Die Hamburger nehmen das Angebot zur Mitarbeit an. Schon 200 Vorschläge wurden bei der Behörde eingereicht. Der ADAC hingegen ist skeptisch.

Hamburg. Die Resonanz ist enorm. Viele Bürger wollen sich einmischen und diskutieren - darüber, wie die Ampelschaltungen in Hamburg verbessert werden können. Bis zum frühen Abend haben sich gestern beim Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) per E-Mail rund 200 Hamburger nach dem Aufruf von Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) gemeldet.

Im Abendblatt hatte Rieckhof am Donnerstag die "Ampel-Koalition" mit den Bürgern verkündet. Die Idee: Alle Hamburger sollen beim Thema Ampelschaltungen mitreden dürfen - Fußgänger, denen die kurze Grünphase ein Dorn im Auge ist, genauso wie Autofahrer, die sich über "rote Wellen" schwarz ärgern. Bei der "Planungswerkstatt Lichtsignalanlagen" sollen Verkehrsteilnehmer auf Fachleute und Behördenmitarbeiter treffen und gemeinsam "für eine bessere Steuerung des Verkehrs" sorgen.

"Dass sich so viele Menschen in so kurzer Zeit gemeldet haben, kommt auch für uns überraschend", sagt LSBG-Verkehrsplaner Christian Book. "Die Verbesserungsvorschläge und Anmeldungen für die Planungswerkstatt werden aktuell gesammelt und dann in einem zweiten Schritt ausgewertet."

Der ADAC begrüßt die Idee, Bürger an der Verkehrsplanung zu beteiligen - wenn sie denn so umgesetzt wird, wie die Behörde es verspricht. "Nur Reden zählt nicht", sagt ADAC-Sprecher Matthias Schmitting. "Das bloße Diskutieren kommt einer Veräppelung der Bürger gleich."

Bis zum 17. Juni haben Hamburger noch Zeit, sich für die Planungswerkstatt anzumelden (Internet: www.lsbg.hamburg.de ) und der Behörde mitzuteilen, wo Ampeln stehen, bei denen sie Optimierungsbedarf sehen. 100 Bürger dürfen am 17. September an einem Treffen mit Verkehrsplanern teilnehmen. Sieben Arbeitsgruppen sollen dann gebildet werden, die sich mit je einer Problemkreuzung pro Bezirk intensiv beschäftigen. "Alle Verkehrsteilnehmer sollen zu Wort kommen: Fußgänger, Rad- und Autofahrer", sagt Book. Auch Thomas Otto, Verkehrwissenschaftler der Universität Kassel, hält das Projekt für sinnvoll.

"Selbst die besten Computersimulationen können nicht alle Probleme darstellen, da sieht man längst nicht alles, was dem Bürger auffällt", sagt Otto. Für ADAC-Sprecher Schmitting reicht der gute Wille nicht: "Entscheidend ist, was am Ende herauskommt."

Rund um den Dammtorbahnhof ist die Ampelschaltung besonders heikel. Fußgänger, die hier mit der Bahn ankommen und die Straße in Richtung Moorweide überqueren wollen, müssen zweimal warten, denn nachdem die Fahrbahnen in Richtung Innenstadt überquert und die Busspuren gerade noch bei Grün passiert wurden, ist spätestens an der Fußgängerampel an den Fahrbahnen stadtauswärts Schluss. "Man kommt nie in einem Rutsch über die gesamte Straße", sagt Petra Steinert, 43, die beruflich oft in der Gegend unterwegs ist. "Das ist nicht gerade fußgängerfreundlich." Insgesamt ärgert sie sich häufig über zu kurze Grünphasen. "Rentner und Behinderte haben da doch gar keine Chance", sagt sie. Und nachdem die Fußgänger die Straße überquert haben, müssen sie sofort aufpassen, dass sie keines der vorbeirasenden Fahrräder erfasst. Denn auch die geben Gas, um die beiden aufeinanderfolgenden Ampeln entlang der Edmund-Siemers-Allee noch bei Grün zu erwischen. Meist vergebens. "Das nervt tierisch und ist auch richtig gefährlich", sagt Nina Zimmermann, 28, die hier jeden Tag entlangfährt. Gefährlich: Viele fahren aus Frust einfach bei Rot über die Straße. Ein Stück weiter hupen Autos. Die Ampel am Ende des Mittelwegs hat eine sehr kurze Grünphase, in der nur wenige Autos durchkommen. "Ich vertrödle hier pro Woche gut eine Stunde", sagt Pierre-Ruben Weichler, 23.

Aber auch andere Ampeln haben es in sich, wie eine Blitzumfrage in der Abendblatt-Redaktion ergab: An der Kreuzung Doormannsweg/Eimsbütteler Chaussee gibt es eine Fußgängerampel, die nicht automatisch auf Grün schaltet, und wer zu spät drückt, hat Pech. Autos haben trotzdem in gleich langen Intervallen Rot. Eine automatische Schaltung für Fußgänger könnte das Problem lösen.

Besonders schnell müssen Fußgänger an einer Ampel an der Elbgaustraße sein. Hier beträgt die Grünphase nur 5,5 Sekunden. Wer als Autofahrer an der U-Bahnstation Kellinghusenstraße links abbiegen möchte, braucht viel Geduld. Denn es ist eine gefühlte Ewigkeit rot. Und wer zwischen Kaiser-Wilhelm-Straße und der Ecke Karolinenstraße/Schröderstiftstraße unterwegs ist, weiß, was eine rote Welle ist.