Verkehrsbehörde legt erste Bilanz nach Umbau in Lokstedt vor. Anwohner und Autofahrer kritisieren Kreuzung als „unübersichtlich und gefährlich“.

Hamburg. Autofahrer, die aus der Innenstadt kommen und nach links in Richtung Stellingen abbiegen wollen, müssen sich zunächst rechts, jenseits der Busspur, einordnen: Es ist vor allem diese Verkehrsführung, die dem Siemersplatz, der als Teil des Busbeschleunigungsprogramm für 4,1Millionen Euro umgestaltet wurde (wir berichteten), die Beschreibung „Chaos-Kreuzung“ eingebracht hat. Wenige Wochen, nachdem der neue Knotenpunkt Anfang September 2013 fertiggestellt worden war, nannte Klaus-Peter Hesse, Verkehrsexperte der CDU, den Siemersplatz im Abendblatt „das Ergebnis missglückter Planung“: „Das System dort erschließt sich mit gesundem Menschenverstand überhaupt nicht. Wir haben Befürchtungen, dass es zu schlimmsten Unfällen kommt.“

Doch nach einer ersten Bilanz der Verkehrsbehörde, die bei der Polizei die Zahl der Unfälle abgefragt hat, ist offenbar das Gegenteil der Fall: Die Zahl der Unfälle am Siemersplatz hat sich halbiert. Krachte es zwischen September und Dezember 2012 an der Kreuzung in Lokstedt 24 Mal, gab es im vergleichbaren Zeitraum des vergangenen Jahres nur zwölf Unfälle. Helma Krstanoski, Sprecherin der Verkehrsbehörde, wertet dies „als gutes Ergebnis für alle Verkehrsteilnehmer“: „Wir freuen uns, denn diese positive Entwicklung gibt der Planung Recht.“

Viele Verkehrsteilnehmer hingegen kritisieren den Knotenpunkt nach wie vor, wie auch die Zahl der Beschwerden beim ADAC zeigt. „Die neuen Kreuzungen, darunter der Siemersplatz, sind ein Aufregerthema bei unseren Mitgliedern“, sagte Sprecher Christian Hieff dem Hamburger Abendblatt. Auch der schwere Unfall mit drei Verletzten im Oktober 2013, als eine 21-Jährige falsch in die Osterfeldstraße abbog und in einen Porsche fuhr, war nicht zuletzt auf die komplizierte Verkehrsführung zurückgeführt worden, die sich während der Bauarbeiten so oft verändert hatte.

Als „unübersichtlich und gefährlich“, beschreibt Birgit Steves aus Hoheluft die Situation am Siemersplatz nach der Umgestaltung. „Ich fahre sehr oft mit dem Auto hier entlang und habe immer noch das Gefühl, dass ich mich besonders stark konzentrieren muss.“ So geht es womöglich vielen Fahrern, die sich erst auf die neue Verkehrsführung einstellen müssen, daher jedoch das Tempo drosseln und sich vorsichtiger als bisher der Kreuzung nähern.

Viele Autofahrer wenden auf der Straße – trotz durchgezogenen Linien

„Ich empfinde die Kreuzung als chaotisch – für Autofahrer, Radler und auch für Fußgänger“, sagt Linn Smietana, 33, die mit ihrem anderthalbjährigen Sohn Kjell unterwegs ist. „Man fragt sich schon, ob das Ergebnis der Neugestaltung in Relation zu den hohen Kosten steht“, sagt die Lokstedterin. Ähnlich sieht das Roland Fanick, seit 33 Jahren Taxiunternehmer und beruflich wie privat oft rund um den Siemersplatz unterwegs. „Ich kenne keine andere Kreuzung, die so kriminell gefährlich ist“, sagt der 67-Jährige und verweist auf die Abbieger-Situation an der Vogt-Wells-Straße. „Will man als Autofahrer rechts auf den Siemersplatz abbiegen, muss man den Radweg queren. Da hat man schon Angst, einen Radler zu übersehen.“ Außerdem würden eben gerade Ortsunkundige noch nicht wissen, wie sie aus der Innenstadt kommend Richtung Stellingen abbiegen sollen. „Sie fahren dann geradeaus und wenden irgendwo auf halber Strecke Richtung Niendorf, was verboten ist. Da entsteht dann die nächste Gefahrensituation.“ Dass es dort jedoch vermehrt zu Unfällen kommt, ist nach Angaben der Polizei nicht bekannt.

Ein Schild, einige Meter vor dem Siemersplatz, mit dem Hinweis, dass sich Linksabbieger rechts von der Busspur einfädeln müssten, das wäre eine gute Idee, meint Autofahrer Fanick: „Dann wäre man besser auf diesen Irrsinn vorbereitet.“ Diesen Hinweis gebe es selbstverständlich, heißt es bei der Verkehrsbehörde: „Die Schilder sind zwar verspätet eingetroffen, aber mittlerweile auch schon eine ganze Zeit da“, sagt Sprecherin Helma Krstanoski.