Nach Olympia-Referendum

War das Ihre größte Niederlage, Herr Scholz?

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Peter Ulrich Meyer
Der Frust ist ihm ins Gesicht geschrieben: Bürgermeister Olaf Scholz nach dem Nein
der Hamburger zur Bewerbung um die Olympischen Sommerspiele 2024 am Sonntagabend
in der Barclaycard Arena

Der Frust ist ihm ins Gesicht geschrieben: Bürgermeister Olaf Scholz nach dem Nein der Hamburger zur Bewerbung um die Olympischen Sommerspiele 2024 am Sonntagabend in der Barclaycard Arena

Foto: Witters

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz über den Ausgang des Referendums und die Konsequenzen daraus.

Hamburg.  Dass Bürgermeister Olaf Scholz ein sachlich-nüchterner Politiker ist, der öffentlich keine Emotionen zeigen will, wissen die Hamburger. Um aber zu ermessen, was das überraschende Aus für die Olympia-Bewerbung der Stadt bei dem Sozialdemokraten ausgelöst hat, genügte am Sonntagabend ein Blick. In den Gesichtsausdruck des Bürgermeisters war die ganze Fassungslosigkeit geschrieben, die die zunehmende Gewissheit der Niederlage bei ihm freigesetzt hatte. Und noch in der Respektbekundung für die Entscheidung des Souveräns, die Scholz in seinem ersten Statement nach der Entscheidung vorbrachte, war der Frust über den Ausgang des Referendums unüberhörbar.

Am Tag danach war demonstrative Geschäftigkeit im Rathaus angesagt. Scholz sprach am Nachmittag ein Grußwort beim Senatsempfang zum 50-jährigen Bestehen des Hamburger Verkehrsverbundes im Großen Festsaal. Und danach eilte der Bürgermeister zum Unternehmensverband Nord nach Kiel. Doch politisch abtauchen wollte Scholz am Tag danach auch nicht. So stellte das Abendblatt ihm sechs Fragen zum Ausgang des Referendums und den Konsequenzen daraus, die Scholz schriftlich beantworte. Anders als bei einem Interview waren so Nachfragen nicht möglich.

Scholz will nicht über die Beweggründe spekulieren, die für die Entscheidung der Bürger ausschlaggebend waren. Man dürfe deren Urteilsfähigkeit nicht infrage stellen. Eines ist für Scholz schon jetzt klar: Dass sich Hamburg um die Spiele 2028 oder später bewirbt, kann er sich nicht vorstellen.

Hamburger Abendblatt: Ist das die größte Niederlage Ihrer Amtszeit?

Olaf Scholz: Wer für direkte Demokratie ist, muss auch mit der möglichen Konsequenz leben, dass ein Ergebnis zustande kommt, das man sich nicht gewünscht hat. Das Referendum war von Senat und Bürgerschaft ausdrücklich gewollt. Ein Projekt dieser Tragweite, das auf einen Zeitraum von fast einem Jahrzehnt angelegt ist, lässt sich nur mit einer breiten Unterstützung in der Bevölkerung bewegen. Auch wenn es eine knappe Entscheidung war, hat das Referendum gezeigt, dass eine Mehrheit für Olympische Spiele in Hamburg nicht vorhanden ist.

Was sind die Ursachen für das Nein?

Scholz: Es wäre nicht angemessen, über die Beweggründe zu spekulieren, die bei den Bürgerinnen und Bürgern ausschlaggebend waren. Man sollte ihre Urteilsfähigkeit nicht infrage stellen – nach dem Motto: Eigentlich hätte eine andere Entscheidung zustande kommen können, aber der Zeitpunkt war leider ungünstig. Gleichwohl ist offensichtlich, dass die Abstimmung durch Ereignisse wie etwa den Fifa-Skandal und die furchtbaren Anschläge von Paris nicht unbeeinflusst geblieben ist.

Welche Fehler haben Sie selbst gemacht?

Scholz: Insbesondere aus dem deutschen Sport haben wir immer wieder gehört, dass Hamburg alles richtig gemacht habe. Viele haben sich mit großem Engagement für die Olympia-Bewerbung eingesetzt. Das manche jetzt enttäuscht sind, ist völlig verständlich.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Äußerung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der Bund hätte sich an den Kosten für Olympia beteiligt, aber nicht in der von Hamburg erwünschten Höhe: Wie wichtig war die fehlende Kostenzusage des Bundes?

Scholz: Wir haben bereits bei der Vorstellung des Finanzreports gesagt, dass der Bund Zeit braucht, um die Berechnungen zu prüfen. Das haben wir akzeptiert. Die Hamburgerinnen und Hamburger wussten, welche Kosten die Stadt zu tragen bereit war. Übrigens bin ich unverändert der Überzeugung, dass es richtig war, seriös berechnete Zahlen zu nennen und die Kosten der Infrastruktur für Spiele nicht künstlich klein zu rechnen. Wenn die Kosten dann später explodiert wären, hätte das das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Regierung infrage gestellt.

Wie sind Großprojekte jetzt noch durchsetzbar?

Scholz: Ich glaube, dass die Deutschen mutiger sind, als dies gemeinhin behauptet wird. Ich will da optimistisch bleiben.

Können Sie sich vorstellen, dass sich Hamburg um die Olympischen Spiele 2028 oder später bewirbt?

Scholz: Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.


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