr­stoffärmer, kalorienreicher und mit Geschmacksverstärkern, Konservierungsstoffen und Füllstoffen versehen. „Der natürliche Geschmackssinn geht verloren und wird auf süß trainiert, da sie häufig versteckten Zucker enthalten“, kritisiert der Ernährungsmediziner. Zum Süßen werde häufig Fruktose verwendet. „Fruktose kann bei Übergewicht eine Fettleber begünstigen.

Die wachsende Anzahl an Fettleibigen kann laut Studien in Zusammenhang mit dem wachsenden Fruktose-Konsum stehen. Die Hauptaufnahme von Fruktose erfolgt durch hochverarbeitete Produkte, denn Fruktose ist eine billige Substanz, die zunehmend in Fertigprodukte reingepackt wird, beispielsweise in Soßen, Ketchup, Suppen, in Müsliriegeln, allen Süßigkeiten. Es wird sogar Wurstwaren beigesetzt, in Burgerbrötchen, es ist fast in allen Fertigprodukten.“

Die Dosis macht das Gift

Auch da mache die Dosis das Gift, damit vergifte man sich schleichend. „Die Leber nimmt die Fruktose auf und verfettet. Sie vergrößert sich dann um das Zwei- bis Dreifache. Das merken die Menschen, indem sie einen Druck auf dem Bauch haben, sich schlapp fühlen.“

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Das Wort Fettleber sei irreführend und suggeriere, dass die Ursache im Nahrungsfett liege. Die Leber werde mit Gemüse, der richtigen Eiweißmenge und gesunden Fetten therapiert. Und die Kohlenhydrate bzw. die Fruktose würden entsprechend reduziert. Die Ölqualität sei dabei entscheidend. Unter Diabetikern haben laut Riedl 50 bis 70 Prozent eine Fettleber, in der Allgemeinbevölkerung seien es etwa 30 Prozent.

Fettleber wichtigste Ursache für Leberversagen in Amerika

„In Amerika ist die Fettleber schon die wichtigste Ursache für Leberversagen überhaupt. In meiner Zeit als junger Arzt war die wichtigste Ursache für Leberversagen noch die infektiöse Hepatitis und Alkoholkonsum.“ Es gebe sogar schlanke Sportler mit einer Fettleber, obwohl sie durchtrainiert sind, weil sie so viele sogenannte Energydrinks getrunken hätten, sagt der Arzt.

„Die Leber würde bei normaler Ernährung niemals so viel Fruktose aufnehmen, wenn man sie als Obst zu sich nehmen müsste“. Man sollte auch frisch gepresste Obstsäfte nicht regelmäßig in größeren Mengen trinken, „denn die Menschen trinken ja auch noch Limonaden, essen Süßigkeiten, Gebäck, und dann ist das Konto maßlos überlastet. Sie machen sich gar nicht klar, wie viel Fruchtzucker sie zu sich nehmen.“ Mit richtiger Ernährung könne man aber auch die Fettleber heilen.

Selbst zu kochen ist Goldstandard

Selbst zu kochen sei der Goldstandard, denn: „In der Regel erhalten wir, wenn wir außer Haus essen, keine gesunde Mahlzeit“, sagt Riedl. „In den meisten professionellen Küchen wird schlecht gekocht, und es werden Fertigprodukte benutzt.“ Statt auf die Qualität der angebotenen Gerichte werde häufig auf Preis und Schnelligkeit geachtet. Für Schnellrestaurants und Kantinen seien vorbereitete Nahrungskomponenten sehr praktisch.

Fertigprodukte beinhalten laut Riedl aber auch oft Salz und ungesunde Transfette, die den Blutfettspiegel und das Risiko einer Arterienverkalkung erhöhten, was schließlich zu einem Herzinfarkt führen könne. Transfette entstehen, wenn Pflanzenfette industriell erhärtet werden. Transfette entstehen laut Riedl auch in der eigenen Küche beim Frittieren oder scharfen Anbraten. „Letztlich kann man sagen: Wenn das Bratfett anfängt zu rauchen, dann verdirbt es.“ Darauf könne man ja achten.

Maximal 2,6 Gramm Transfette pro Tag sollte man zu sich nehmen. Sie seien beispielsweise in Fast Food, Pizza, Burger, Croissants, Keksen, Berliner, Chips, Flips enthalten. „Ein Berliner beispielsweise hat zwei Gramm Transfette, ein Croissants ein Gramm. Das kann man mal essen, aber man sollte das nicht ständig machen, denn dann wird es zum Problem“, sagt der Ernährungs-Doc.